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Pädiatrie
Luftnot im Schlaf
Nächtliche Atmungsstörungen bei Kindern verstehen und behandeln
Schlafbezogene Atmungsstörungen (SBAS) beeinträchtigen den Schlaf und damit auch seine Hauptfunktion: die physische und psychische Erholung. Die Folgen für die betroffenen Patienten können gravierend sein. Der nicht erholsame Schlaf kann zu Tagesschläfrigkeit führen, die die Konzentration beeinträchtigt und das Unfallrisiko erhöht. Länger anhaltende schlafbezogene Atmungsstörungen erhöhen die Morbidität und Mortalität, da sie das Risiko für Herzrhythmusstörungen, arterielle Hypertonie, Atherosklerose, Cor pulmonale, Herzinsuffizienz, Herzinfarkt und Schlaganfall erhöhen. Bei Kindern, die an einer Erkältung oder anderen Atemwegsinfektionen erkrankt sind, ist es normal, dass sie zeitweise schnarchen. Doch wenn sie auch ohne Infekt immer wieder schnarchen oder tagsüber Konzentrationsstörungen und Unruhe auftreten, sollten die Eltern einen Arzt aufsuchen.
Ungefähr 12% von ansonsten gesunden Kindern schnarchen und haben Atemprobleme beim Schlafen. In einer aktuellen Studie wurde an Kindern im Alter von drei bis zwölf Jahren mit leichten schlafbezogenen Atmungsstörungen die Wirkung des intranasal verabreichten Glucocorticoids Mometasonfuroat mit der von physiologischer Kochsalzlösung verglichen. Schwere Fälle mit obstruktiver Schlafapnoe, stark übergewichtige Kinder und solche mit vorhergehender operativer Therapie wurden aus der Studie ausgeschlossen. Die Wirkung beider Zubereitungen über sechs Wochen war ähnlich und bei ungefähr der Hälfte der Kinder kam es zu einer deutlichen Reduktion der Symptome. Als Nebenwirkungen traten vor allem Nasenbluten und Irritationen an der Nase auf und auch diese waren in beiden Gruppen ungefähr gleich häufig. Mometasonfuroat ist demnach gegenüber einer Kochsalzlösung zur Behandlung leichter schlafbezogener Atmungsstörungen bei Kindern nicht überlegen.
Risikofaktoren für eine obstruktive Schlafapnoe bei Kindern
- Adipositas (häufigste Ursache)
- Polypen oder vergrößerte Mandeln
- stark verstopfte Nase durch anhaltende allergische Rhinosinusitis
- Fehlbildungen oder Fehlstellungen im Kopf- und Gesichtsbereich
- Mucopolysaccharidosen: angeborene Stoffwechselerkrankungen, bei denen lysosomale Enzyme, die dabei helfen, Glykosaminoglykane zu spalten, nicht funktionieren und so zu einer Ansammlung dieser Stoffe führen; Symptome sind unter anderem Verzögerungen in der Entwicklung, Organvergrößerungen, Ateminsuffizienz und Skelettveränderungen
- genetische Veränderungen, zum Beispiel Trisomie 21
- Vorerkrankungen, die Hypo- oder Hypertonie verursachen
- Muskeldystrophien: degenerative Muskelerkrankungen mit fortschreitendem Verlust der Muskelkraft
- Passivrauchen
- Arzneimittel mit atemdepressiver Wirkung
Bei ADHS häufiger
Die obstruktive Schlafapnoe (OSA) tritt mit einer Häufigkeit von circa 2% bei Kindern und Jugendlichen auf. Bei Kindern mit Aufmerksamkeitsdefizit und Hyperaktivitätsstörung (ADHS) sind es bis zu 25%. Das auffälligste Symptom ist das Schnarchen, außerdem können unruhiger Schlaf, nächtliches Schwitzen und Apnoen auftreten, die von den Eltern beobachtet werden. Bei manchen Kindern kommt es zu nächtlicher Inkontinenz. Symptome am Tag sind ebenfalls häufig, beispielsweise morgendliche Kopfschmerzen, verstopfte Nase, teilweise verbunden mit Mundatmung, Konzentrationsstörungen und Hyperaktivität als Ausdruck der Müdigkeit. Tagesschläfrigkeit ist anders als bei Erwachsenen selten. Bei anhaltenden Beschwerden kann es zu Folgeerkrankungen, zum Beispiel Lernstörungen, Verhaltensveränderungen, Wachstumsstörungen und Herzerkrankungen wie Cor pulmonale und pulmonaler Hypertonie kommen. Die Diagnose bei Verdacht auf obstruktive Schlafapnoe erfolgt durch Polysomnographie mit Messung des Blutsauerstoffgehaltes und des Kohlendioxidgehaltes der Ausatemluft. Dazu muss das Kind die Nacht im Schlaflabor verbringen. Derzeit wird evaluiert, ob eine Schlafanalyse zu Hause mit einem mobilen Schlaflabor durchgeführt werden kann [3]. Weitere Untersuchungen ergänzen die Diagnose oder dienen zur Klärung von Grunderkrankungen, zum Beispiel ein Elektrokardiogramm (EKG) und bildgebende Verfahren für die oberen und unteren Atemwege.
