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Beratung

Endlich rauchfrei

Der Weg in die Rauchfreiheit – wie Apotheken unterstützen können

Ob guter Vorsatz für das neue Jahr, aufgrund der gestiegenen Kosten oder anderer Gründe: Viele Menschen versuchen mit dem Rauchen aufzuhören. Ein sehr herausforderndes und leider auch nicht immer erfolgreiches Vorhaben. Doch glücklicherweise können Apotheken einiges tun, um ihre Patientinnen und Patienten zielführend zu unterstützen. | Von Jessica Geller 

Weltweit ist die Prävalenz des Tabakkonsums zwar seit 2007 rückläufig, dennoch sterben gemäß Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) jährlich noch immer mehr als acht Millionen Menschen an dessen Folgen [1]. Etwa die Hälfte aller Raucher stirbt frühzeitig, im Schnitt haben sie eine um zehn Jahre verringerte Lebenserwartung [2]. Sie sind allerdings nicht die einzigen Leidtragenden: Rund 1,3 Millionen der jährlich an den Folgen des Rauchens versterbenden Menschen hatte selbst nicht aktiv geraucht, sondern den Rauch oder dessen Bestandteile nur mittelbar eingeatmet (Passivrauchen) [1]. Eine Vielzahl an Menschenleben also, deren Verlust vermeidbar wäre. Und nicht nur die hohe vorzeitige Sterblichkeitsrate ist ein Grund, das Rauchen als Gefahr für die Menschheit anzuerkennen. Mit der regelmäßigen aktiven oder passiven Aufnahme der karzinogenen, teratogenen und atherogenen Stoffe aus dem Tabakrauch steigt auch die Wahrscheinlichkeit für eine Vielzahl an Erkrankungen wie Krebs (mehr als zehnfach erhöhtes Risiko!), Schlaganfälle, Koronare Herzerkrankungen, Atemwegserkrankungen und Diabetes Typ 2 [1, 2, 3]. Allein in Deutschland rauchte im Jahr 2021 mehr als ein Fünftel (22,7%) der 18- bis 64-Jährigen. In absoluten Zahlen also 11,6 Millionen Menschen, die jeden Tag mehrfach sich selbst und andere einer enormen gesundheitlichen Gefahr aussetzen [4]. Es gibt also noch viel qualmende Luft nach oben für eine verbesserte Gesundheitsversorgung in Deutschland und der Welt.

Kenntnis der gesundheitlichen Folgen reicht nicht aus

Den meisten Betroffenen ist bekannt, dass Rauchen ihrer Gesundheit mittel- und langfristig schadet. Trotz dieses Wissens wird der Tabakkonsum fortgeführt. Etwa bei der Hälfte der Raucher besteht eine körperliche oder psychische Abhängigkeit, jedoch gibt es auch eine Vielzahl an anderen Gründen für eine Fortführung des Zigarettenkonsums. Einige Beispiele hierfür sind angewöhnte Verhaltensmuster (z. B. die Morgenzigarette), Strukturen in der persönlichen Umgebung oder auch eine kognitive Dissonanz [3]. Als kognitive Dissonanz wird in der Psychologie ein mentaler Zustand beschrieben, in dem mehrere sich widersprechende Denkinhalte gleichzeitig bestehen. Aus diesem Grund fühlt die betroffene Person sich verunsichert und gestresst, sodass sie die betreffende Situation möglichst meidet beziehungsweise andere Strategien wählt, um wieder eine innere Konsistenz herzustellen [5]. Dies kann man sich als eine Art Selbstbetrug vorstellen: Die Raucherin weiß, dass ihr Tabakkonsum schlecht für ihre Gesundheit ist. Den Gedanken, daher damit aufzuhören, schiebt sie jedoch mit der vorgeschobenen Begründung schnell beiseite, dass sie durch das Aufhören ja weiter zunähme, was ihren Diabetes verschlimmern würde. Ein Punkt, an dem wir in der Apotheke gut ansetzen können. Doch dazu müssen wir erst einmal mit der Raucherin ins Gespräch kommen.

