Neue Rechte für Verbraucher

Versandapotheken aufgepasst!

Berlin - 13.06.2014, 15:15 Uhr


Ab dem heutigen 13. Juni gelten im Fernabsatzgeschäft – und damit auch im Versandhandel mit Arzneimitteln – neue gesetzliche Vorgaben. Die Änderungen im bürgerlichen Recht gehen auf die EU-Verbraucherrechte-Richtlinie zurück. Insbesondere beim Widerrufsrecht gelten neue Bestimmungen. Für Apotheken lassen die neuen Regelungen allerdings so manche Frage offen.

Betroffen von den neuen Vorschriften sind grundsätzlich alle Verträge zwischen Unternehmern – also auch Apotheken – und Verbrauchern. Insbesondere treffen die Unternehmer neue Informationspflichten. Eine Ausnahme gilt allerdings für gängige Geschäfte des täglichen Lebens, die bei Vertragsschluss sofort erfüllt werden. Und zu diesen zählen auch die Käufe in einer Apotheke. Versandapotheken müssen jedoch ein Auge auf diese neuen Pflichten haben.

Die umfangreichsten Änderungen betreffen jedoch das Widerrufsrecht der Verbraucher (§ 312g BGB). Die Widerrufsfrist beträgt nun EU-weit 14 Tage, sofern der Unternehmer ordnungsgemäß über das Widerrufsrecht informiert hat. Ist dies nicht der Fall, erlischt es spätestens nach 14 Tagen und zwölf Monaten. Weiterhin muss der Verbraucher den Widerruf jetzt ausdrücklich erklären. Allein die Rücksendung der Ware reicht nicht mehr aus, sofern es nicht ausdrücklich anders vereinbart wurde. Das Gesetz enthält sowohl ein Muster-Widerrufsformular als auch ein Muster für die Widerrufsbelehrung und erleichtert so Unternehmen wie Verbrauchern die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben. Grundsätzlich hat der Verbraucher nach einem Widerruf die Kosten für die Rücksendung der Ware zu tragen – gleich wie teuer die Ware ist. Die bisherige 40-Euro-Grenze gilt nicht mehr. Voraussetzung ist, dass der Unternehmer den Verbraucher von dieser Pflicht unterrichtet hat. Der Unternehmer kann sich jedoch auch bereit erklären, die Rücksendekosten zu übernehmen.

Rechtlich unklar ist allerdings, ob und in welchen Fällen das Widerrufsrecht beim Arzneimittelversand ausgeschlossen ist. Bislang sah das Gesetz einen Ausschluss für Waren vor, die aufgrund ihrer Beschaffenheit nicht für eine Rücksendung geeignet sind, z. B. schnell verderben können (§ 312d Abs. 4 Nr. 1 BGB a.F.). Hierunter ließen sich mit der richtigen Argumentation auch Arzneimittel subsumieren. Dieses Kriterium gibt es nun aber nicht mehr. Dafür ist nach dem neuen § 312g Abs. 2 BGB der Widerruf unter anderem ausgeschlossen bei:

1. Verträgen zur Lieferung von Waren, die nicht vorgefertigt sind und für deren Herstellung eine individuelle Auswahl oder Bestimmung durch den Verbraucher maßgeblich ist oder die eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse des Verbrauchers zugeschnitten sind,

2. Verträgen zur Lieferung von Waren, die schnell verderben können oder deren Verfallsdatum schnell überschritten würde,

3. Verträgen zur Lieferung versiegelter Waren, die aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder der Hygiene nicht zur Rückgabe geeignet sind, wenn ihre Versiegelung nach der Lieferung entfernt wurde.

Unter ersteren Punkt lassen sich bedenkenlos Rezepturarzneimittel fassen. Ob Fertigarzneimittel unter den zweiten Ausschlussgrund fallen, ist dagegen bei striktem Wortlautverständnis zweifelhaft. Bislang gab es die Argumentation, es könne auch ein „rechtliches Verderben“ vorliegen, schließlich können die Arzneimittel nach der Rücksendung nicht mehr verkauft werden. Diese Argumentation könnte angesichts des neuen Ausschlussgrundes für versiegelte Waren  (§ 312g Abs. 2 Nr. 3 BGB) aber hinfällig sein. Versiegelte Fertigarzneimittel sind problemlos dieser Regelung zuzuordnen. Allerdings lässt das Gesetz offen, wie eine Versiegelung beschaffen sein muss. Klar dürfte sein, dass sie für den Verbraucher eindeutig erkennbar sein muss. Das wird der Fall sein, wenn die von der EU-Fälschungs-Richtlinie vorgesehenen Sicherheitsmerkmale für Arzneimittel kommen. Vorerst wird man hier rechtliche Unsicherheiten hinnehmen müssen – und damit auch die Gefahr von Abmahnungen.

Wichtig ist auf jeden Fall, dass Apotheken die Informationspflichten über das Bestehen oder Nichtbestehen des Widerrufsrechts beachten müssen. Apotheken mit Versanderlaubnis müssen sich also entscheiden, ob sie das Widerrufsrecht nach den genannten Tatbeständen ausschließen wollen oder nicht. 


Kirsten Sucker-Sket


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