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Medizin
Überall Thrombosen
Antiphospholipid-Syndrom: Wenn Immun- und Blutgerinnungssystem interagieren
Das Antiphospholipid-Syndrom (APS), auch als Hughes-Syndrom oder Cardiolipin-Antikörper-Syndrom bezeichnet, ist eine systemische Autoimmunerkrankung, die dadurch gekennzeichnet ist, dass der Organismus Antikörper bildet, die gegen körpereigene, an Phospholipide gebundene Proteine gerichtet sind [1 – 3]. Daraufhin kommt es zu einer erhöhten Gerinnungsneigung und somit zu vermehrten Thrombosen, unter Umständen mit ischämischen Folgen [1 – 3]. Von einem APS sind zwischen 40 und 50 Personen pro 100.000 Einwohner betroffen; rund fünf Personen erkranken jährlich neu daran. Das mittlere Alter bei der Diagnose beträgt 31 Jahre, das heißt, das Antiphospholipid-Syndrom ist eine Erkrankung des mittleren bis jüngeren Erwachsenenalters, wobei Frauen zwischen vier- und siebenmal häufiger betroffen sind als Männer [3, 4]. Man unterscheidet zwischen primärem und sekundärem Antiphospholipid-Syndrom.
Bei der primären Form ist keine andere Grunderkrankung nachweisbar, was bei rund der Hälfte der Patienten der Fall ist [3]. Die sekundäre Form kann hingegen auf Vorerkrankungen wie systemischen Lupus erythematodes (häufig), rheumatoide Arthritis, verschiedene maligne Neoplasien oder Infektionen (z. B. HI-Virus, Hepatitis B, Sepsis, Malaria) zurückgeführt werden [2, 3]. Bestimmte Arzneimittel wie Östrogene, Chlorpromazin oder Propranolol und Nicotin-Missbrauch können ebenfalls ein Antiphospholipid-Syndrom verursachen [2].
Was ist über die Pathogenese bekannt?
Bis vor Kurzem war unklar, welche Faktoren für die Krankheitsentstehung verantwortlich sind. Im März 2021 wurde von einem Forscherteam um Prof. Dr. Wolfram Ruf, Wissenschaftlicher Direktor des Zentrums für Thrombose und Hämostase (CTH) an der Universitätsmedizin Mainz, eine bisher unbekannte Interaktion zwischen Immun- und Blutgerinnungssystem entdeckt [5, 6]. Demnach werden alle krankheitsauslösenden Effekte des APS primär durch die Bindung von Antiphospholipid-Antikörpern (aPL) wie Lupus-Antikoagulans, Anti-Cardiolipin-Antikörper oder Anti-β2-Glykoprotein-I-Antikörper an den Protein-Lipid-Komplex aus dem Endothel-Protein-C-Rezeptor (EPCR) und der Lysobisphosphatidsäure (LBPA) in den Blutgefäßen hervorgerufen [5, 6]. Binden die Antiphospholipid-Antikörper an diesen EPCR-LBPA-Komplex, werden dadurch mehrere zelluläre Prozesse aktiviert, die zu einer verstärkten Blutgerinnung ebenso wie zur Produktion des Botenstoffs Interferon-α führen. In der Folge vermehren sich die B-Lymphozyten, die neue Antiphospholipid-Antikörper produzieren und so die Autoimmunreaktion weiter fördern [5, 6] (Abb. 1).
Klinische Manifestation des Antiphospholipid-Syndroms
Eine Besonderheit des Antiphospholipid-Syndroms besteht darin, dass thromboembolische Ereignisse sowohl im venösen als auch im arteriellen System auftreten können [4]. Je nachdem, welches Gewebe oder Organ betroffen ist, können die Patientinnen und Patienten daher auch sehr unterschiedliche Symptome bzw. Folgeerkrankungen aufweisen (Abb. 2). Hierzu gehören unter anderem [3, 4]:
- Herz: Myokardinfarkt, Kardiomyopathie
- ZNS: ischämischer Schlaganfall, transitorische ischämische Attacke, Krampfanfälle, Migräne, Sinusvenenthrombose
- Lunge: Lungenarterienembolie
- Nieren: Niereninfarkt, Niereninsuffizienz, renaler Hypertonus
- Haut: Ulzera, Livedo racemosa (netzförmige, violett-zyanotische, gesprenkelte Verfärbung der Haut aufgrund einer gestörten Hautdurchblutung), sekundäres Raynaud-Syndrom (anfallsweises Erblassen oder zyanotisches Verfärben der Finger oder Zehen mit Taubheitsgefühl als Folge von krampfartigen Verengungen der Blutgefäße)
- Augen: Amaurosis fugax (plötzlicher, meist einseitiger Sehverlust von kurzer Dauer)
Darüber hinaus leiden Frauen mit Antiphospholipid-Syndrom vermehrt unter Schwangerschaftskomplikationen wie Plazentainsuffizienz, Präeklampsie (Bluthochdruck, Ödembildung und Eiweißausscheidung über den Urin) sowie wiederholten Spontanaborten.
