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Protest und konstruktive Vorschläge

Thomas Müller-Bohn, Redakteur der DAZ

Wenn diese DAZ erscheint, hat der erste Protesttag der ABDA in diesem November stattgefunden. Hoffentlich geht dann von der Demonstration in Hannover und den Apothekenschließungen im ganzen Norden ein deutliches Signal an die Politik in Berlin aus. Als hilfreich könnte sich dabei erweisen, dass derzeit auch andere Heilberufler gegen die Politik aus dem Bundes­gesundheitsministerium protestieren. Am Mittwoch voriger Woche demonstrierten die Gesundheitsberufe gemeinsam in Erfurt. In dieser Woche soll es noch vor dem Erscheinen dieser DAZ eine Demonstration in Schwerin geben. Gesundheitsminister Lauterbach fordert offenbar alle Heilberufler zum Protest heraus. Die Gründe unterscheiden sich in Details, aber der Tenor ist überall gleich. Bewährte Strukturen werden kaputtgespart. Dann folgen Ideen, die nicht ausreichen – beispielsweise bei den Lieferengpässen – oder nicht um­gesetzt werden – beispielsweise bei der Krankenhausfinanzierung. Die Betroffenen befürchten, dass die angekündigten Vorhaltepauschalen erst eingeführt werden, wenn viele Krankenhäuser schon insolvent sind. Letztlich fehlt überall Geld, aber es soll sogar neue Leistungen geben, beispielsweise Gesundheitskioske. Das alles kann so nicht gelingen. Wenn die Gesundheitsversorgung die hohe Priorität für die Gesellschaft hat, die Politiker aller Couleur in ihren Reden stets beteuern, dann braucht das System in einer Inflation mehr Geld. Ebenso logisch ist, dass ein System, dessen Honorierung nicht regelmäßig (oder überhaupt nicht) an steigende Kosten angepasst wird, in einer Inflation einen besonders großen Nachholbedarf hat. Darum sind die Apotheken so stark betroffen und brauchen sogar mehr Geld als andere. Hier gilt es immer wieder daran zu erinnern, dass das Kombimodell 2004 bewusst eingeführt wurde, damit die Apotheken nicht „automatisch“ an den strukturell steigenden Arzneimittelpreisen „mit verdienen“. Da dieses System also keine eigene Dynamik hat, muss es ein geregeltes Verfahren geben, um die Kostenentwicklung zu berücksichtigen – aber das fehlt bis heute.

Die Pläne, die Lauterbach bisher verbreitet hat, gehen daran vorbei. Sie würden sogar neue Probleme aufwerfen und alles noch schlimmer machen. Mit etwas Mühe lassen sich darin aber auch Ansätze finden, die konstruktiv weiterentwickelt werden könnten. Vorige Woche ist dazu ein erster Teil einer Analyse erschienen, der die Probleme, aber auch neue Optionen aufzeigt. In diesem Heft auf Seite 24 folgt der zweite Teil, der über Lauterbachs Pläne hinausgeht. Zum Notdienst, zu Zweigapotheken, zur Rezeptabrechnung und zum Umgang mit Hochpreisern gibt es demnach Ideen, die kein zusätzliches Geld erfordern und sich anbieten, um mit dem Ministerium ins Gespräch zu kommen. Das sollte den Weg öffnen, um dann auch die unverzichtbare Honorarerhöhung anzugehen. Dabei muss sich der Blick in die Zukunft richten. Nicht die Betriebsergebnisse von gestern, sondern die nötigen Gehälter von morgen müssen der Maßstab sein. Für diesen Weg ist beides nötig – deutlicher Protest und konstruktive Vorschläge. Die Analyse in diesem Heft soll ein Beitrag dazu sein.

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