Immunsystem

Spätfolgen von chronischen Virusinfektionen

Braunschweig - 26.08.2012, 11:26 Uhr


Obwohl die meisten Menschen das Cytomegalie-Virus (CMV) ein Leben lang in sich tragen, macht es nur die wenigsten krank. Jetzt haben Forscher vom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI) in Braunschweig herausgefunden, dass die Anwesenheit des Virus trotzdem Spätfolgen hat.

So zeigen Mäuse auch noch Monate nach einer Infektion mit CMV schwächere Abwehrkräfte gegen andere Viren wie zum Beispiel Grippe-Erreger.

Ohne es zu bemerken, sind die meisten Erwachsenen mit CMV infiziert. Normalerweise bleibt die Infektion mit diesem Herpesvirus unbemerkt. Nur bei Menschen mit geschwächter Immunabwehr, zum Beispiel Empfängern eines Spenderorgans oder HIV-Infizierten, oder wenn die Infektion während der Schwangerschaft erfolgt, kann das Virus gefährlich werden.

Bei allen anderen wird es vom Immunsystem in Schach gehalten, obwohl es im Körper verbleibt. Bei jungen Menschen könnte diese dauernde Aktivierung des Immunsystems sogar von Vorteil sein, weil andere Infektionen dadurch prompt abgewehrt werden können. Die Immunabwehr nimmt jedoch im Laufe der Lebensjahre ab. Dadurch kommt es zu Veränderungen des Immunsystems, die als „Immun-Risiko-Profil“, kurz IRP, zusammengefasst werden. Ein Zusammenhang zwischen IRP und der Anwesenheit des Cytomegalie-Virus wurde schon in vielen anderen Studien beobachtet. Unklar war bisher allerdings, ob diese Immunalterung eine Auswirkung der CMV-Infektion ist, oder ob andersherum das Risikoprofil CMV begünstigt.

Die neuen Forschungsergebnisse legen nahe, dass die andauernde Anwesenheit des Erregers zur Immunalterung zumindest beiträgt. Als Dauergast verlangt das Virus immer mehr Aufmerksamkeit von den T-Zellen: Je länger die Mäuse in den Experimenten schon mit CMV infiziert waren, umso mehr dieser Zellen waren mit dem Cytomegalie-Virus beschäftigt und fehlten für die Abwehr von anderen Erregern. Folglich konnten mit CMV infizierte Mäuse eine weitere Infektion, beispielsweise mit dem Grippe- oder dem West-Nil-Virus, viel schlechter bekämpfen als CMV-freie Vergleichstiere. Wahrscheinlich behindert die große Zahl von CMV-spezifischen T-Zellen in den Lymphknoten die Aktivierung der übrigen Zellen. Was im jungen Organismus noch die Immunabwehr beschleunigt hat, wird im Alter zur Belastung.

Literatur: Cicin-Sain, L., et al.: PLoS Pathogens 2012, Online: dx.plos.org/10.1371/journal.ppat.1002849


Dr. Bettina Hellwig