Wie wird das Antiphospholipid-Syndrom diagnostiziert?
Die klinischen Symptome allein ermöglichen keine eindeutige Diagnose, da sie zu unspezifisch sind. Daher spielen Laboruntersuchungen hier eine sehr wichtige Rolle. Die Diagnostik basiert auf den überarbeiteten Sapporo-Klassifikationskriterien [2]. Dabei wird die Diagnose Antiphospholipid-Syndrom gestellt, wenn mindestens ein klinisches Kriterium (z. B. Auftreten von Thromboembolien oder Schwangerschaftskomplikationen) und ein Laborkriterium der in Tabelle 1 aufgeführten Kriterien erfüllt sind [7].
Was die serologischen Untersuchungen betrifft, werden Lupus-Antikoagulanzien durch Gerinnungstests identifiziert, wobei zunächst die Phospholipid-abhängige Gerinnungszeit bestimmt wird (Screening-Test) und anschließend bei deren Verlängerung das Vorhandensein eines Inhibitors bestätigt und ein Gerinnungsfaktormangel ausgeschlossen wird (Mischtest) [8]. In einem dritten Schritt wird bestätigt, dass der Inhibitor Phospholipid-abhängig ist (Bestätigungstest). Anti-Cardiolipin-Antikörper und Anti-ß2-Glykoprotein-l-Antikörper werden hingegen durch immunologische Verfahren identifiziert, wobei meist ein Enzyme-Linked Immunosorbent Assay (ELISA-Test) oder ein Chemilumineszenz-Assay eingesetzt wird [8].
Welche Therapieoptionen gibt es?
Da es bisher keine Wirkstoffe gibt, die die Bildung der Antiphospholipid-Antikörper hemmen oder ihre Wirkung blockieren, ist eine ursächliche Behandlung bzw. eine Heilung noch nicht möglich. Die Therapie zielt daher darauf ab, die Bildung von Thrombosen zu verhindern (Primär- bzw. Sekundärprophylaxe) oder bereits bestehende Thrombosen aufzulösen (Akuttherapie). Dabei können verschiedene gerinnungshemmende Wirkstoffe eingesetzt werden. Hierzu gehören Antikoagulanzien, die die Bildung oder Wirkung der Gerinnungsfaktoren hemmen, und Thrombozytenaggregationshemmer, die die Verklumpung der Blutplättchen verhindern [9 – 13]:
- Vitamin-K-Antagonisten (VKA) hemmen indirekt die Blutgerinnung, indem sie als „Gegenspieler“ des für die Gerinnung notwendigen Vitamin K wirken. Dadurch greifen sie in die Synthese der Gerinnungsfaktoren II (Prothrombin), VII, IX und X ein. Oral anwendbare Vitamin-K-Antagonisten wie Phenprocoumon und Warfarin, die beim Antiphospholipid-Syndrom indiziert sind, dürfen nicht bei schwangeren Frauen eingesetzt werden, da sie das Ungeborene schädigen können.
- Direkte orale Antikoagulanzien (DOAK), auch als neue orale Antikoagulanzien oder nicht-Vitamin-K-abhängige Antikoagulanzien (NOAK) bezeichnet, hemmen die Blutgerinnungsfaktoren Xa oder IIa (Thrombin) direkt. Dadurch wirken sie schneller antikoagulierend als Vitamin-K-Antagonisten. Direkte orale Antikoagulanzien wie Apixaban, Edoxaban, und Rivaroxaban (Faktor-Xa-Inhibitoren) sowie Dabigatran (Thrombin-Inhibitor) sind in der Schwangerschaft ebenfalls kontraindiziert.
- Heparine sind ein heterogenes Gemisch aus Polysacchariden. Sie binden an Antithrombin, wodurch sich dessen Konformation ändert, sodass der endogene Serinprotease-Inhibitor bis zu 1000-mal schneller mit seinen Substraten interagieren kann. Zudem katalysieren Heparine die Inaktivierung zahlreicher Gerinnungsfaktoren bzw. Enzyme. Da die Wirkung der subkutan injizierten Heparine sehr schnell eintritt, werden sie häufig zur Akutbehandlung von Thrombosen eingesetzt.