Rauchstatus abfragen, kann in vielen Fällen sinnvoll sein

Bei manchen Personen weiß man es beim Betreten der Apotheke sofort, anderen merkt man ihren Zigarettenkonsum nicht direkt an. Daher kann es zielführend sein, auch ohne entsprechendes Vorwissen den Rauchstatus abzufragen. Dies kann auf einige Menschen zunächst irritierend wirken, schließlich gehört diese Frage (noch) nicht zu den üblichen Beratungsrückfragen in Apotheken. Wenn es jedoch nach der aktuellen S3-Leitlinie „Rauchen und Tabakabhängigkeit: Screening, Diagnostik und Behandlung“ der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) ginge, sähe dies ganz anders aus. Das Angebot einer niedrigschwelligen Kurzberatung wurde mit dem höchsten Empfehlungsgrad versehen und gehört damit zu den wichtigsten Bausteinen für eine erfolgreiche Rauchentwöhnung [3]. In Apotheken könnte man eine solche Kurzberatung zum Beispiel im Rahmen einer entsprechenden Themenwoche realisieren, in der das Beratungsangebot durch entsprechendes Informationsmaterial sowie gut sichtbare Aushänge unterstützt wird. Aber auch die direkte, einfühlsame Ansprache kann von Erfolg gekrönt sein. Und hierbei darf man gerne kreativ sein: Pfeift Herr Maier nach eigener Aussage aus dem letzten Loch, so kann man ja mal nachfragen, ob denn da Luft oder gar Zigarettenrauch durch das Loch gepresst wird. Beschwert sich Frau Yilmaz über ihren starken Husten, kann auch trotz der offensichtlichen Schnupfnase mal beiläufig nach ihrem Rauchstatus gefragt werden. Selbst bei einem nur ganz kurzen Besuch, um sich die neue Wochenzeitschrift abzuholen, könnte man mit einem Augenzwinkern anmerken, dass damit ja wohl hoffentlich im Anschluss keine Zigaretten gedreht werden. Gerade bei unserer langjährigen Stammkundschaft können wir häufig gut einschätzen, wie die Personen ticken und ob solch ein Gesprächseinstieg funktionieren könnte. Falls vorhanden, kann man als Eisbrecher auch die eigenen Erfahrungen einfließen lassen („Frau Yilmaz, Sie Arme husten ja so heftig wie ich damals nach zwei Schachteln Marlboro am Tag!“). Medikationsanalysen oder andere Dienstleistungen können ebenfalls als Brücke zur Kurzberatung dienen. Die Betroffenen haben oft ein wenig mehr Zeit mitgebracht und sind ja schon einmal an einer Beratungsleistung interessiert. Auch nach einem vor Ort gemessenen hohen Blutdruck oder beim Einlösen eines Rezepts über Herz-Kreislauf-bezogene Arzneimittel kann solch ein Gesprächseinstieg themenbasiert gut gelingen.

Ganz im Zweifel kann man immer mit einer vorsichtigen Frage in das Thema einleiten, zum Beispiel: „Herr Nowak, wäre es Ihnen recht, wenn wir uns mal über Ihr Rauchverhalten unterhalten?“