Bei ansonsten gesunden Kindern mit vergrößerten Rachen- und/oder Gaumenmandeln erfolgt meist eine Adenotonsillektomie, eine vollständige Entfernung beider Strukturen. Viele, aber nicht alle Kinder profitieren von dieser Maßnahme. Sind zusätzlich genetische Veränderungen oder andere Grunderkrankungen vorhanden, muss der Nutzen einer Operation gründlich abgewogen werden. Wenn andere anatomische Anomalien, beispielsweise eine Verformung des Kiefers, vorliegen, kann durch deren Korrektur häufig ein Rückgang der obstruktiven Schlafapnoe erreicht werden.
Vier schlafbezogene Atmungsstörungen im Porträt
Obstruktive Schlafapnoe (OSA)
Der Begriff Apnoe stammt vom griechischen Wort Apnoia und bedeutet Nicht-Atmung. Mit obstruktiver Schlafapnoe ist ein Atemausfall gemeint, der durch teilweisen oder vollständigen Verschluss der oberen Atemwege während des Schlafes verursacht wird.
Eine Verringerung der Atmung wird als Hypopnoe bezeichnet, vollständige Atemaussetzer als Apnoe. Diese Atempausen treten mehrmals pro Nacht auf. Bei 15 bis 30 Apnoen und Hypopnoen pro Stunde Schlafzeit spricht man von einer mittelgradigen, wenn mehr als 30 Ereignisse auftreten, von einer schweren obstruktiven Schlafapnoe.
Zentrale Schlafapnoe (ZSA)
Hierbei handelt es sich um eine Gruppe von Störungen, bei denen die Übertragung der Atemimpulse auf die Atemmuskulatur beeinträchtigt ist. Außerdem kann der Atemantrieb im zentralen Nervensystem (ZNS) vermindert oder verändert sein. Dabei liegt keine Blockierung der Atemwege vor. Die zentrale Schlafapnoe kann mit erhöhtem Kohlendioxid-Gehalt (Hyperkapnie) einhergehen oder nichthyperkapnisch (kein erhöhter Kohlendioxid-Gehalt) sein.
Neben der primären Form der zentralen Schlafapnoe können auch sekundäre Formen auftreten. Beispielsweise kann sie durch neuromuskuläre Erkrankungen, Herzinsuffizienz, Nierenschäden, die Frühphase eines Schlaganfalls oder durch atemdepressive Substanzen wie Opiate hervorgerufen werden.
Schlafbezogene Hypoxämie oder Hypoxie
Als Hypoxämie oder Hypoxie wird ein isoliertes Auftreten eines verminderten Sauerstoffgehalts im arteriellen Blut bezeichnet, der durch eine reduzierte Atmungsaktivität während des Schlafes bedingt wird. Gemäß Definition liegt eine maximal 88%ige Sauerstoffsättigung vor, die mindestens fünf Minuten anhält. Zugleich liegt keine schlafbezogene Hypoventilation (Unterbelüftung der Lunge) vor. Die Ursache ist meist eine Grunderkrankung wie Herzinsuffizienz oder eine neurologische Erkrankung.
Schlafbezogene Hypoventilation
Hypoventilation ist die eingeschränkte Lungenbelüftung im Schlaf mit vermindertem Gasaustausch in den Alveolen. Dadurch kommt es zu einem geringeren Sauerstoffgehalt im arteriellen Blut (Hypoxämie) und zugleich erhöhtem Kohlendioxid-Gehalt. Eine Spezialform ist das Adipositas-Hypoventilations-Syndrom (OHS, Obesitas Hypoventilation Syndrom) bei einem Body-Mass-Index > 30 kg pro m2, das sehr oft zusammen mit einer obstruktiven Schlafapnoe auftritt.
