Analgetika-Warnhinweis-Verordnung

Apotheker sehen geplante Warnhinweise kritisch

Berlin - 13.05.2016, 09:29 Uhr

OTC-Analgetika: Auch Apotheker sollten darauf hinweisen, dass sie nur über einen kurzen Zeitraum eingenommen werden sollten. (Foto: Kadmy/Fotolia)

OTC-Analgetika: Auch Apotheker sollten darauf hinweisen, dass sie nur über einen kurzen Zeitraum eingenommen werden sollten. (Foto: Kadmy/Fotolia)


Das Bundesgesundheitsministerium will, dass OTC-Analgetika-Packungen künftig Warnhinweise zur maximalen Einnahmedauer tragen. ABDA und AMK lehnen das Vorhaben ab. Die geplanten Hinweise seien nicht eindeutig und damit nicht zielführend. 

Rezeptfreie Arzneimittel gegen Schmerzen und Fieber mit den Wirkstoffen Acetylsalicylsäure, Diclofenac, Ibuprofen, Naproxen, Paracetamol, Phenazon oder Propyphenazon sollen künftig einen Warnhinweis auf der Packung tragen. Dieser soll dem Verbraucher schnell vermitteln: Bei Fieber soll das Mittel ohne ärztlichen Rat nicht länger als drei Tage angewendet werden, bei Schmerzen nicht länger als vier.  

Ziel ist, die Arzneimitteltherapiesicherheit in der Selbstmedikation zu verbessern. Denn insbesondere bei längerer Anwendung oder Überdosierung kann es zu unerwünschten Wirkungen kommen (z.B. Blutungen, Perforationen oder Ulcera im Gastro-Intestinal-Trakt, Schlaganfällen, Leber- und Nierenschäden). Darauf weisen die jeweiligen Packungsbeilagen und Fachinformationen zwar hin – doch der Verbraucher nehme dies nicht immer ausreichend wahr, so der Ausgangspunkt des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) für seine geplante Analgetika-Warnhinweis-Verordnung.

AMK: Keine Evidenz für erhöhtes Risiko nach drei oder vier Tagen

Nun waren die Verbände zur Stellungnahme zum Verordnungsentwurf aufgefordert. Die Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK) macht in ihrer deutlich, dass sie wenig von der Idee des BMG hält. Die Absicht, die Arzneimittelherapiesicherheit zu verbessern, unterstützt sie zwar. Es sei auch richtig, dass die längere Einnahme der fraglichen Arzneimittel schaden kann. „Dies beruht aber primär nicht auf einem nach (genau) vier Tagen klinisch relevant erhöhten, vor allem gastrointestinalen, Risiko der Analgetika, sondern auf einer durch eine rein symptomatische Selbstbehandlung verzögerten Diagnosestellung durch einen Arzt und einer damit ggf. verzögerten kausalen Therapie“, schreibt der AMK-Vorsitzende Professor Martin Schulz. Für einen signifikanten Anstieg des kardiovaskulären Risikos nach drei bis viertägiger Einnahme in OTC-Dosierungen gebe es „keine Evidenz“. Meist träten die unerwünschten Wirkungen erst später auf. Offenbar sei es eher Intention des Verordnungsgebers, eine verzögerte Diagnosestellung zu verhindern – auch wenn das in seiner Begründung so nicht zu erkennen ist.

Die AMK weist ferner darauf hin, dass viele Analgetika-Packungen schon heute einen entsprechenden Hinweis tragen. Zudem seien die Formulierungen für den Verbraucher nicht eindeutig. Es bleibe etwa im Unklaren, wann eine erneute Anwendung über drei oder vier Tage wieder nötig ist. Schulz weist zudem darauf hin, dass es keine fundierten Belege für die Wirksamkeit solcher Warnhinweise gebe.

Kleine Packungen sind gute Lösung

Nicht zuletzt begründet die AMK ihre Ablehnung mit der Entscheidung des Sachverständigenausschusses für Verschreibungspflicht, die Packungsgrößen für OTC-Präparate mit Acetylsalicylsäure, Diclofenac, Ibuprofen, Naproxen der maximalen Therapiedauer von vier Tagen anzupassen. In diese Regelung, so Schulz, sollten auch Phenazon oder Propyphenazon und die entsprechenden Kombi-Präparate einbezogen werden.

Die ABDA schließt sich in ihrer Stellungnahme den Ausführungen der AMK an. Allerdings hat sie noch weitergehende Vorschläge – für den Fall, dass das BMG an seinen Plänen doch festhält. So müsse bei Rezeptur- und Defekturarzneimitteln – hier sollen Apotheken nämlich selbst für den Warnhinweis sorgen – eine Ausnahme für den Fall der ärztlichen Verordnung (etwa für Kinder unter zwölf Jahren) geregelt werden. Anderenfalls könne eine ärztliche Therapie, die auf einen längeren Zeitraum angelegt ist, durch den Hinweis beeinträchtigt werden.

ABDA: Zu kurze Übergangsfristen

Darüber hinaus kritisiert die ABDA, dass die geplante Umsetzungsfrist zu kurz ist (drei Monate für Hersteller, sechs Monate Abverkaufsfrist für Apotheken und Großhandel). Besser wäre, dass die Arzneimittel bis zum Erreichen ihres Verfallsdatums abgegeben werden dürfen (wenn sie vor dem 3. Monat nach Inkrafttreten der Verordnung in den Verkehr gebracht wurden. Aber auch eine Verlängerung der Fristen auf 24 bzw. 30 Monate ist aus ABDA-Sicht eine Lösung. 


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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