Motivieren ist besser als aufklären

Interessanterweise legt die genannte AWMF-Leitlinie bei der Kurzberatung den Fokus deutlich auf motivierende und unterstützende Inhalte und weniger auf die Aufklärung über mögliche gesundheitliche Folgen [3]. Dies steht im Einklang mit der Problematik der kognitiven Dissonanz sowie den bereits existenten großflächigen Aufklärungskampagnen, z. B. „Rauchfrei leben“ der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) [6]. Je nach Einzelfall kann es allerdings dennoch sinnvoll sein, auch auf die gesundheitlichen Folgen des Rauchens einzugehen. Auf diese Weise kann abgeklärt werden, wie realistisch der Blick auf das mit dem Rauchen verbundene Risiko tatsächlich ist. Zugleich könnten hierbei auch selbst zurechtgelegte Scheinrechtfertigungen zutage treten und besprochen werden. Jeder Raucher und jede Raucherin profitiert davon, den Konsum einzuschränken oder idealerweise sogar vollständig aufzugeben. Ganz besonders essenziell ist dies allerdings für einige besonders vulnerable Gruppen, wie Schwangere oder Personen mit bereits bestehenden kardiovaskulären oder Krebserkrankungen. Sie können in der Apotheke gezielt zu dem Thema angesprochen werden. Bei jedem Beratungsangebot sollte allerdings auch respektiert werden, wenn von der betroffenen Person keine Veränderung des Rauchstatus oder zumindest keine diesbezügliche Beratung gewünscht wird. Ziel ist eine Erhöhung der inneren Motivation und kein erzwungenes Gespräch, das nur weiteren Druck auf den Menschen ausübt. Daher sollte der Einstieg in das Thema stets einfühlsam und möglichst auf die betreffende Person zugeschnitten erfolgen.

Empfehlungen zum Rauchstopp – offene Fragen helfen weiter

Ist das Gespräch erst einmal erfolgreich gestartet, sollte eine Empfehlung zum Rauchstopp ausgesprochen werden. Auch hierbei sollte man möglichst empathisch vorgehen, damit sich die Person nicht unangenehm belehrt fühlt. Dies kann in vielen Fällen durch einleitende fragende Formulierungen gelingen, zum Beispiel: „Haben Sie schon einmal darüber nachgedacht, mit dem Rauchen aufzuhören?“ oder „wären Sie denn gerne Nichtraucher?“. Solche Fragen, und die sich aus diesen ergebenden offenen(!) Folgefragen, haben außerdem den Vorteil, dass man direkt zu Beginn des Gesprächs eine Vorstellung der bereits bestehenden Motivation erhält. Bestenfalls entsteht so, statt eines Vortrags, ein wechsel­seitiges Gespräch. Durch gezielte Rückfragen erfährt man etwas über zuvor gescheiterte Abstinenzversuche und kann im Folgenden auf diesen Informationen aufbauen. Gerade Menschen, die schon mit vielen vorherigen Versuchen gescheitert sind, haben oftmals nur wenig Motivation und Antrieb für ein potenzielles erneutes Scheitern. Hier können geschickte Nachfragen mögliche Probleme bei der bisherigen Vorgehensweise auf­decken.

