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- DAZ 50/2023
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Arzneimittel und Therapie
Niedrigen TSH-Wert vermeiden
L-Thyroxin-Übertherapie korreliert mit erhöhtem Demenzrisiko im Alter
Erhöhte Schilddrüsenhormonspiegel können sowohl infolge einer Hyperthyreose (endogene Thyreotoxikose) als auch einer Übertherapie mit L-Thyroxin bei Schilddrüsenunterfunktion (exogene Thyreotoxikose) auftreten. Dass Hyperthyreose einen Risikofaktor für Demenz darstellt, wird schon länger vermutet. Dennoch war die Datenlage unsicher, da vorangegangene Studien oft nur eine kurze Nachbeobachtungszeit wählten, gemischte Ergebnisse hervorbrachten oder die exogene Thyreotoxikose ausschlossen. Um zu eruieren, ob erhöhte Schilddrüsenhormonspiegel das Risiko für kognitive Störungen erhöhen, wertete das Team des Wissenschaftlers Roy Adams zwischen 2014 und 2023 die elektronischen Gesundheitsdaten von 65.931 US-amerikanischen Patienten über 65 Jahre aus [1]. Aufgrund des negativen Feedback-Mechanismus ist ein niedriger Thyreotropin(TSH)-Wert Indikator für erhöhte Schilddrüsenhormonspiegel. Eine Thyreotoxikose wurde anhand eines Thyreotropin (TSH)-Werts< 0,45 mIU/l definiert und in die moderate (TSH ≥ 0,1 mIU/l) oder schwere Form (≤ 0,1 mIU/l) unterteilt. Als Endpunkt wurde die Diagnose von kognitiven Störungen oder Demenz jeder Ursache festgelegt.
Niedriger TSH-Wert = öfter Demenz
Tatsächlich wiesen Patienten, die im Verlauf erhöhten Schilddrüsenhormonspiegeln ausgesetzt waren, im Alter von 75 Jahren mit 11,0% versus 6,4% eine signifikant höhere Inzidenz von kognitiven Störungen auf als Patienten ohne Thyreotoxikose. Mit 85 Jahren klafften die Inzidenzwerte mit 34% (Thyreotoxikose) versus 26% (keine Thyreotoxikose) noch weiter auseinander. Mit einer adjustierten Hazard-Ratio (aHR) von 1,39 war die Thyreotoxikose – unabhängig von ihrer Ursache – somit signifikant mit einem erhöhten Risiko für Demenz und kognitiven Störungen assoziiert. Nach Stratifizierung der Ursache ging auch die exogene/iatrogene Thyreotoxikose mit einem erhöhten Risiko einher (aHR: 1,34). Dabei stellten die Forscher eine mögliche Dosis-Wirkungs-Beziehung fest: Während eine moderate TSH-Erniedrigung das Risiko um 23% erhöhte, war bei einer schweren exogenen Thyreotoxikose das Risiko sogar um 65% erhöht. Lediglich bei der endogenen Thyreotoxikose erreichten die Zahlen keine statistische Signifikanz.
Aggressive L-Thyroxin-Therapie birgt Risiken
Zur Erinnerung: Ursachen einer Hyperthyreose können eine Schilddrüsenautonomie, Morbus Basedow sowie passager Thyreoiditis oder Malignome sein [2]. In der vorliegenden Untersuchung litten nur 17% an einer solchen endogenen Hyperthyreose, bei jedem Vierten (24%) war keine Ursache bekannt. Die exogene Form, also die Übertherapie einer Hypothyreose, war hingegen der wichtigste Grund für eine festgestellte Thyreotoxikose – nämlich bei 60% der Probanden.
Die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit sind insbesondere deshalb interessant, da in den letzten Jahren ein Trend zur aggressiven und frühen Therapie mit Schilddrüsenhormonen zu beobachten ist. Die Autoren der Studie weisen darauf hin, dass vor allem bei Patienten ab 65 Jahren eine leichte TSH-Wert-Erhöhung (4,5 mIU/l bis 10 mIU/l) oft nur transient ist und das therapeutische Einschreiten kontrovers diskutiert wird.
Für eine fundierte Therapieentscheidung müssen negative Folgen einer Übertherapie berücksichtigt und genauer erforscht werden. Erhalten ältere Patienten eine Substitutionstherapie mit L-Thyroxin, kann nicht oft genug auf die Notwendigkeit regelmäßiger Kontrollen hingewiesen werden. Patienten sollten außerdem Symptome einer Überdosierung kennen. Sie reichen von Nervosität, psychischer Labilität wie Angst, Gewichtsverlust, Hitzeintoleranz, Palpitationen bis hin zu einschlägigem Fingertremor sowie Diarrhö. Zu beachten ist, dass die Symptome im Alter mitunter nur diskret ausfallen, ebenso können z. B. Betarezeptorblocker die Symptome kaschieren. |
Literatur
[1] Adams R et al. Endogenous and Exogenous Thyrotoxicosis and Risk of Incident Cognitive Disorders in Older Adults. JAMA internal Medicine 2023, doi: 10.1001/jamainternmed.2023.5619
[2] Gesenhues S, Ziesché R (Hrsg.). Praxisleitfaden Allgemeinmedizin, 5. Auflage, 2006, Urban & Fischer Elsevier-Verlag, S 1009-1011
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