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Subjekt, Prädikat, Objekt

Warum die Sprachentwicklung bei Vierjährigen einen Sprung macht

Foto: lithiumphoto/AdobeStock

jr | Die meisten Eltern erinnern sich an das erste Wort, das ihr Kind gesprochen hat. Mit dem ersten Satz sieht es da ganz anders aus. Kaum ein Vater oder eine Mutter kann sich an diesen Meilenstein in der Sprachentwicklung erinnern. Im Alter von vier Jahren fangen viele Kinder an, komplexe Sätze und verschachtelte Grammatik zu verstehen und selbst zu benutzen. Was passiert im Gehirn Vierjähriger, das diesen Entwicklungsschub in der Sprache verursacht? Um das herauszufinden haben Forscher am Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften in Leipzig getestet, wie gut drei- und vierjährige Kinder komplexe Satzkonstruktionen verstehen und anwenden konnten. Im Magnetresonanztomographen wurde die Dicke und Fläche relevanter Hirnareale berechnet, um Rückschlüsse auf den sprachlichen Entwicklungsstand des Kindes zu ziehen. Es stellte sich heraus, dass bei Dreijährigen die Satzproduktion mit der Größe des Sulcus temporalis superior (STS) asso­ziiert war. Diese Furche in der Großhirnrinde ist zum Beispiel wichtig für die Unterscheidung zwischen Sprache und Umgebungsgeräuschen. Bei den Vierjährigen hingegen waren die Ausmaße des Broca-Areals mit den Sprachfähigkeiten verknüpft. Das Broca-Areal ist das motorische Sprachzentrum und essenziell für gramma­tikalische Aspekte des gesprochenen und geschriebenen Wortes, auch noch im Erwachsenenalter. Indem diese ­Region in der Großhirnrinde heranreift, beherrschen die Kinder das Verwenden von Passivsätzen, das Bilden von Nebensätzen und andere komplexe Grammatikregeln. „Erkenntnisse wie diese ermöglichen auch ein besseres Verständnis für Entwicklungsver­zögerungen oder sogar Störungen im Spracherwerb“, konkludierten die Forscher. Je mehr über die regu­läre Sprachentwicklung bekannt sei, desto besser lässt sich Kindern helfen, die Probleme dabei haben. |

Literatur

Klein CC et al. Children’s syntax is supported by the maturation of BA44 at 4 years, but of the posterior STS at 3 years of age. Cerebral Cortex, 2022, doi: 10.1093/cercor/bhac430

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