Tab. 1: Nicotinersatzprodukte (eine Auswahl)
Präparat
Anwendungshinweise (laut ABDA-Datenbank)
Kaugummi
Nicorette® freshmint, freshfruit, whitemint(jeweils 2 mg, 4 mg)
Nicotinell® Cool Mint, Spearmint (jeweils 2 mg, 4 mg)
Nicotinell® Tropenfrucht (4 mg)
Dosierung:
  • Bei sofortigem Rauchstopp: 1 Kaugummi mit 2 mg pro Stunde, maximal 16 Stück am Tag. Bei starker Abhängigkeit oder unzureichender Wirkung der 2 mg Dosis wird ein Kaugummi mit 4 mg eingesetzt (max. 16 Stück/Tag). Nach 4 - 6 Wochen wird der zeitliche Abstand zwischen dem Kauen zweier Kaugummis zunehmend vergrößert. Bei einem Tagesverbrauch von 1 – 2 Kaugummis über eine Woche hinweg kann ein Absetzungsversuch erfolgen.
  • Bei ausschleichender Rauchreduktion: Nutzung der Kaugummis zwischen den Rauchphasen, um das Rauchverlangen in dieser Zeit zu verringern und das Rauchen einzuschränken. Spätestens sechs Monate nach Beginn sollte ein vollständiger Rauchstopp erfolgen.
Anwendung:
Langsames Kauen über etwa 30 Minuten. Sobald sich der Geschmack spürbar intensiviert, sollte das Kaugummi in die Wangentasche geschoben werden, bis der Geschmack nachlässt. Dann wird erneut bis zum intensiven Geschmack gekaut. Schnelles, intensives Kauen sollte vermieden werden, um eine zu schnelle Freisetzung des Nicotins aus der Kaumasse zu verhindern. (→ keine vollständige Resorption über Mundschleimhaut). Unterdosierungen sollten ebenso vermieden werden.
Lutschtabletten
Nicorette® freshmint
(2 mg, 4 mg)
Nicotinell® Mint
(1 mg, 2 mg)
Dosierung:
  • Bei sofortigem Rauchstopp: Eine Lutschtablette bei Bedarf, bis zu 15 Tabletten pro Tag (im Schnitt: 8 - 12 Tabletten/Tag). Nach 6 Wochen sollte die Dosis allmählich reduziert werden. Bei einer Restdosis von 1 - 2 Tabletten je Tag kann ein Absetzversuch erfolgen.
  • Bei ausschleichender Rauchreduktion: Anwendung jeweils einer Lutschtablette zwischen den Rauchepisoden. Ebenfalls max. 15 Stück/Tag sowie eine Dosisreduktion nach 6 Wochen. Spätestens nach 6 Monaten sollte ein Versuch erfolgen, das Rauchen einzustellen, ggfs. mit Wechsel in das o. g. Schema.
Anwendung:
Lutschtablette in den Mund legen und zwischendurch von einer Seite der Mundhöhle zur anderen schieben, bis sich die Tablette nach etwa 16 - 19 Minuten auflöst. Nicht zerkauen oder schlucken und während der Anwendung nicht essen oder trinken.
Inhalativa
Nicorette® fruit & mint Spray (1 mg/Sprühstoß)
Nicotin AL Spray (1 mg/Sprühstoß)
Nicorette® Inhaler (10 mg, 15 mg)
Dosierung:
  • Inhaler: Bei sofortigem Rauchstopp werden täglich 3 - 4 Patronen bzw. 4 - 6 Patronen (ab 21 gerauchten Zigaretten/Tag) eingesetzt. Bei einer ausschleichenden Rauchreduktion erfolgt die Anwendung in den Phasen zwischen dem Rauchen von Zigaretten. Nach drei Monaten wird die tägliche Dosis über 6 - 8 Wochen schrittweise herunter- und schließlich abgesetzt.
  • Spray: Bis zu 4 Sprühstöße pro Stunde, pro Anwendung maximal 2 Sprühstöße. Pro Tag maximal 64 Sprühstöße.
  • Bei sofortigem Rauchstopp: 1 – 2 Stöße anstatt einer Zigarette. Nach 6 Wochen wird die tägliche Anzahl an Sprühstößen verringert. Nach 9 Wochen sollte die Anzahl der durchschnittlichen Sprühstöße halbiert sein. Weitere Verringerung der Anzahl bis Woche 12. Hier sollten nicht mehr als 4 Sprühstöße am Tag angewendet werden. Im Anschluss kann ein Absetzversuch erfolgen.
  • Bei zunächst angestrebter Rauchreduktion erfolgt die Anwendung zwischen den Rauchepisoden. Hierbei sollte sich die Anzahl der täglich gerauchten Zigaretten nach 6 Wochen verringert haben, ansonsten ist ärztlicher Rat einzuholen. Die Verringerung erfolgt weiter bis zum absoluten Rauchstopp.
Anwendung:
Inhaler: Mundstück und Patrone werden zusammengesteckt. Hierbei ist auf die übereinstimmenden Markierungen sowie das Durchstoßen des Patronensiegels zu achten. Mundstück und Patrone werden leicht gegeneinander gedreht bis die Markierungen versetzt sind. Dann wird Luft durch das Mundstück angesaugt. Für eine angemessene Substitution sind etwa 8 - 10 mal so viele Züge notwendig, wie an einer Zigarette. Diese werden innerhalb von 10 - 20 Minuten appliziert.
Spray: Das gebrauchsfertige Spray sollte bei der Applikation so nah wie möglich an den geöffneten Mund gehalten werden. Eine Benetzung der Lippen sollte vermieden werden. Während des Sprühens nicht inhalieren. Auf das Schlucken sollte einige Sekunden nach der Anwendung verzichtet werden. Ebenso sollte während der Anwendung nicht gegessen oder getrunken werden.
Pflaster
Nikofrenon®(Freisetzung: 7, 14 und 21 mg/24 Stunden)
Nicorette® TX (10, 15 und 25 mg/24 Stunden)
Nicotinell®(7, 14 und 21 mg/24 Stunden)
Dosierung (Monotherapie):
  • Bei > 20 Zigaretten pro Tag: für 3 - 4 Wochen mit einer der beiden stärksten Dosen beginnen, dann auf mittelstarke Pflaster wechseln. Nach weiteren 3 - 4 Wochen auf die leichten Pflaster wechseln und im Anschluss absetzen.
  • Bei < 20 Zigaretten pro Tag: Beginn mit den mittelstarken Pflastern, ebenfalls Wechsel nach 3 - 4 Wochen auf leichte Pflaster und anschließendem Absetzen.
Anwendung:
Das Rauchen muss mit Beginn der Therapie vollständig eingestellt werden. Pflaster auf saubere, trockene, unbehaarte und gesunde Hautstelle kleben (z. B. Oberarm, Schulter, obere Hüfte) und 10 - 20 Sekunden mit der Handfläche andrücken. Nach dem Aufkleben sollten die Hände gründlich gewaschen werden. Pflaster nach 24 Stunden wechseln und hierbei eine andere Hautstelle wählen als am Vortag. Gebrauchte Pflaster sorgfältig entsorgen (cave! potenziell tödliche Vergiftungserscheinungen bei Kindern möglich!).
Die Pflaster dürfen weder zerschnitten, noch mehrere gleichzeitig angewendet werden. Bei vorsichtigem Duschen sowie im Solarium darf das Pflaster auf der Haut verbleiben, nicht jedoch in der Sauna oder beim Schwimmen/Tauchen.