Überdruckbeatmung, wenn keine OP möglich ist
Die nächtliche Überdruckbeatmung, auch CPAP-Therapie genannt (Continuous Positive Airway Pressure, kontinuierlicher Atemwegsüberdruck), die bei Erwachsenen Mittel der ersten Wahl ist, wird bei Kindern angewandt, bei denen kein operativer Eingriff möglich oder sinnvoll ist. Betroffene pädiatrische Patienten sind dann oft übergewichtig oder die obstruktive Schlafapnoe blieb trotz Adenotonsillektomie bestehen. Hierzu müssen die Kinder im Schlaf eine Maske tragen, die über Schläuche mit der Beatmungsmaschine verbunden ist. Beispiele sind die Pixi™ Nasenmasken für Kinder von zwei bis sieben Jahren oder die Wisp Pädiatrie Nasenmaske.
Die wichtigste therapeutische Maßnahme bei übergewichtigen Kindern ist das Abnehmen. Der Gewichtsverlust verringert meist den Schweregrad der obstruktiven Schlafapnoe, teilweise sind jedoch weitere Maßnahmen notwendig.
Bei Vorliegen einer verstopften Nase durch allergische Rhinosinusitis als Risikofaktor für die obstruktive Schlafapnoe sollte die Grunderkrankung so behandelt werden, dass im Idealfall die Symptome zurückgehen. Beispielsweise kann über zwei bis drei Jahre eine Hyposensibilisierung gegen bestimmte Pollen, Hausstaubmilben oder Schimmelpilze durchgeführt werden. Das bewirkt bei vielen Patienten einen deutlichen Rückgang der Beschwerden. Akute Beschwerden können durch lokal oder systemisch angewandte H1-Antihistaminika gelindert werden. Lokale Glucocorticoide – erste Wahl ist Mometason – können einigen Kindern helfen, die trotz einer Operation weiterhin Symptome haben.
Apnoe bei Frühgeborenen
Sie betrifft bis zu 25% der Säuglinge, die vor der 37. Schwangerschaftswoche geboren wurden. Sie ist definiert durch Atemaussetzer, die über zwanzig Sekunden andauern oder weniger als zwanzig Sekunden in Kombination mit Bradykardie (eine Pulsfrequenz von weniger als hundert Schläge pro Minute), bläulicher Verfärbung der Haut und/oder Sauerstoffsättigung unter 85%.
Mögliche Ursachen sind eine Atemwegsobstruktion oder eine Unreife des zentralen Nervensystems, also eine Form der zentralen Apnoe. Wenn Atemstillstände bei Frühgeborenen auftreten, enden sie meist bis zur 37. Woche, spätestens bis zur 44. Woche. Je früher das Kind geboren wurde, desto größer ist das Risiko, diese Form der Atemstörung zu entwickeln. Todesfälle sind selten. Bei akutem Atemstillstand erfolgt eine Stimulation der Atmung. Sollte das nicht ausreichen, wird künstlich beatmet. Einer Blockade der Atemwege kann durch Streckung von Kopf und Nacken des Babys in Rücken- oder Seitenlage vorgebeugt werden. Grundsätzlich sollten mögliche Ursachen, wie zum Beispiel eine Infektion, behandelt werden.
Wenn wiederholte Atemaussetzer auftreten, werden Atemstimulanzien eingesetzt. Der am häufigsten verwendete Wirkstoff ist Coffein, das als Infusion oder oral gegeben wird, bis das Baby mindestens 34 Wochen alt ist und für fünf bis sieben Tage keinen behandlungsbedürftigen Apnoeanfall mehr hatte. Fertigarzneimittel sind Gencebok® 10 mg pro ml Infusionslösung und Peyona® 20 mg pro ml Infusionslösung und Lösung zum Einnehmen. Coffein hat geringere Nebenwirkungen und erfordert weniger Überwachung als die Alternativen Theophyllin oder Doxapram. Sollte die Therapie mit Atemstimulanzien nicht ausreichend wirksam sein, wird zusätzlich eine Überdruckbeatmung via CPAP-Behandlung durchgeführt, um eine gleichmäßige Belüftung der Lunge zu gewährleisten und damit eine gute Sauerstoffsättigung aufrechtzuerhalten.
