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Die ganze Wahrheit über Retaxationen
Der Umgang mit Abgabe-Fehlern
Knapp hundertmal im Jahr wird eine Apotheke im Schnitt retaxiert. Das kostet sie über 3000 Euro. Was sind die Gründe für die Beanstandungen? Und wer ist für sie verantwortlich? Lesen Sie Teil 2 unserer Serie über Retaxationen.
Durchschnittlich bekommt jede Apotheke in Deutschland 96 Retaxationen pro Jahr, wobei es bei der Hälfte der Apotheken unter 50 Fälle sind. Der finanzielle Verlust, der den Apotheken dadurch entsteht, beläuft sich auf durchschnittlich 3140 Euro. Das ergab eine Befragung durch Professor Kaapke Projekte im Auftrag des genossenschaftlichen Pharmagroßhändlers Noweda. Befragt wurden rund 400 Apotheken (siehe DAZ 2015, Nr. 44).
Erhoben wurden jedoch nicht nur die bloßen Zahlen, gefragt wurde auch nach den Gründen für die Retaxationen. Mit großem Abstand am häufigsten nannten die befragten Apotheken dabei die Rabattverträge der Krankenkassen mit den Arzneimittelherstellern. Rund ein Drittel aller Absetzungen (33,6 von insgesamt 96) betrifft eine Verschreibung eines Rabattarzneimittels.
Auf den Plätzen zwei bis vier folgen dicht aufeinander nicht eingehaltene Formalien (14,8 mal pro Jahr), falsche Angaben zur Zuzahlungsbefreiung (14,6 mal pro Jahr) und fehlende Erstattungsfähigkeit eines Hilfsmittels (12, 0 mal im Jahr). Einen Überblick über die jährliche Zahl der unterschiedlichen Retax-Gründe sehen Sie in untenstehender Tabelle.
Frage: Im Folgenden sind einige Aspekte aufgelistet, welche Anlass/Grund für eine Retaxation sein können. Bitte geben Sie für jeden Aspekt eine Einschätzung ab, wie viele Retaxationsfälle Ihre Apotheke etwa pro Jahr aus diesem Anlass erhält.
Allerdings hatten bei der APOkix-Umfrage des IFH Köln im September 2015 die befragten 212 Apothekenleiter geschätzt, dass 29 Prozent der Retaxationen auf Formfehler beruhen. Dabei war allerdings nur nach dem Anteil dieser Retaxationen und nicht nach anderen Gründen gefragt worden. Außerdem wurden „Formfehler“ als „fehlerhafte Verschreibungen“ definiert – möglicherweise haben die Befragten einige der in der Tabelle einzeln aufgeführten Punkte unter „Formalien“ subsummiert.
Sind die Ärzte schuld?
Doch wer ist für die Retaxationen eigentlich verantwortlich? Liegt die Ursache in einer fehlerhaft ausgestellten Verordnung, also beim Arzt, oder in einer falschen Abgabe oder Taxierung, also beim Apotheker?
Ende Oktober hatte der GKV-Spitzenverband einen Großteil der Verantwortung für die Retaxationen den Ärzten zugesprochen. In seiner Stellungnahme zum E-Health-Gesetz schreibt der Verband der gesetzlichen Krankenkassen: „Mangelnde Aktualität der Verordnungssoftware ist eine wesentliche Ursache für vermeidbare Fehler, die einen Großteil der Retaxierungsvorgänge gegenüber Apotheken ausgelöst haben“. Probleme durch unklare oder fehlerhafte Verordnung äußerten sich jedoch „erst außerhalb der Arztpraxis, beispielsweise bei Einlösung der Verordnung in einer Apotheke oder bei einem Heilmittelerbringer“. Weil dem Arzt selbst kein Nachteil durch fehlerhafte Verordnungen entstehe, fehle es an Anreizen, „diese Fehler zu minimieren“.
… oder die Apotheker?
Bei den befragten Apothekern ergibt sich ein differenzierteres Bild. Im Durchschnitt geben die Apotheker an, dass rund 22 Prozent der Retaxationen auf fehlerhafte Verschreibungen durch die Ärzte zurückgehen, 33 Prozent auf Fehler bei den Krankenkassen und 45 Prozent auf Fehler in der Apotheke.
Frage: Im Folgenden sind die potenziellen „Verursacher“ von Retaxationen aufgeführt. Bitte geben Sie für jeden dieser Akteure an, für welchen Anteil an Retaxationen dieser etwa durchschnittlich pro Jahr verantwortlich ist. (n = 350).
Dass Fehler bei der Verschreibung „nur“ in rund einem Fünftel der Fälle der Grund für die Retaxationen sind, könnte an der engen Kontrolle der Rezepte in den Apotheken liegen. Denn diese geben im Schnitt an, jedes zehnte Rezept (11,5 Prozent) korrigieren („heilen“) zu müssen – bei einem Viertel der Apotheken ist dieser Anteil sogar noch höher:
Frage: Wie hoch ist etwa der Anteil der pro Jahr in Ihrer Apotheke vorgelegten Rezepte, der einen Fehler des Arztes enthält und in Ihrer Apotheke korrigiert wird, um eine Retaxation zu vermeiden? (n = 353)
Weitere sieben Prozent der Rezepte werden an die Arztpraxis zurückgeschickt, damit der Fehler dort behoben bzw. das Rezept neu ausgestellt wird:
Frage: Wie hoch ist etwa der Anteil der pro Jahr in Ihrer Apotheke vorgelegten Rezepte, der einen Fehler des Arztes enthält und zwecks Neuausstellung an die Arztpraxis zurückgesendet werden muss? (n = 352)
Übrigens: In der Noweda-Studie schätzen die Befragten, dass im Schnitt 24,2 Prozent der Retaxationen von den Krankenkassen nach Einspruch der Apotheker wieder zurückgenommen und erstattet werden. Bei rund der Hälfte der befragten Apotheker lag dieser Anteil jedoch bei unter zehn Prozent.
Frage: Welcher Anteil der Retaxationen wird etwa pro Jahr zurückgenommen bzw. erstattet? (n = 360)
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