Nicotinersatzprodukte und unterstützende Angebote

Neben den in der Apotheke erhältlichen Nicotinersatzprodukten (siehe Tab. 1) existieren noch weitere evidenzbasierte Unterstützungsstrukturen, von denen Rauchende profitieren können. Qualitätsgesicherte Beratungen sowie mobile Selbsthilfeprogramme eignen sich laut AWMF besonders für die Unterstützung der Rauchentwöhnung [3]. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung beispielsweise bietet unter der kostenfreien Servicenummer 0800 831 3131 eine Telefonberatung zur Rauchentwöhnung an [7]. Ein hilfreiches Suchthilfeverzeichnis führt die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) auf ihrer Homepage. Hier kann für jedes Bundesland aus einer Vielzahl an Suchthilfeangeboten, auch speziell zu Tabak, gewählt werden [8]. Auch internetbasierte Selbsthilfeprogramme (z. B. Apps) und Selbsthilfematerialien können hilfreich auf dem Weg zum Rauchstopp sein [3]. Darüber hinaus sind verhaltenstherapeutische Interventionen sehr gute Behandlungsmöglichkeiten. Solch eine Psychotherapie kann insbesondere bei Personen mit einer hohen Abhängigkeit durch eine Pharmakotherapie (siehe Tab. 1 und 3) ergänzt werden. Während des Beratungsgesprächs in der Apotheke können diese Optionen angesprochen und entsprechende Ansprechstellen mit auf den Weg gegeben werden. Eine Auswahl verschiedener bundesweiter Hilfsstrukturen ist in Tabelle 2 aufgelistet.

