Arzneimittel und Therapie

Linderung für die lädierte Speiseröhre

Aktualisierte GERD-Leitlinie berücksichtigt auch eosinophile Ösophagitis

gg | Die S2k-Leitlinie zur gastroösophagealen Refluxkrankheit (GERD) aus dem Jahr 2014 wurde aktualisiert. In der neuen Version wurde unter anderem der Einsatz von Protonenpumpen-Inhibitoren (PPI) neu bewertet, zudem wurde die Leitlinie um ein Kapitel zur eosinophilen Ösophagitis erweitert. In diesem Artikel erfahren Sie, welchen Stellenwert in der Therapie der GERD die PPI aktuell haben, wie sich die Erkrankung eosinophile Ösophagitis äußert und wie sie therapiert werden kann.

Fließt saurer Mageninhalt in die Speiseröhre zurück, kann dies zu lästigen Symptomen wie Sodbrennen, aber auch zu Schäden und Entzündungen der Speiseröhre und daraus resultierenden Folgekomplikationen führen. Dieses als gastroösophageale Refluxkrankheit (GERD) bezeichnete Leiden zählt mit einer Prävalenz von 15 bis 25% zu den häufigen Erkrankungen. Es umfasst dabei leichte Formen ohne Speiseröhrenentzündung (NERD – non erosive reflux disease) als auch solche mit (ERD – erosive reflux disease). Aber auch thorakale Schmerzen, ein hypersensitiver Ösophagus, bei welchem Beschwerden trotz normalem Refluxgeschehen auftreten, und Manifestationen außerhalb der Speiseröhre, wie beispielsweise Zahnschäden durch Magensäurebelastung oder Husten, werden unter dem Begriff GERD subsumiert.

Laut der aktualisierten Leitlinie [1] verfolgt eine medikamentöse Therapie der GERD die drei Ziele der Symptomkontrolle, der Abheilung einer bestehenden Entzündung der Speiseröhre und dem Vorbeugen von Komplikationen. An die Akuttherapie von vier bis acht Wochen kann bei Notwendigkeit eine Langzeittherapie angeschlossen werden. Diese muss aber nicht bedeuten, dass jeden Tag Arzneimittel eingenommen werden müssen. Auch eine einzelne Einnahme nur bei Bedarf oder die Wiederholung der Akuttherapie bei Bedarf können brauchbare Langzeittherapieschemata darstellen. Nur: Welche Arzneimittel sollen jeweils zum Einsatz kommen?

Ein wirksames Mittel zur Reduktion der Magensäure stellen Protonenpumpen-­Inhibitoren (PPI) dar. Jedoch machen immer wieder Berichte über Nebenwirkungen, gerade bei der Langzeiteinnahme, Schlagzeilen. Professor Joachim Labenz, Mitautor der neu erschienenen Leitlinie, kündigte daher bereits auf dem 44. Heidelberger Web-Kongress im November 2021 einen „Downgrade“ der Rolle der PPI in der neuen Leitlinie an [2]. Für die meisten Patienten bleiben sie aber dennoch die Standardtherapie.

Foto: eddows/AdobeStock

Therapie leichter, unkomplizierter Formen der GERD

Bei Erstvorstellung von klassischen Refluxbeschwerden oder bei Exazerbation einer bekannten GERD ohne zusätzlich vorliegende Risikofaktoren oder Alarmsymptome sollte laut Leitlinie eine Therapie mit PPI in Standarddosierung begonnen werden. Alternativ können aber auch andere Wirkstoffe (H2-Rezeptorantagonisten, Alginate, Antazida) eingesetzt werden, wenn dies aus Patientensicht die Symptome ausreichend kontrolliert. Bei leichten, unkomplizierten Formen, wie sie bei der Mehrzahl der Patienten vorliegen, sollte die langfristige Therapie symptomorientiert erfolgen und eine Überbehandlung vermieden werden. Für diese Patientengruppen kommen also Therapieschemata infrage, bei denen nur bei Bedarf Arzneimittel eingenommen werden. Werden diese nicht mehr benötigt, soll die Behandlung beendet werden.

Therapie komplizierter Verläufe

Liegt hingegen ein komplizierter Verlauf vor, sollte eine PPI-Dauertherapie begonnen werden. Mit Hinblick auf die bereits erwähnten diskutierten Nebenwirkungen einer solchen Behandlung heißt es in der Leitlinie: „Das absolute Nebenwirkungsrisiko für PPI ist gering. Bei einer GERD überwiegt der Nutzen das Risiko.“ Zwar seien einige der zuletzt beobachteten Nebenwirkungen mechanistisch plausibel, jedoch stammten die Daten zu den Sicherheitsrisiken in erster Linie aus Kohorten- bzw. Fallkontrollstudien und diese Studientypen ließen eine Unterscheidung zwischen Assoziation und Kausalität nicht zu.

Insgesamt wurde die Bedeutung von PPI für die Therapie der GERD im Vergleich zu der nun abgelösten Leitlinie von 2014 [3] etwas herabgestuft. Beispielsweise hieß es in Letzterer noch, dass bei typischen Refluxbeschwerden eine Akuttherapie mit PPI angesetzt werden soll, 2023 heißt es nun sollte. Ihre Rolle als Standardtherapie behalten PPI jedoch bei – für die Mehrzahl der Patienten aber nur als Akut- oder Bedarfstherapie ohne dauerhafte Einnahme.