- Thrombozytenaggregationshemmer wie Acetylsalicylsäure und Clopidogrel verhindern über verschiedene Wirkmechanismen die Aktivierung und damit die Aggregation der Thrombozyten.
Der Therapieerfolg wird über die Bestimmung der International Normalized Ratio (INR-Wert) kontrolliert, ein Maß dafür, wie schnell das Blut im Vergleich zum Normalwert gerinnt. Welche gerinnungshemmenden Wirkstoffe jeweils eingesetzt werden, hängt von der individuellen Therapiesituation ab (Akutsituation oder langfristige Primär- oder Sekundärprävention). Besondere Situationen sind die Therapie in der Schwangerschaft sowie die Behandlung des sogenannten katastrophalen Antiphospholipid-Syndroms [4].
Akuttherapie
Hier wird die betroffene Patientin bzw. der Patient gemäß den Leitlinien für das jeweilige thromboembolische Ereignis behandelt, also z. B. entsprechend den Empfehlungen bei Phlebothrombose, Lungenembolie, Myokardinfarkt oder Schlaganfall [3]. Aufgrund ihres raschen Wirkeintritts werden bei der Akuttherapie häufig subkutan injizierte Heparine eingesetzt.
Primärprävention
Die European League Against Rheumatism (EULAR) empfiehlt Patientinnen und Patienten, bei denen bisher keine Symptome aufgetreten sind, die aber ein Hochrisiko-aPL-Profil (s. Tab. 1) aufweisen, primärprophylaktisch mit niedrig dosierter Acetylsalicylsäure zu behandeln [14]. Bei Niedrigrisiko-aPL-Profil und systemischem Lupus erythematodes sollte eine solche Behandlung zumindest in Betracht gezogen werden. Nicht schwangeren Frauen mit der Anamnese eines rein geburtshilflichen APS (mit oder ohne Lupus erythematodes) wird nach angemessener Risiko-Nutzen-Bewertung ebenfalls eine prophylaktische Behandlung mit niedrig dosierter Acetylsalicylsäure empfohlen.
Antiphospholipidsyndrom – Klassifikationskriterien | ||
klinische Kriterien | Thrombosen | mindestens eine bildgebend oder histopathologisch bestätigte venöse, arterielle oder mikrozirkuläre Thrombose (bei histologischem Nachweis Ausschluss relevanter Entzündungsreaktionen) |
Schwangerschaftskomplikationen | ungeklärter Tod eines morphologisch unauffälligen Fetus ab der 10. SSW | |
≥ eine Geburt vor der 34. SSW aufgrund Eklampsie, schwerer Präeklampsie oder Plazentainsuffizienz | ||
≥ drei Spontanaborte vor der 10. SSW ohne chromosomale, anatomische oder hormonelle Ursachen | ||
Laborkriterien Die Antiphospholipid-Antikörper müssen mindestens zweimal nachgewiesen sein im Abstand von mindestens zwölf Wochen und höchstens fünf Jahren. | Lupus-Antikoagulans (LA) | Nachweis im Plasma nach den Richtlinien der International Society on Thrombosis and Haemostasis |
Anticardiolipin-Antikörper (aCL) | IgG- oder IgM-aCL (> 40 GPL/MPL units oder > 99. Perzentile) | |
Anti-β2-Glykoprotein-I-Antikörper (aβ2GPI) | IgG- oder IgM-aβ2GPI (> 99. Perzentile) | |
Antiphospholipid-Antikörper(aPL)-Risikoprofile | ||
Hochrisikoprofil: | Nachweis von Lupus-Antikoagulans | |
aPL-Double-Positivität (jede Kombination von LA, aCL oder aβ2GPI) | ||
aPL-Triple-Positivität | ||
persistierend hohe apL-Titer | ||
Niedrigrisikoprofil: | isolierte Anticardiolipin-Antikörper oder aβ2GPI mit niedrigen bis mittleren Titern, insbesondere bei nur passagerem Nachweis |
Sekundärprävention
Hier müssen laut Empfehlungen der EULAR verschiedene Fälle unterschieden werden [1, 14]:
- nachgewiesenes Antiphospholipid-Syndrom und erste Venenthrombose: Diese Patienten sollten eine Prophylaxe mit einem Vitamin-K-Antagonisten erhalten, wobei der INR-Zielwert 2,0 bis 3,0 beträgt. Rivaroxaban sollte bei Hochrisiko-Patienten, bei denen alle drei Antiphospholipid-Autoantikörper nachweisbar sind (Dreifach-aPL-Positivität), hingegen nicht eingesetzt werden, da hier das Risiko für eine rezidivierende Thrombose zu hoch ist. Die Sekundärprävention mit DOAKs kann in Betracht gezogen werden, wenn unter einem Vitamin-K-Antagonisten der INR-Zielwert trotz guter Therapieadhärenz nicht erreicht werden kann oder Kontraindikationen vorliegen.