Tab. 2: Bundesweite Hilfsangebote für Raucher.
Anbieter
Angebot
Erreichbarkeit
Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA)
Kostenfreie Telefonberatung zur Rauchentwöhnung
Telefonisch unter 0800 831 31 31 (Montag – Donnerstag von 10 – 22 Uhr, Freitag – Sonntag von 10 - 18 Uhr)
Sucht- & Drogen-Hotline
Telefonisch unter 01806 313 031
(rund um die Uhr; 0,20 Euro pro Anruf)
Informationsmaterial, Selbsttests, Betroffenen-Forum sowie hilfreiche Links zu verschiedenen Angeboten
Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen
Suchthilfeverzeichnis
Kassenärztliche Bundesvereinigung
Arzt- und Psychotherapeutensuche
Deutsches Krebsforschungszentrum
Qualifizierte Entwöhnungsprogramme (online und vor Ort)
Tab. 3: Verschreibungspflichtige Arzneimittel für die Behandlung einer Tabakabhängigkeit [3].
Wirkstoff
Substanzklasse
Anmerkung
Bupropion
Antidepressiva
Höchster Empfehlungsgrad; Einsatz nach nicht erfolgreich durchgeführter Nicotinersatztherapie
Vareniclin
Partielle Nicotinrezeptor-Agonisten
Nortriptylin
Antidepressiva
Off-Label-Use, nur wenn zugelassene Therapieformen nicht zum Erfolg geführt haben
Cytisin
Partielle Nicotinrezeptor-Agonisten
Clonidin
α2-Agonisten

Bei bereits ausreichend motivierten Patientinnen und Patienten kann vor Ort eine Beratung zu den verfügbaren Nicotinersatzprodukten erfolgen, sodass unmittelbar mit dem Rauchstopp begonnen werden kann. Hierbei sollte unbedingt auf die jeweiligen Besonderheiten bei der Anwendung hingewiesen werden (siehe Tab. 1). Im Falle einer nicht ausreichenden Wirksamkeit bei starkem Tabakkonsum kann auch die Kombination zweier verschiedener Präparate empfohlen werden. Darüber hinaus sind in Deutschland das Antidepressivum Bupropion und der partielle Nicotinrezeptor-Agonist Vareniclin für diese Indikation zugelassen. Beide sind verschreibungspflichtig, bedürfen also einer vorherigen ärztlichen Abklärung. Diese sollte ohnehin empfohlen werden, wenn bereits eine Therapie mit Nicotinersatzprodukten ohne entsprechenden Erfolg abgeschlossen wurde. Zum Einsatz von elektronischen Zigaretten mit dem Ziel der Rauchentwöhnung existiert übrigens keine ausreichende Evidenz, sodass diese Strategie derzeit nicht zu empfehlen ist (siehe Kasten) [3].

E-Zigaretten – sinnvolles Hilfsmittel für den Rauchstopp?

Derzeit liegen zwar noch zu wenige aussagekräftige Daten für (oder gegen) die Anwendung der E-Zigarette als Rauchentwöhnungsmittel vor, sodass sie laut aktuellem klinischen Konsens nicht zu diesem Zweck angeboten werden sollte [3, 13]. Dennoch hört man immer mal wieder anekdotische Berichte von Personen, bei denen solch ein Gerät tatsächlich den Ausstieg erleichtert oder sogar erst ermöglicht hat. Ob es sich bei den Erfahrungen bloß um zufällige Ereignisse ohne Kausalzusammenhang oder doch um Hinweise auf eine Wirksamkeit der E-Zigaretten handelt, ist allerdings nicht die einzige Frage, die man sich vor ihrem Einsatz stellen sollte. Denn leider fehlen bislang ebenfalls aussagekräftige Daten über ihr Gefährdungspotenzial, insbesondere bei längerfristiger Anwendung. Nach aktuellem Kenntnisstand des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) werden bei bestimmungsgemäßem Gebrauch elektronischer Verdampfer immerhin deutlich geringere Mengen gesundheitsschädlicher Stoffe freigesetzt, als bei gewöhnlichen Zigaretten. Es gibt allerdings auch hier Hinweise auf die Freisetzung karzinogener Stoffe, unter anderem Formaldehyd, Acetaldehyd sowie Acrolein. Die genaue Zusammensetzung der ausgedampften Aerosole ist außerdem von diversen Faktoren abhängig, beispielsweise der Zugintensität, dem jeweiligen Gerät oder auch dem Akku-Füllstand. Was also genau in welcher Menge freigesetzt – und damit aktiv oder passiv eingeatmet – wird, ist zum derzeitigen Stand nicht genau einschätzbar [13].

