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Neuer Anlauf für mehr Honorar?

Thomas-Müller Bohn, Redakteur der DAZ

Ein Blick auf den Stand der Bearbeitung der Anträge vom Deutschen Apothekertag 2022 ist teilweise auch ein Blick auf das ALBVVG oder Lieferengpass-Gesetz, das mittlerweile den Bundesrat passiert hat. Der Gesetzgeber hat einige Anliegen der Apotheker aufgegriffen, allerdings wohl überwiegend, um ein Versorgungschaos zu verhindern. Denn dies würde weiterhin drohen, wenn die Abgaberegeln aus der Vor-Pandemie-Zeit auf die heutigen Lieferengpässe treffen würden. Eine zukunftsorientierte Stärkung der Apotheken ist hingegen in dem Gesetz nicht zu erkennen, vor allem nicht bei der Honorierung. Es bleibt also noch viel Überzeugungsarbeit zu leisten. Doch auch berufsintern bleibt viel zu tun. Wie in jedem Jahr hat die ABDA im Juni zusammengetragen, was sie mit den Apothekertagsanträgen des Vorjahres getan hat, und wie in jedem Jahr war das bei einigen Anträgen allerhand, bei anderen aber sehr wenig. Manche sollen gar nicht weiterverfolgt werden. Eine Übersicht dazu finden Sie auf Seite 16.

In ihrem Bericht offenbart die ABDA ihre Prioritäten. Positiv ausgedrückt bedeutet es, dass die ABDA besonders wich­tige Themen fokussiert bearbeitet – vor allem die Honorierung. Dazu verrät die ABDA in ihrem Bericht, dass sie ein Dynamisierungsmodell für den Festzuschlag entwickelt hat, das Inflation, Bruttoinlandsprodukt und Grundlohnsumme berücksichtigt. Da die Honoraranpassung seit zwei Jahrzehnten auch am fehlenden Konsens über die Berechnungsmethode gescheitert ist, erscheint dies bemerkenswert. Die ABDA hat also eine Idee entwickelt, sieht aber die Zeit für die Präsentation noch nicht reif. Aber ist es nicht umgekehrt? Könnte eine praktikable Methode die Diskussion nicht sogar voranbringen? Wäre dann nicht zumindest das Argument ausgeräumt, dass eine geeignete Berechnung für die Anpassung fehlt? Der kleine Informationsfetzen im Bericht über die Apothekertagsanträge macht immerhin Hoffnung auf einen neuen Anlauf für mehr Honorar.

Offenbar möchte die ABDA den aussichtslosen Weg einer vollständigen Kosten- und Leistungsrechnung, bei der man sich an Zuordnungsfragen endlos abarbeiten kann, vermeiden. Stattdessen geht es wohl um die Fortschreibung des Festzuschlags, was eine weit verbreitete Fragestellung bei unzähligen festen Beträgen in vielen Regelwerken ist. Weder bei Arzthonoraren noch bei Abgeordnetendiäten wird jede einzelne Kostenposition über Jahrzehnte akribisch verfolgt. Gefragt ist eine plausible und ausgewogene Fortschreibung, die nicht als zu offensichtlicher Mechanismus für eine Inflationsspirale erscheinen darf. So etwas brauchen auch die Apotheken. Denn sie sind wie alle anderen von höheren Kosten betroffen – und selbstverständlich gilt das für alle Apotheken. Darum ist ein höherer Festzuschlag der richtige Weg für den Inflationsausgleich. Daneben gibt es – ähnlich wie bei den Krankenhäusern – gute Gründe für eine Pauschale als Entgelt für die Bereitstellung der grundlegenden Apothekeninfrastruktur, und vielleicht müssen manche Standorte sogar gezielt gefördert werden. Doch für den Erhalt des Systems ist der Inflationsausgleich langfristig unverzichtbar. Hier sind Prioritäten noch mehr gefragt als beim Umgang mit den Apothekertagsanträgen.

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