Aus der Hochschule

Wie Pharmaziestudium und industrielle Praxis voneinander profitieren können

Studenten der Universität Münster besuchen die Dr. Willmar Schwabe GmbH

Was wäre theoretisches Lernen ohne zu sehen, wie die Praxis funktioniert? Was wäre ein Pharmaziestudium ohne Exkursionen? Wo sind die Schnittstellen zwischen akademischem Lernen und industrieller Produktion? Was macht eigentlich ein Industrieapotheker? Diese Fragen beschäftigten 49 Studierende der Pharmazie der Universität Münster am 12. Oktober 2023 im Rahmen einer Industrieexkursion zur Firma Dr. Willmar Schwabe GmbH & Co. KG in Karlsruhe.

Gerne sind Studierende und Dozenten unter Leitung von Prof. Dr. Andreas Hensel vom Institut für Pharmazeu­tische Biologie und Phytochemie der Einladung zu einer hochkarätigen wissenschaftlichen Vortrags-, Diskussions- und Besichtigungsveran­staltung gefolgt. Die Gruppe machte sich am Vortag aus Münster auf den Weg ins Badische, um in gemütlicher Runde das abendliche Karlsruhe und auch ein wenig das Nachtleben kennenzulernen.

Foto: Universität Münster
Pharmaziestudierende der Universität Münster besuchten Dr. Willmar Schwabe in Karlsruhe im Rahmen einer Industrieexkursion.
 

Am nächsten Morgen startete die Veranstaltung mit einer kurzen Vorstellung des Unternehmens. Es wurden ausführlich die teilweise recht komplexen Probleme der Zulassung und Qualität von Phytopharmaka erörtert. Ein intensiver Diskussionspunkt war die Frage nach zukünftigen Innovationen und welche Möglichkeiten bestehen, die restriktiven Anforderungen für Phyto-Neuzulassungen zu erfüllen, um nicht ausschließlich auf dem Sektor der traditionellen Registrierungen zu verharren. Dass auch Qualitäts­sicherungsaspekte durchaus trickreich und anspruchsvoll sein können wurde anhand von aktuellen Verfälschungsproblematiken bei Ginkgo-Extrakten aus dem wenig kontrollierten Weltmarkt dargestellt.

In einem weiteren Vortrags- und Diskussionsblock wurden Aufgabe und Funktion der präklinischen und klinischen Forschung in der Phytopharmaka­industrie präsentiert und diskutiert, wobei die Bearbeitung dieser Themenfelder mit aussagekräftigen Datensätzen zur Evidenz rationaler Phytotherapeutika durch die Firma Schwabe als Vertreter der forschenden Pharma­industrie von allen Beteiligten hervorgehoben wurde. Intensiv wurde die Frage nach Qualitätsunterschieden generischer Produkte im Vergleich mit Originalpräparaten diskutiert. Nach dem theoretischem Block stand eine Besichtigung der Labore der analytischen Entwicklung, der präklinischen Forschung (Phytochemie und Pharmakologie) sowie der galenischen Entwicklung in Kleingruppen an, wobei durchaus von einigen Studierenden der Vergleich mit den studentischen Praktikumsräumen gezogen wurde – klar, Drogenanalytik, Naturstoffchemie, analytische Methoden, Arzneimittelentwicklung und -prüfung wird auch im Pharmaziestudium gelehrt. Schön, dass die Studierenden sehen, dass die instrumentellen Techniken und Methoden aus dem Studium in der industriellen Praxis wieder auftauchen – so ganz praxisfern scheint das Studium dann doch wohl nicht zu sein?

Es erfolgte dann die Einführung in die Praxis der Ginkgoextrakt-Herstellung in der Extracta-Produktionsanlage vor Ort. Beeindruckend für alle waren die Dimensionen der eingesetzten Technologien und die Effizienz, um viele Tonnen Blattmaterial schnell und sicher zu einem qualitativ hochwertigen Produkt zu machen. Am Ende der Veranstaltung stand noch eine kurze Präsentation und Diskussion zum Berufsbild der Apothekerinnen und Apotheker in der Pharmaindustrie an, wobei die Bedeutung dieses Berufsstandes in allen Bereichen der Industrie vermittelt wurde. Dass der überwiegende Teil der Industrieapotheker den naturwissenschaftlichen Doktortitel tragen, sollte nichtpromovierte Pharmazeuten ausdrücklich nicht davon abhalten, sich in der Industrie zu bewerben.

Professor Hensel dankte im Namen der Gruppe allen Beteiligten der Firma Schwabe sehr herzlich für die Gastfreundschaft, die tolle Bewirtung und für die wissenschaftlich sehr fruchtbaren Exkursions­tage. Alle waren sich einig: Exkursionen machen Spaß und vertiefen die Lernziele hervorragend!

Und wenn dann noch klar wird, dass moderne Phytopharmaka rationale, gut dokumentierte Arzneimittel mit hohem Qualitätsstatus sind, dann sollte das ein Ansporn für jeden pharmazeutisch-bio­logisch interessierten Pharmazeuten sein, in diesem Bereich weiter intensiv zu arbeiten, zu forschen, zu lehren und zu produzieren. |

Prof. Dr. Andreas Hensel, Geschäftsführender Direktor der Universität Münster

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