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Gesundheitspolitik
Französische Bahn setzt auf Telemedizin
Telemedizinische Angebote in Bahnhöfen sollen den Ärztemangel in Frankreich abfedern
Wie SNCF Mitte November mitteilte, richtet sich das telemedizinische Angebot sowohl an Reisende, die auf ihren Zug warten, als auch an Menschen, die in der Nähe des Bahnhofs wohnen, aber keinen Arzttermin bekommen. In Frankreich herrscht nämlich ein noch stärkerer Ärztemangel als in vielen anderen europäischen Ländern. Bahnhöfe seien gut als Telemedizin-Standort geeignet, weil 90 Prozent der Bevölkerung weniger als zehn Kilometer von einem Bahnhof entfernt lebt, erklärt SNCF. Es gebe zudem eine Nachfrage bei den Kunden nach Gesundheitsangeboten am Bahnhof. Das Angebot werde die bereits bestehenden Angebote wie Bahnhofsapotheken, Labore und Gesundheitszentren an Bahnhöfen „komplettieren”.
Wie die SNCF bekannt gab, sollen die Telemedizin-Stationen vom Anbieter „Loxamed” gestaltet werden, der während der Corona-Zeit in Frankreich viele mobile Testcenter aufgestellt hatte. Sie werden sich von den Telemedizin-Kabinen der Anbieter Medom und Tessan unterscheiden, die bereits in französischen Apotheken aufgestellt werden dürfen. Darin untersuchen Patienten sich selbst, werden aber von einem Arzt, der sich online zuschaltet, dazu angeleitet. In den Stationen, die für Bahnhöfe geplant sind, soll ebenfalls der Arztkontakt per Internet erfolgen. Zusätzlich wird aber eine examinierte Krankenschwester vor Ort sein und bei der Untersuchung assistieren.
Krankenkassen zahlen
Die Bahnhofs-Stationen sollen auch deutlich größer sein, als die Kabinen zur Selbstuntersuchung. Eine Simulation zeigt eine Art Häuschen, in dem ein Sprechzimmer und ein Wartezimmer untergebracht sind, in der Ecke steht ein Ständer mit Untersuchungsgeräten. In den telemedizinischen Stationen werden Instrumente wie Stethoskop, Ultraschall oder EKG mit einem Computer verbunden. Medizinische Daten können so direkt über ein gesichertes System an den Arzt geschickt werden. Außerdem sollen z. B. Impfungen und Probenentnahmen zur Einsendung ins Labor möglich sein. Einen Termin für die telemedizinische Untersuchung werden Patienten nicht benötigen, abgerechnet werden kann die Telekonsultation über die französischen Krankenkassen. Die Pflichtversicherung und die Zusatzversicherung, über die die meisten Franzosen verfügen, decken die Kosten ab.
Konkurrenz zu Apotheken?
Unklar ist, ob es der SNCF berücksichtigen wird, wenn Bahnhofs-Apotheken vor Ort bereits über Telemedizin-Kabinen verfügen. Diese bedeuten für die Apotheken eine Investition, bei dem geplanten Angebot handelt es sich genau genommen um ein Konkurrenzprodukt. Auf Nachfrage der AZ sagte ein Unternehmenssprecher, der SNCF plane telemedizinische Stationen ausschließlich in „Versorgungswüsten”. Apotheken mit telemedizinischem Angebot gebe es dort nicht, daher könne auch keine Konkurrenz entstehen.
Kritische Ärzte, verwunderter Minister
Die französische Ärztekammer wirft dem SNCF vor, „falsche Prioritäten” zu setzen. Sie könne „nur ihre tiefe Beunruhigung ausdrücken” und warnt vor einer Deregulierung des Gesundheitssystems. Die Kammer sehe die Gefahr einer noch stärkeren Ungleichheit in der Versorgung, wenn einige Gebiete nur mit Telemedizin am Bahnhof versorgt sind.
Der französische Gesundheitsminister Aurélien Rousseau sagte der Zeitung „Liberation”, er habe „noch keine endgültige Meinung” zu dem Projekt. Er wurde von der Bekanntmachung offenbar überrascht. „Ich hätte es gut gefunden, wenn der SNCF mit mir spricht, ehe irgendetwas bekannt gegeben wird”. Die Erfahrung habe gezeigt, dass isolierte Kabinen, die nicht ins Versorgungssystem integriert sind, „nur mäßig erfolgreich seien“. Eine ärztliche Konsultation funktioniere „nicht wie ein Fotoautomat”. |
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