DAZ aktuell

Mehr Flexibilität bei Kinderarzneimitteln

Wie die Versorgung mit Arzneimitteln der Dringlichkeitsliste sichergestellt werden soll

ks | Die Austauschregeln für den Fall, dass ein Arzneimittel nicht verfügbar ist, sollen bei dringlichen Kinderarzneimitteln noch flexibler werden. Das sieht ein jetzt vorliegender Änderungsantrag der Regierungsfraktionen zum Pflegestudium­stärkungsgesetz vor.

Am 14. September hatte sich Bundes­gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) mit Vertreterinnen und Vertretern von Apotheker- und Ärzteschaft sowie der Pharmaindustrie getroffen, um einen Plan für die kommende Infektionssaison zu fassen – heraus­gekommen ist der „5-Punkte-Plan zur Sicherung der Versorgung mit Kinderarzneimitteln im Herbst/Winter 2023/24“. Darin hieß es unter anderem: „Der Austausch von Kinderarzneimitteln der Dringlichkeitsliste wird aus­geweitet und weiter erleichtert. Für die Herstellung von Rezepturen und für den Austausch der Darreichungsform wird bei diesen Kinderarzneimitteln eine Retaxation ausgeschlossen.“

Nun zeichnet sich auch ab, wie die flexibleren Austauschregeln gesetzlich fixiert werden sollen. Technisch geschieht dies über einen Änderungs­antrag zum Pflegestudiumstärkungsgesetz, das in der vergangenen Woche bereits in erster Lesung im Bundestag beraten wurde. Diese Woche Mittwoch – also nach Redaktionsschluss dieser DAZ und genau zu der Zeit, da in Düsseldorf der Deutsche Apothekertag eröffnet wurde – fand im Gesundheitsausschuss des Bundestages die öffent­liche Anhörung zum Gesetzentwurf statt. Auch die ABDA war geladen, um zu den neu geplanten Regelungen Stellung zu beziehen. Die abschließende Lesung im Bundestag könnte zeitnah danach erfolgen.

Inhaltlich ist eine erneute Erweiterung des für die Apotheken zentralen § 129 Sozialgesetzbuch V (SGB V) vorgesehen. Die Norm bekam zum 1. August dieses Jahres einen neuen Absatz 2a, der die aus der Pandemie bekannten, aber temporär angelegten Regeln in etwas abgewandelter Form gesetzlich verstetigte. Nun soll noch ein Absatz 2b eingefügt werden.

Laut Änderungsantrag sollen nicht verfügbare Arzneimittel der „Dringlichkeitsliste Kinderarzneimittel“ (in der jeweils geltenden Fassung, veröffentlicht auf der BfArM-Webseite) abweichend von den allgemeinen gesetzliche und rahmenvertraglichen Austauschregeln ausgetauscht werden können gegen

  • ein wirkstoffgleiches in der Apotheke hergestelltes Arzneimittel,
  • auch in einer anderen Darreichungsform,
  • oder gegen ein wirkstoffgleiches Fertigarzneimittel in einer anderen Darreichungsform ohne Rücksprache mit dem verordnenden Arzt.

Dabei gilt wie bei allen anderen ausgetauschten nicht lieferbaren Arzneimitteln: Nichtverfügbarkeit liegt vor, wenn das Arzneimittel trotz zwei Anfragen beim Großhandel nicht in angemessener Zeit zu beschaffen ist (ein Großhandel reicht, wenn die Apotheke nur von einem vollversorgenden Großhändler beliefert wird).

Klargestellt wird überdies: Auch in diesen Fällen ist eine Retaxation durch die Krankenkasse ausgeschlossen – der mit dem ALBVVG neu eingeführte Absatz 4d des § 129 SGB V wird entsprechend ergänzt.

Und damit das Ganze auch für Privatversicherte, Selbstzahler und Beihilfeempfänger funktioniert, wird auch in der Apothekenbetriebsordnung eine entsprechende Regelung eingefügt (§ 17 Abs. 5c (neu) ApBetrO).

Flankierend gibt es auch mehr Flexibilität und Regressschutz für die verordnenden Ärztinnen und Ärzte. Mit Blick auf sie wird § 106b SGB V um einen neuen Absatz ergänzt. Demnach gelten Verordnungen von Arzneimitteln der „Dringlichkeitsliste Kinderarzneimittel“ als nicht unwirtschaftlich. Ausgeschlossen werden sollen ins­besondere die Fälle, in denen beispielsweise teurere Fertigarzneimittel oder Rezepturarzneimittel verordnet werden. |

Engpässe sind Chefsache!

Dem Vorsitzenden des Apothekerverbands Nordrhein (AVNR), Thomas Preis, und dem Präsidenten der Apothekerkammer Nordrhein (AKNR), Armin Hoffmann, sind nach den letzten Vorwürfen von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD), Apotheken würden bei den Lieferengpässen Panik­mache betreiben und Eltern sowie Kinder verunsichern, der Geduldsfaden gerissen. AVNR und AKNR haben daher den in der Apothekertags-Woche geplanten Protest mit einer Kampagne in der „Bild“-Zeitung verstärkt. Montag, Dienstag und Freitag liefen bzw. laufen in den Ausgaben an Rhein und Ruhr Anzeigen, die sich direkt an Olaf Scholz (SPD) wenden. Zu lesen ist: „Herr Bundeskanzler, 1,5 Mio. Menschen sind täglich von Medikamenten-Engpässen betroffen. Das ist Chefsache!“ Im weiteren Anzeigentext wird darauf hingewiesen: „In Deutschland fehlen mehrere tausend Medikamente. Das sind 150% mehr als vor fünf Jahren. Apotheken und ihre Teams kämpfen täglich am Limit, um die Versorgung ihrer Patienten sicherzustellen. Unterstützen Sie die Apotheken jetzt!“ Die Anzeige schließt mit der Forderung: „Gegen den Medikamentenmangel. Für eine bessere Patientenversorgung. Jetzt Apotheken stärken!“ Die Absenderkennung ist mit „Ihre Apotheken vor Ort“ und dem Apotheken-A allgemein gehalten, sodass Apotheken bundesweit das Anzeigenmotiv nutzen können. Unter www.av-nr.de und www.aknr.de kann es im Plakat- und Handzettel­format heruntergeladen werden.

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