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Berlin - Der Petitionsausschuss des Europäischen Parlaments interessiert sich mit einiger Verspätung für das deutsche Arzneimittelrecht. Heute kommt vor dem Gremium eine Petition aus dem Jahr 2012 zur Sprache: Das Boni-Verbot beim Versand von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln aus dem EU-Ausland nach Deutschland.
Mit Blick auf das inzwischen eingeführte Rx-Boni-Verbot hatte im Jahr 2012 ein Kunde der Europa Apotheek eine Petition eingereicht. Der Petent, ein chronisch kranker Patient mit Wohnsitz in Deutschland, „kaufte seit mehreren Jahren seine Medikamente zu erheblich günstigeren Preisen bei der niederländischen Versandapotheke Europa Apotheek, die einen Anteil der mit den Herstellern ausgehandelten Rabatte an ihre Kunden weitergibt und dabei gleichzeitig noch selbst Profit macht“, heißt es in der deutschen Übersetzung der Vorlage zum entsprechenden Tagesordnungspunkt. Der Petent wolle daher gerne wissen, ob diese Vorgehensweise der europäischen Gesetzgebung entspreche.
Stellungnahme der Kommission
Als ersten Erfolg verbuchte der Patient die Annahme der Petition. Die EU-Kommission wurde vom Parlament um Stellungnahme gebeten. Diese liegt inzwischen vor. Darin bezieht sich die Kommission auf ein DocMorris-Verfahren und verweist damit zunächst darauf, dass „ein nationales Verbot des grenzüberschreitenden Verkaufs von nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln über das Internet gegen den freien Warenverkehr verstößt, der durch die Artikel 34 bis 36 AEUV geschützt ist“.
Es falle jedoch weiterhin in den Zuständigkeitsbereich der Mitgliedstaaten, bestimmte Bedingungen für die Niederlassung einer Apotheke festzusetzen, heißt es weiter. Derartige Bedingungen müssten zwar transparent, diskriminierungsfrei und angemessen sein, doch könnten die Mitgliedstaaten das Recht haben, die Erfüllung bestimmter Bedingungen zu verlangen und somit die Niederlassung von Online-Apotheken und das Inverkehrbringen von Produkten von Online-Apotheken zu beschränken.
Vertragsverletzungsverfahren läuft
Die vom Petenten geschilderte Problematik sei der Kommission bekannt, und die Kommission analysiere sie derzeit im Rahmen eines gegen Deutschland laufenden Vertragsverletzungsverfahrens. Deutlicher will die Kommission derzeit offenbar nicht Stellung beziehen. Aus einem Schreiben an die Bundesregierung vom November 2013 geht allerdings die kritische Haltung der EU-Kommission zum Rx-Boni-Verbot eindeutig hervor: Das Rx-Boni-Verbot erschwere den Marktzugang für importierte Rx-Arzneimittel „tatsächlich wesentlich“, heißt es darin.
Das Boni-Verbot entziehe den ausländischen Versandapotheken „ihren größten Wettbewerbsvorteil“. Die größte niederländische Online-Apotheke habe daraufhin 80 Prozent ihrer Neukunden in Deutschland verloren. Darin sieht die Kommission grundsätzlich einen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht. Mehr noch: Die EU-Kommission vertritt die Auffassung, dass für die Arzneimittelversorgung vor allem in ländlichen Regionen Deutschlands positiv wäre, wenn Patienten zusätzlich zu den Vor-Ort-Apotheken die Möglichkeit hätten, ihre Arzneimittel zu „günstigen Preisen im Internet zu bestellen“.
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