- nachgewiesenes APS und rezidivierende Venenthrombose trotz VKA-Therapie bei einem INR-Zielwert von 2,0 bis 3,0: Bei diesen Patientinnen und Patienten sollte die VKA-Einstellung überprüft werden, einschließlich einer Aufklärung über Therapieadhärenz und häufiger INR-Bestimmungen. Zudem kommen eine zusätzliche Gabe von niedrig dosierter Acetylsalicylsäure und eine Anhebung des INR-Zielwerts auf 3,0 bis 4,0 oder eine Umstellung der Therapie auf niedermolekulares Heparin in Betracht, wenn der INR-Zielwert von 2,0 bis 3,0 zum Zeitpunkt der Thrombose erreicht war.
- nachgewiesenes Antiphospholipid-Syndrom und erste arterielle Thrombose: Hier wird ebenfalls eine Antikoagulation mit einem Vitamin-K-Antagonisten empfohlen. Dabei sollte der VKA (gegebenenfalls plus niedrigdosierte Acetylsalicylsäure) gegeben werden, bis ein INR-Wert von 2,0 bis 3,0 bzw. 3,0 bis 4,0 erreicht ist − je nach individuellem Blutungs- bzw. Thromboembolierisiko. Auch hier gilt, dass Rivaroxaban bei Dreifach-aPL-Positivität nicht eingesetzt werden sollte. Aufgrund der aktuellen Studiendaten wird der Einsatz von DOAKs beim Antiphospholipid-Syndrom und arteriellen Ereignissen wegen des hohen Risikos für Thromboserezidive nicht empfohlen [4].
- rezidivierende arterielle Thrombose trotz adäquater Behandlung mit einem VKA: Nach Bewertung anderer möglicher Ursachen für das Versagen der Therapie, kann eine Erhöhung des INR-Zielwerts auf 3,0 bis 4,0, die zusätzliche Gabe von niedrigdosierter Acetylsalicylsäure oder die Umstellung auf niedermolekulares Heparin in Betracht gezogen werden.
Antiphospholipid-Syndrom in der Schwangerschaft
Bei schwangeren Frauen mit Hochrisiko-aPL-Profil, aber ohne Thrombosen oder Schwangerschaftskomplikationen in der Anamnese sollte gemäß den Leitlinien der EULAR eine Behandlung mit niedrig dosierter Acetylsalicylsäure während der Schwangerschaft in Betracht gezogen werden [14]. Bei Frauen mit Schwangerschaftskomplikationen infolge eines APS, aber ohne thrombotische Ereignisse in der Anamnese wird – je nach Begleitumständen – empfohlen, prophylaktisch niedrigdosierte Acetylsalicylsäure allein oder eine Kombination aus niedrigdosierter Acetylsalicylsäure plus Heparin zu geben [14]. Bei APS-Patientinnen mit Thromboembolien in der Anamnese ist die kombinierte Gabe von niedrigdosierter Acetylsalicylsäure und Heparin in therapeutischer Dosierung während der Schwangerschaft erforderlich [14].
Katastrophales Antiphospholipid-Syndrom
Hierbei handelt es sich um eine Sonderform des APS, bei der Thrombosen in mindestens drei Organen vorliegen, wobei häufig Herz, Niere und Lunge betroffen sind [3]. Hier empfiehlt die EULAR eine rasche Behandlung von Infektionen durch den frühzeitigen Einsatz entsprechender Arzneimittel [14]. Zudem sollten Unterbrechungen der Antikoagulation sowie zu niedrige INR-Spiegel vermieden werden. Für die Erstlinien-Behandlung wird eine Kombinationstherapie mit Glucocorticoiden, Heparin und Plasmaaustausch oder intravenösen Immunglobulinen empfohlen [14]. Bei Patientinnen und Patienten, die demgegenüber refraktär sind, kann eine Anti-B-Zelltherapie mit Rituximab oder eine Komplementhemmung mit Eculizumab erwogen werden [14].
