DAZ aktuell

Mehr Flexibilität, aber kein Retax-Ausschluss

BMG feilt für die Kabinettsabstimmung den Entwurf für das Engpassgesetz nach

ks | Am vergangenen Mittwoch – nach Redaktionsschluss dieser DAZ – sollte das Bundeskabinett den Regierungsentwurf für das Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetz (ALBVVG) beschließen. Dies dürfte auch geschehen sein. Die Beschlussvorlage sah bereits etwas anders aus als der bislang bekannte Referentenentwurf. Tatsächlich wurde bereits vor dem parlamentarischen Verfahren bei den Voraussetzungen für einen flexiblen Austausch nachjustiert – nicht aber bei der für die Apotheken vorgesehenen Vergütung.

Die Spannung war groß: Würde das Bundesgesundheitsministerium (BMG) seinen Referentenentwurf für das ALBVVG in den für Apotheken neuralgischen Punkten nachbessern? Worauf würde sich das Kabinett nach der Ressortabstimmung einlassen? Noch am vergangenen Dienstag mahnte ABDA-Vize Mathias Arnold, dass die bislang vorgesehenen Regelungen zum Austausch bei nicht lieferbaren Arzneimitteln in den Apotheken für ein „Bürokratiemonster ohne Patientennutzen sorgten. „Bevor der ALBVVG-Kabinettsentwurf zum Bundestag geht, müssen der pharmazeu­tische Handlungsspielraum der Apotheken bei der Auswahl von Ersatz­medikamenten erweitert und ein angemessener Engpass-Ausgleich als Honorar für den personellen Mehraufwand manifestiert werden“, forderte er.

Kurz darauf wurde die Beschlussvor­lage fürs Kabinett bekannt. Diese kommt der ABDA immerhin teilweise entgegen: Eine Beschränkung der neuen Austauschregeln auf Arzneimittel einer neuen BfArM-Liste ist vom Tisch. Statt auf versorgungsrelevante Arzneimittel mit versorgungskritischen Wirkstoffen hebt die jetzt vorgesehene Neuregelung nur noch auf die „Nichtverfügbarkeit“ eines Arzneimittels ab.

Konkret soll folgender neuer Absatz 2a in § 129 SGB V eingefügt werden:

(2a) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 bis 5 und 8 und dem Rahmenvertrag nach Absatz 2 können Apotheken bei Nichtverfügbarkeit eines Arzneimittels das verordnete Arzneimittel gegen ein lieferfähiges wirkstoffgleiches Arzneimittel austauschen. Nichtverfügbarkeit liegt vor, wenn das Arzneimittel innerhalb einer angemessenen Zeit durch zwei unterschiedliche Verfügbarkeitsanfragen beim pharmazeutischen Großhandel nach § 52b des Arzneimittelgesetzes nicht beschafft werden kann. Apotheken dürfen ohne Rücksprache mit dem verordnenden Arzt von der ärztlichen Verordnung im Hinblick auf Folgendes abweichen, sofern dadurch die verordnete Gesamtmenge des Wirkstoffs nicht überschritten wird:

1. die Packungsgröße, auch mit einer Überschreitung der nach der Packungs­größenverordnung definierten Messzahl,

2. die Packungsanzahl,

3. die Entnahme von Teilmengen aus Fertigarzneimittelpackungen, soweit die abzugebende Packungsgröße nicht lieferbar ist, und

4. die Wirkstärke, sofern keine pharmazeutischen Bedenken bestehen.

Damit wird die Austauschbarkeit verordneter Arzneimittel bei Nichtverfügbarkeit im Vergleich zur vorher geplanten Regelung sicher erleichtert. Ganz umsonst gibt es das aber nicht – zwei unterschiedliche Großhandelsanfragen sind nötig. Und darauf, dass diese ernst zu nehmen und zu belegen sind, weist der Wegfall eines anderen im Referentenentwurf (und der SARS-CoV-2-Arzneimittelversorgungsverordnung) noch enthaltenen Passus hin: Nicht mehr vorgesehen ist nun der Ausschluss von Beanstandungen und Retaxationen bei einem solchen Austausch. Die Kassen würden mit einer solchen Regelung bei der Rechnungsprüfung sicher besonders wachsam sein.

50 Cent für die Apotheke, 20 Cent für den Großhandel

Und was ist mit den 50 Cent für den Austausch? Den Zuschlag, den die Apothekerschaft so deutlich als unverschämt und Missachtung ihres Berufsstands zurückweist? Hier bleibt es im Entwurf beim Alten: Findet ein Austausch nach dem neuen § 129 Abs. 2a SGB V statt, steht der Apo­theke ein 50-Cent-Zuschlag (zzgl. Umsatzsteuer) nach der Arzneimittelpreisverordnung zu.

Neu ist hingegen: Die jetzt ebenfalls beanspruchten pharmazeutischen Großhändler sollen in diesen Fällen ebenfalls einen Zuschlag erhalten. 20 Cent soll es dafür geben – oder auch 50 Cent, doch das steht laut Entwurf noch unter „Leistungsvorbehalt“. |

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