Prävalenz der eosinophilen Ösophagitis steigt

Die S2k-Leitlinie wurde durch ein neues Kapitel zur eosinophilen Ösophagitis ergänzt. Diese Erkrankung ist definiert als eine chronische, immunvermittelte Speiseröhrenerkrankung, die sich durch Funktionsstörungen der Speiseröhre äußert. Im Entzündungsgeschehen dominieren hierbei die namensgebenden eosinophilen Granulozyten. Die genauen Pathomechanismen sind noch unklar, jedoch scheinen Allergene – häufig Nahrungs­mittelbestandteile – sowie eine genetische Veranlagung eine Rolle bei der Entstehung der Speiseröhrenentzündung zu spielen.

Die Prävalenz der eosinophilen Ösophagitis ist seit ihrer ersten Beschreibung in den 1990er-Jahren stetig gestiegen. Derzeit sind etwa 34 von 100.000 Personen von der Erkrankung betroffen, darunter mehr Männer als Frauen. Patienten haben oft auch eine andere allergische Erkrankung; weiterhin gibt es Hinweise, dass sich die eosinophile Ösophagitis und die gastroösophageale Refluxkrankheit in ihrem Auftreten bidirektional beeinflussen können.

Unbehandelt verläuft die eosinophile Ösophagitis progredient, es kommt zu Schäden und Veränderungen an der Speiseröhre, was sich in Funktionsstörungen dieser äußert. Die häufigsten Symptome bei Jugendlichen und Erwachsenen sind Schluckstörungen, bis hin zum Steckenbleiben von Nahrung in der Speiseröhre. Kinder können zudem über Bauchschmerzen oder Sodbrennen klagen, erbrechen oder die Nahrungsaufnahme verweigern.

GERD in der ­Schwangerschaft

In der S2k-Leitlinie wird für die Therapie von Refluxbeschwerden in der Schwangerschaft ein Step-up-Management mit folgenden Stufen empfohlen:

  • Allgemeinmaßnahmen
  • Antazida
  • Alginate
  • Sucralfat
  • H2-Rezeptorantagonisten
  • Protonenpumpen-Inhibitoren

Behandlung der eosinophilen Ösophagitis

Eine aktive eosinophile Ösophagitis ist behandlungsbedürftig. Begonnen wird mit einer Induktionstherapie von sechs bis zwölf Wochen, mit dem Ziel der Remission. Als Mittel der Wahl hierfür gibt die Leitlinie topische Steroide an, wie etwa die für diese Indikation zugelassenen, orodispersiblen Budesonid-Tabletten (Jorveza®). Gemäß Fachinformation [4] sind diese wie folgt anzuwenden: „Die Schmelztablette sollte nach einer Mahlzeit eingenommen werden. Sie sollte auf die Zungenspitze gelegt und sanft gegen den Gaumen gedrückt werden. Dort zerfällt sie, was mindestens zwei Minuten dauert, aber auch bis zu 20 Minuten dauern kann. Sobald Jorveza® in Kontakt mit Speichel kommt, regen die Brauseeigenschaften der Tablette die weitere Speichelproduktion an. Der Budesonid-haltige Speichel sollte nach und nach heruntergeschluckt werden, während die Schmelztablette zerfällt.“

Für 30 Minuten nach der Anwendung sollten Patienten nichts essen, trinken oder Mundhygienemaßnahmen durchführen. Als Nebenwirkung der Therapie kann es zu lokaler Candidiasis kommen.

Alternativ zur topischen Steroid-Behandlung kann die Induktionstherapie auch mit hochdosierten Protonenpumpen-Inhibitoren (PPI) oder mit besonderen Diäten begonnen werden. In der Leitlinie empfohlen wird die 6-Food-Eliminationsdiät, bei der auf

  • Kuhmilch,
  • Weizen,
  • Soja,
  • Ei,
  • Nüsse sowie
  • Fisch und Meeresfrüchte

verzichtet wird.

Ob es tatsächlich alle sechs Lebensmittel sein müssen, ist noch nicht abschließend geklärt. In der Leitlinie werden auch 4- und 2-Food-Eliminationsdiäten als möglich, aber weniger effektiv angegeben (Milch, Ei, Weizen und Soja bzw. Milch und Gluten). Eine neue Studie will herausgefunden haben, dass sogar eine 1-Food-Eliminationsdiät, bei der lediglich auf Milch verzichtet wird, zur Remission führen kann [5].

Die an die Induktionstherapie anschließende Remissionstherapie wird mit der Methode durchgeführt, die zur Remission geführt hat. Im Falle von Steroiden und PPI kann jedoch oft die Dosis reduziert werden. Keine Indikation bei der eosinophilen Ösophagitis haben hingegen Immunmodulatoren, Antiallergika oder systemische Steroide. Ob Biologicals Patienten mit eosinophiler Ösophagitis helfen können, wird derzeit noch in klinischen Studien geprüft. |

Literatur

[1] Gastroösophageale Refluxkrankheit und eosinophile Ösophagitis. S2k-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS), AWMF-Registernummer: 021–013, Stand: März 2023

[2] Moll D. Downgrade für PPI in kommender Reflux-Leitlinie. Nachricht DAZ.online, 29. November 2021

[3] Gastroösophageale Refluxkrankheit. S2k-Leitlinie unter Federführung der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS), AWMF Register Nr. 021-013, Stand: August 2014

[4] Fachinformation Jorveza, Stand November 2022

[5] Kliewer KL et al. One-food versus six-food elimination diet therapy for the treatment of eosinophilic oesophagitis: a multicentre, randomised, open-label trial. Lancet Gastroenterol Hepatol 2023;S2468-1253(23)00012-2, doi: 10.1016/S2468-1253(23)00012-2

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