Welche Therapien könnten in Zukunft eingesetzt werden?
Eine Alternative für die Behandlung des Antiphospholipid-Syndroms könnte in Zukunft Belimumab (Benlysta®) sein − ein Inhibitor des B-Zell aktivierenden Faktors (BAFF). Fallberichte deuten darauf hin, dass die Behandlung mit dem monoklonalen Antikörper in Kombination mit Hydroxychloroquin zur Stabilisierung der INR-Werte und auch zu klinischen Verbesserungen führte. Zudem konnten die aPL-Serumspiegel unter Belimumab gesenkt werden [15 – 17]. In der offenen, prospektiven Phase-II-Pilotstudie BLAST werden derzeit die Sicherheit und Verträglichkeit von Belimumab bei einer 24-monatigen Behandlung von Patientinnen und Patienten untersucht, die anhaltend aPL-positiv sind, klinische Merkmale aufweisen, die auf aPL zurückzuführen sind, und gegen Warfarin und/oder Heparin resistent sind [18].
Der oben beschriebene, neu entdeckte Mechanismus der APS-Pathogenese bietet ebenfalls eine Option für einen vielversprechenden Behandlungsansatz. So gelang es den Wissenschaftlern im Rahmen ihrer Studie, einen Antikörper zu identifizieren, mit dem der EPCR-LBPA-Komplex, der als wesentlicher Faktor bei der Entstehung des Antiphospholipid-Syndroms gilt, im Tiermodell so blockiert werden konnte, dass die pathogenen Effekte der Antiphospholipid-Antikörper verhindert wurden und die Autoimmunreaktion ausblieb [5, 6].
Auf einen Blick
- Das Antiphospholipid-Syndrom ist eine systemische Autoimmunerkrankung, die zu vermehrten Thrombosen führt und Schwangerschaftskomplikationen verursachen kann.
- Bei der Pathogenese spielt die Bindung von Antiphospholipid-Antikörpern an den Protein-Lipid-Komplex aus EPCR und LBPA eine entscheidende Rolle.
- Klinisch manifestiert sich das APS − je nach betroffenem Organ oder Gewebe − z. B. als Kardiomyopathie oder Herzinfarkt, Migräne oder Schlaganfall, Niereninsuffizienz, Lungenarterienembolie oder vorübergehender Sehverlust.
- Die Diagnose wird auf Basis der klinischen Symptomatik sowie dem serologischen Nachweis von Antiphospholipid-Antikörpern gestellt.
- Zur Therapie werden gerinnungshemmende Substanzen eingesetzt: Antikoagulanzien (Vitamin-K-Antagonisten, direkte orale Antikoagulanzien oder Heparine), Thrombozytenaggregationshemmer (z. B. Acetylsalicylsäure).
- Derzeit wird der monoklonale Antikörper Belimumab auf seine Eignung als Therapiealternative untersucht. Auch der Mechanismus bei der Pathogenese der Erkrankung könnte einen Ansatzpunkt für eine neuartige Behandlung bieten.
- Beim primären Antiphospholipid-Syndrom ist die Prognose gut und die Lebenserwartung kaum verkürzt, wenn das Therapiemanagement adäquat durchgeführt wird. Bei der sekundären Form hängt die Prognose von der jeweiligen Grunderkrankung ab.
Wie ist die Prognose?