Plötzlicher Kindstod durch Schlafapnoe?
Der plötzliche Kindstod ist der unerwartete Tod eines Babys oder Säuglings, bei dem keine Ursache zu finden ist, weder durch Obduktion noch durch die klinische Vorgeschichte oder Untersuchung des Sterbeortes. Es wird vermutet, dass die Funktion von Kontrollmechanismen im kardiorespiratorischen Bereich gestört ist. Als ein möglicher Risikofaktor wird eine Schlafapnoe diskutiert. Allerdings ist bei weniger als 5% der verstorbenen Kinder eine obstruktive Schlafapnoe in der Anamnese bekannt, sodass derzeit davon ausgegangen wird, dass diese Erkrankung nur eine von mehreren möglichen Ursachen ist. |
Auf einen Blick
- Schlafbezogene Atmungsstörungen bei ansonsten gesunden Kindern sind relativ häufig. Meist handelt es sich um leichte Störungen, oft bedingt durch einen Atemwegsinfekt.
- Symptome wie Schnarchen, nächtliche Unruhe und Konzentrationsstörungen am Tag sollten dennoch abgeklärt werden, um stärkere Beschwerden wie eine obstruktive Schlafapnoe auszuschließen.
- Bei Diagnose einer obstruktiven Schlafapnoe werden anatomisch bedingte Ursachen operativ beseitigt, wenn das möglich ist. Alternativ oder wenn die Beschwerden trotz Operation bestehen bleiben, erfolgt eine nächtliche Überdrucktherapie (CPAP) mit Atemmaske. Auch Glucocorticoid-Nasensprays helfen einem Teil der Kinder.
- Eine Spezialform der Atemwegsstörung ist die Frühgeborenen-Apnoe bei Kindern, die vor der 37. Schwangerschaftswoche geboren wurden. Hier wird durch eine Lagerung mit gestrecktem Kopf vorgebeugt. Treten wiederholt Episoden von Apnoe auf, werden Stimulanzien gegeben. Erste Wahl ist Coffein.
- Möglicherweise ist die obstruktive Schlafapnoe ein Risikofaktor für den plötzlichen Kindstod.
Literatur
[1] Baker A, Grobler A et al. Effectiveness of Intranasal Mometasone Furoate vs Saline for Sleep-Disordered Breathing in Children: A Randomized Clinical Trial. JAMA Pediatr 2023;177(3):240-247, doi: 10.1001/jamapediatrics.2022.5258
[2] Lattari Balest A. Frühgeborenenapnoe. MSD Manual, Ausgabe für medizinische Fachkreise, vollständige Überarbeitung 2021, msdmanuals.com, abgerufen am 13. April 2023
[3] Marcus CL, Brooks LJ et al. Diagnosis and management of childhood obstructive sleep apnea syndrome. Pediatrics 2012;130(3):576-584, doi: 10.1542/peds.2012-1671
[4] Arzt M et al. Nicht erholsamer Schlaf/Schlafstörungen Kapitel schlafbezogene Atmungsstörungen bei Erwachsenen. S3-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin, August 2017, AWMF-Registernummer 063-001, Stand: Dezember 2016
[5] Raab CP. Plötzlicher Kindstod. MSD Manual, Ausgabe für medizinische Fachkreise, vollständige Überarbeitung 2021, msdmanuals.com, abgerufen am 13. April 2023
[6] Schulz R, Hirche TO et al. Schlafbezogene Atmungsstörungen. HÄBl 2020;10:532-536
[7] Strohl KP. Obstruktive Schlafapnoe bei Kindern. MSD Manual, Ausgabe für medizinische Fachkreise, vollständige Überarbeitung 2020, msdmanuals.com, abgerufen am 13. April 2023
[8] Strohl KP. Zentrale Schlafapnoe. MSD Manual, Ausgabe für medizinische Fachkreise, vollständige Überarbeitung 2020, msdmanuals.com, abgerufen am 13. April 2023
[9] Stuck BA et al. Teilaktualisierung S3-Leitlinie Nicht erholsamer Schlaf/Schlafstörungen Kapitel schlafbezogene Atmungsstörungen bei Erwachsenen. Deutsche Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin, AWMF-Registernummer 063-001, Stand: Juni 2020
[10] Walter LM et al. Treatment of obstructive sleep apnoe in children. Clin Pract 2013;10(4):519-533, doi: 10.2217/cpr.13.37
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