Eine Frage der Erstattung

Schließlich gehört zu einer vollständigen Beratung auch noch die Frage, mit welchen Kosten man für die medikamentöse Therapie zu rechnen hat. Denn leider zahlt die gesetzliche Krankenversicherung weder die Nicotinersatzprodukte noch die verschreibungspflichtigen Rauchentwöhnungsmittel. Diese Regelung ist in § 34 Absatz 1 Sozialgesetzbuch (SGB) fünftes Buch (V) verankert: Zum einen ist die Kostenübernahme von nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln ausgeschlossen. Hierzu gibt es zwar durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) festgelegte Ausnahmen, diese betreffen allerdings ausschließlich die Therapiestandards für die Behandlung schwerwiegender Erkrankungen [9]. Hierunter fallen gemäß der betreffenden Richtlinie des G-BA nur Erkrankungen, die lebensbedrohlich oder zumindest so schwerwiegend sind, dass sie die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigen [10]. Zum anderen schließt § 34 Abs. 1 SGB V die Kostenübernahme für Arzneimittel explizit aus, „bei deren Anwendung eine Erhöhung der Lebensqualität im Vordergrund steht“. Laut der auf dieses Zitat folgenden Aufzählung von Beispielen fallen in diese „Lifestyle“-Kategorie generell auch Arzneimittel zur Rauchentwöhnung [9]. Daher werden sowohl die Nicotinersatzprodukte als auch die verschreibungspflichtigen Fertigarzneimittel in der Verordnungsausschluss-Liste des G-BA aufgelistet [11]. Und dies trotz der eingangs erwähnten immensen Einbußen an Gesundheit und Lebensjahren sowie der auch hinlänglich bekannten Einstufung der Tabak- und Nicotinabhängigkeit als Suchterkrankung [12]. Einzig für Personen mit einer schweren Tabakabhängigkeit wird im nachfolgenden Absatz des Gesetzes eine Kostenübernahme durch die gesetzliche Krankenversicherung ermöglicht. Einschränkend wird allerdings festgelegt, dass die Versorgung im Rahmen von evidenzbasierten Tabakentwöhnungs-Programmen erfolgen muss und frühestens drei Jahre nach Beendigung einer solchen Behandlung ein weiterer Versuch unternommen werden kann [9]. Auch wenn diese Möglichkeit somit nur für einen Teil der Betroffenen zur Verfügung steht, könnte eine Aufklärung über diese potenzielle Kostenübernahme für manche schweren Raucherinnen und Raucher ein lang ersehnter Lichtblick sein.

Fazit

Das Rauchen von Zigaretten ist und bleibt ein Thema in unserer Gesellschaft. In Anbetracht der vor uns stehenden Teil-Legalisierung von Cannabis könnten sich die negativen Folgen weiterhin intensivieren. Mit nur ein wenig Feingefühl können wir unsere Kundschaft einladen, ihre Gesundheit sowie die ihrer Mitmenschen nicht weiter vermeidbaren Risiken auszusetzen und sie auf ihren Weg in die Rauchfreiheit begleiten. |

Literatur

[1] World Health Organization (WHO). WHO Report on the Global Tobacco Epidemic, 2023. World Health Organization, in: who.int, 31.07.2023, https://iris.who.int/bitstream/handle/10665/372043/9789240077164-eng.pdf?sequence=1, letzter Zugriff am 30.11.2023.

