Freihandelsabkommen TTIP

EU-Kommission veröffentlicht Verhandlungsvorschlag zu Generika

Remagen - 27.01.2016, 16:15 Uhr

Die Anforderungen bei der Zulassung von Generika sollen zwischen Europa und den USA angeglichen werden. (Foto: ursule/Fotolia)

Die Anforderungen bei der Zulassung von Generika sollen zwischen Europa und den USA angeglichen werden. (Foto: ursule/Fotolia)


Die EU-Kommission hat ein technisches Papier zur regulatorischen Zusammenarbeit im Bereich Generika im Rahmen der TTIP-Verhandlungen öffentlich gemacht, wie die Handelskommissarin Cecilia Malmström bei einem Treffen mit Verbraucherverbänden zum transatlantischen Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP) sagte. Die Anforderungen sollen in mehreren Bereichen harmonisiert werden.

Nach dem Positionspapier der Europäischen Union über „TTIP und Arzneimittel“ sollen im Pharmasektor auch die technischen Anforderungen für die Zulassung von Generika harmonisiert werden. Mit dem neuen technischen Papier trägt die Kommission nun drei Ansätze vor, um dieses Ziel zu fördern. In beiden Märkten sind Generika ein wichtiger Bestandteil des therapeutischen Angebots, wie die Kommission feststellt. In der EU sollen mehr als 55 Prozent aller abgegebenen Arzneimittel auf Nachahmerpräparate entfallen, in den USA trifft dies für fast vier Fünftel aller Verordnungen zu.

Die EU-Kommission schlägt nun drei kurzfristige Zielvorgaben vor, mit denen schon vor Abschluss der TTIP-Verhandlungen wesentliche Fortschritte erwartet werden könnten. Sie beziehen sich zwar in erster Linie auf Generika, könnten langfristig auch auf alle anderen Arzneimittel ausstrahlen, meint die Kommission. 

Internationale Kooperation ausbauen

Bereits im April 2012 hatte eine internationale Gruppe von Aufsichtsbehörden und der WHO in Washington den International Generic Drug Regulators Pilot (IGDRP) gestartet. Zu den Partnern gehören neben der EU und den USA auch die Schweiz, Australien, Brasilien, Mexiko, Kanada sowie einige asiatische Länder, darunter Russland, China, Japan und Korea. Damit sind die wichtigsten Pharmamärkte der Welt eingebunden, was das Projekt für international tätige Unternehmen besonders attraktiv macht. Mit einem einheitlichen Testprogramm und denselben Unterlagen für all diese Länder könnten sie viele Ressourcen sparen und es könnte sicher hier und da auf doppelte klinische Tests verzichtet werden.

Aufgrund des großen Erfolgs der ersten Phase des Pilotprojekts, das von 2011 bis 2014 ging, haben die Mitglieder der IGDRP beschlossen, es um zwei weitere Jahre bis Ende 2016 zu verlängern und die Aktivitäten zu intensivieren. Seitdem heißt es „International Generic Drug Regulators Programme”.

Pilotprojekt soll dem Austausch von Informationen dienen

Als Teil der IGDRP Aktivitäten läuft zurzeit ein Pilotprojekt zum Informationsaustausch zwischen den Arzneimittelbehörden der EU, Swissmedic, Health Canada, der taiwanesischen FDA und  der Therapeutic Goods Administration (TGA) von Australien. In der Praxis steht das dezentralisierte Verfahren der EU hierfür Pate.

Wenn ein Antragsteller neben der EU-Zulassung eine Zulassung in einem der teilnehmenden Länder anstrebt, schickt er einen gleichlautenden Antrag auch dorthin. Die EU-Behörde, die das jeweilige Verfahren koordiniert, erstellt einen Bewertungsbericht dazu. Dieser geht dann zur Anerkennung auch an die anderen beteiligten Behörden - das heißt auch an jene außerhalb der EU. Diese sollen dann nicht noch einmal getrennt prüfen. Wie einer Information der schweizerischen Swissmedic zu entnehmen ist, lagen bis Oktober 2015 26 Interessensbekundungen zur Teilnahme an dem „EU DCP Piloten“ bekundet. Bisher sollen 13 Verfahren gestartet worden sein. Es läuft also recht gut an.

Harmonisierung des „Biowaiver“-Konzepts

Ein wichtiger Knackpunkt bei Generikazulassungen ist die Frage der Bioäquivalenz. Wenn die klinische Übereinstimmung zwischen dem Test- und dem Referenz-Produkt aus zufriedenstellenden in-vitro-Daten abgeleitet werden, ist hierfür keine klinische Studie nötig. An diesem so genannten Biowaiver-Konzept, dass auf dem Biopharmazeutischen Klassifizierungssystem (BCS) beruht, setzt der zweite Vorschlag der EU-Kommission an. Sowohl die EU als auch die USA haben hierzu eigene Leitlinien erstellt, die aber bislang nicht harmonisiert sind. Hier sollen beide nun verschäft ran. Das Forum hierfür ist die Internationalen Konferenz zur Harmonisierung der technischen Vorschriften für die Registrierung von Arzneimitteln (ICH).

Gleiche Unterlagen für „komplexe Generika“

Für sogenannte „komplexe Generika“, das heißt Produkte, die schwer Cnachzubauen“ sind, müssen für die Zulassung ähnlich wie bei Biosimilars teilweise eigene präklinische Test und klinische Daten vorgelegt werden. Sie werden deshalb im „EU-Behördendeutsch“ als „Hybridanträge“ bezeichnet. Könnten sich die Behörden hier darauf einigen, für welche Produkte was und wie vorgelegt werden muss, so könnte dies doppelt durchgeführte klinischen Studien verhindern und die globale Entwicklung von Produkten dieser Art beschleunigen. Ein Antragsteller sollte dann gegebenenfalls auch auf ein Referenzprodukt Bezug nehmen können, das nicht in der EU zugelassen ist. Derzeit geht das nicht. Dazu müsste das Land, aus dem die Referenzzulassung kommt, ähnliche wissenschaftliche und regulatorische Standards haben, wie zum Beispiel die der USA. Angesichts der Komplexität der Materie könnte es vielleicht doch noch ein weiter Weg sein, bis die EU und die USA hierbei auf den gleichen Nenner kommen.

Pro Generika sieht Chancen

Beim Branchenverband Pro Genrika nimmt man das Papier positiv auf: „TTIP birgt Chancen für Generika, Biosimilars und damit für das Gesundheitssystem der USA“, sagt Geschäftsfüher Bork Bretthauer. Die USA und die EU hätten weltweit die höchsten Standards für die Zulassung von Arzneimitteln. „Wenn es gelingt, diese Regeln einander anzupassen, wie in dem aktuellen Papier vorgeschlagen, könnten Generika und Biosimilars z. B. in den USA schneller auf den Markt kommen“. Das wäre auch gut für die Patienten: Schließlich belegten Generika und Biosimilars mit ihrer Zulassung, dass sie die gleiche Wirksamkeit und die gleiche Qualität wie die  Originalarzneimittel haben. Allerdings seien sie deutlich günstiger. So sicherten sie die Versorgung der Patienten mit modernen Arzneimitteltherapien langfristig und blieben für die Gesundheitssysteme dauerhaft bezahlbar, erklärt Bretthauer.


Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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