Das Antiphospholipid-Syndrom ist bisher nicht heilbar. Bei Patientinnen und Patienten mit primärem APS, die adäquat behandelt und regelmäßig kontrolliert werden, ist die Prognose jedoch gut und die Lebenserwartung kaum verkürzt. Bei sekundären Formen kommt es darauf an, welche Grunderkrankung vorliegt. Hier kann die Mortalität, wie z. B. bei APS und systemischem Lupus erythematodes, erhöht sein [3]. |
Literatur
[1] Specker C. Therapeutische Aspekte beim Antiphospholipidsyndrom. Aktuelle Rheumatologie 2022;47:483-489
[2] Antiphospholipid-Syndrom. Doccheck-Flexikon, flexikon.doccheck.com/de/Antiphospholipid-Syndrom, Abruf: 23. Mai 2023
[3] Antiphospholipid-Syndrom. Amboss, www.amboss.com/de/wissen/Antiphospholipid-Syndrom/, Abruf: 23. Mai 2023
[4] Sachs B, Frizler M. Direkte orale Antikoagulanzien: Keine Anwendung bei Patienten mit Antiphospholipidsyndrom. Bulletin zur Arzneimittelsicherheit 2019;3:4-12, www.pei.de/SharedDocs/Downloads/DE/newsroom/bulletin-arzneimittelsicherheit/2019/3-2019.pdf?__blob=publicationFile&v=3
[5] Müller-Calleja N, Hollerbach A, Royce J, Ritter S, Pedrosa D, Madhusudhan T, Teifel S, Meineck M, Häuser F, Canisius A, Nguyen TS, Braun J et al. Lipid presentation by the protein C receptor links coagulation with autoimmunity. Science 2021; 371:eabc0956, www.science.org/doi/10.1126/science.abc0956
[6] Auslöser für Autoimmunerkrankung APS entdeckt. Deutsches Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK), dzhk.de/aktuelles/news/artikel/ausloeser-fuer-autoimmunerkrankung-aps-entdeckt/#:~:text=Das%20Antiphospholipid%2DSyndrom%20(APS),Bestandteile%20auf%20Blutzellen%20und%20Gef%C3%A4%C3%9Fwandzellen
[7] Neumann T. Das Antiphospholipidsyndrom: eine systemische Autoimmunerkrankung mit unterschiedlichen Facetten. www.universimed.com/de/article/rheumatologie/das-antiphospholipidsyndrom-92977#&gid=2&pid=1, Abruf: 25. Mai 2023
[8] Wolf Z. Das Antiphospholipid-Syndrom: Vielfältige Symptomatik erfordert klare Strategien. www.trillium.de/zeitschriften/trillium-diagnostik/ausgaben-2017/td-22017/schwerpunkt/antiphospholipid-syndrom-mit-cme-fragebogen.html
[9] Antiphospholipidsyndrom (APS). NetDoktor, www.netdoktor.de/krankheiten/antiphospholipidsyndrom/, Abruf: 25. Mai 2023
[10] Reifferscheid E. Direkte Orale Antikoagulanzien (DOAK, NOAK). 18. August 2021, www.gelbe-liste.de/wirkstoffgruppen/direkte-orale-antikoagulantien-doak-noak#Alternativen
[11] Maucher IV. Heparin. 15. Mai 2020, www.gelbe-liste.de/wirkstoffe/Heparin_225#Wirkmechanismus
[12] Peetz D. Testung direkter oraler Antikoagulanzien (DOAK): Nicht verpflichtend, aber auch nicht entbehrlich. www.trillium.de/zeitschriften/trillium-diagnostik/ausgaben-2018/td-heft-42018/haemostaseologie/testung-direkter-oraler-antikoagulanzien.html, Abruf: 26. Mai 2023 Trillium Diagnostik 2018; 16:251-252.
[13] Straub C. Medikationsfehler vermeiden! Was bei der Therapie mit NOAK zu beachten ist. DAZ 2018;52:76, www.deutsche-apotheker-zeitung.de/daz-az/2018/daz-52-2018/medikationsfehler-vermeiden
[14] Tektonidou MG, Andreoli L, Limper M, Amoura Z, Cervera R, Costedoat-Chalumeau N, Cuadrado MJ, Dörner T, Ferrer-Oliveras R, Hambly K, Khamashta MA, King J et al. EULAR recommendations for the management of antiphospholipid syndrome in adults. Annals of the Rheumatic Diseases 2019;78:1296-1304
[15] Klemm P, Tarner I, Müller-Ladner U, Lange U, Hudowenz O. Belimumab ist wirksam und reduziert die Antikörperlast bei einer Patientin mit einem dreifach Antikörper-positiven Antiphospholipid-Syndrom. www.egms.de/static/en/meetings/dgrh2020/20dgrh171.shtml, Deutscher Rheumatologiekongress 2020, 48. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh), 34. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie (DGORh)
[16] Klemm P, Müller-Ladner U, Tarner IH, Lange U, Hudowenz O. Belimumab reduces antiphospholipid antibodies in primary triple-positive antiphospholipid syndrome. Autoimmunity Reviews 2020;19:102594
[17] Yazici A, Yazirli B, Erkan D. Belimumab in primary antiphospholipid syndrome. Lupus 2017;26:1123-1124
[18] The BeLimumab Antiphospholipid Syndrome Trial (BLAST). ClinicalTrials.gov, clinicaltrials.gov/ct2/show/NCT05020782, Abruf: 30. Mai 2023
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