[2] Garcia-Gomez L et al. Smoking cessation treatments: Current psychological and pharmacological options. Rev Invest Clin. 2019;71:7-16.

[3] Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e.V. (AWMF). S3-Leitlinie „Rauchen und Tabakabhängigkeit: Screening, Diagnostik und Behandlung“ Kurzversion, in: awmf.org, Januar 2021, https://register.awmf.org/assets/guidelines/076-006k_S3_Rauchen-_Tabakabhaengigkeit-Screening-Diagnostik-Behandlung_2021-03.pdf, letzter Zugriff am 01.12.2023.

[4] Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e.V. (DHS). Tabak – Zahlen, Daten, Fakten, in: dhs.de, 2023, https://www.dhs.de/suechte/tabak/zahlen-daten-fakten, letzter Zugriff am 30.11.2023.

[5] von Süllberg SJ, Antwerpes F, Messner P. Kognitive Dissonanz, in: flexikon.doccheck.com, 19.11.2014, https://flexikon.doccheck.com/de/Kognitive_Dissonanz, letzter Zugriff am 01.12.2023.

[6] Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Bundesinitiative „Rauchfrei leben“ geht an den Start, in: bzga.de, 27.04.2021, https://www.bzga.de/presse/pressearchiv/pressemitteilungen-2021/2021-04-27-2021-04-27-bundesinitiative-rauchfrei-leben-geht-an-den-start/, letzter Zugriff am 02.12.2023.

[7] Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Bundesinitiative „Rauchfrei leben“ geht an den Start, in: bzga.de, https://www.bzga.de/service/infotelefone/rauchentwoehnung/, letzter Zugriff am 02.12.2023.

[8] Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e.V. (DHS). Suchthilfeverzeichnis, in: dhs.de, https://www.dhs.de/service/suchthilfeverzeichnis, letzter Zugriff am 02.12.2023.

[9] § 34 Das Fünfte Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung – (Artikel 1 des Gesetzes vom 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477, 2482), das zuletzt durch Artikel 9 des Gesetzes vom 16. August 2023 (BGBl. 2023 I Nr. 217) geändert worden ist, in: gesetze-im-internet.de, 16.08.2023, https://www.gesetze-im-internet.de/sgb_5/__34.html, letzter Zugriff am 11.12.2023.

[10] Gemeinsamer Bundesausschuss. § 12 Abs. 3 Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Verordnung von Arzneimitteln in der vertragsärztlichen Versorgung (Arzneimittel-Richtlinie/AM-RL) in der Fassung vom 18. Dezember 2008/22, in: g-ba.de, 27.10.2023, https://www.g-ba.de/richtlinien/3/, letzter Zugriff am 11.12.2023.

[11] Gemeinsamer Bundesausschuss. Anlage II: Verordnungsausschluss von Arzneimitteln zur Erhöhung der Lebensqualität gemäß § 34 Abs. 1 Satz 7 SGB V, in: g-ba.de, 18.08.2023, https://www.g-ba.de/richtlinien/anlage/14/, letzter Zugriff am 11.12.2023.

[12] Küpper SD, May U. Nicotinersatztherapie - Rauchentwöhnung ist kein Lifestyle, in: deutsche-apotheker-zeitung.de, 07.01.2010, https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/daz-az/2010/daz-1-2010/raucherentwoehnung-ist-kein-lifestyle, letzter Zugriff am 11.12.2023.

[13] Bundesinstitut für Risikobewertung. E-Zigaretten – Alles andere als harmlos, in: bfr.bund.de, 11.05.2021, https://www.bfr.bund.de/de/e_zigaretten___alles_andere_als_harmlos-129574.html, letzter Zugriff am 11.12.2023.

Autorin

Jessica Geller, Apothekerin und DAZ-Autorin

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