Gesundheitspolitik

Ärzte unzufrieden mit TI

Kurz vor der E-Rezept-Pflicht klagen Praxen über störanfällige Strukturen

ks | Ob schon zum 1. Januar 2024 der große Durchbruch für das E-Rezept kommt, daran lassen die Ergebnisse einer Umfrage in Arzt- und Psychotherapiepraxen zweifeln. Abstürze der Software gehören für viele zur Tagesordnung, vor allem das Auslesen der elektronischen Gesundheitskarte macht offenbar Probleme.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat es vergangene Woche nochmals in einem Interview mit dem Handelsblatt be­kräftigt: Das E-Rezept wird 2024 Standard. Die laut Gematik-Dashboard mittlerweile mehr als 10 Millionen eingelösten E-Rezepte seien für den Einstieg ausreichend. „Am Anfang wird es noch ein paar Schwierigkeiten geben, aber im Großen und Ganzen ist das Rezept bereit“, sagte Lauterbach. „Alle großen Hersteller von Praxissoftware haben das E-Rezept implementiert und erprobt. Ich sehe daher keinen Grund, weshalb es nicht funktionieren sollte.“

Es bleibt zu hoffen, dass in den zurückliegenden Monaten tatsächlich einiges passiert ist. Denn am vergangenen Donnerstag stellte das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi) Umfrage­ergebnisse vor, die kein gutes Licht auf die Software in den Praxen werfen. Allerdings bildet die Online-Umfrage, die das Zi zusammen mit dem Ärztenetzwerk Berlin unter Berliner Praxisinhaber:innen sowie ihren Mitarbeitenden durchgeführt hat, die Zeit vom 31. März bis zum 3. Juli 2023 ab.

Besonders erschwerend: eAU

Diese Ergebnisse zeigen jedoch: Fast jede zweite Praxis hat mehrfach im Monat Probleme mit der Praxissoftware, wenn es um die Umsetzung der Vorgaben zur Telematikinfrastruktur (TI) geht. In rund einem Viertel der Praxen kommt es häufig (d. h. wöchentlich) zum Absturz der Software. Besonders oft kommt es zu Schwierig­keiten beim Auslesen der elektro­nischen Gesundheitskarte (eGK), gefolgt von Störungen bei klassischen TI-Anwendungen wie dem Ausstellen einer elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU). Die eAU wird von 62,5% der Praxen im Versorgungsalltag als eher erschwerend wahrgenommen. Am ehesten erleichternd stufen 46,4% der Befragten den elektronischen Medikationsplan ein.

Dass wichtige TI-Anwendungen nicht genutzt werden können, begründet die Hälfte der Teilnehmenden mit der zeitaufwendigen Einführung (51,7%) und einer hohen Fehleranfälligkeit (50,4%).

Schotterpiste statt Daten-autobahn

Zi-Vorstandschef Dominik von Stillfried betont, dass die Niedergelassenen der Digitalisierung durchaus offen gegenüber stünden. Sie erhofften sich Arbeitserleich­terungen, doch für die Mehrheit komme es zu belastenden IT-Zusammenbrüchen. Aus Stillfrieds Sicht stellt sich die „von der Politik versprochene Datenautobahn für die Praxen eher als eine belastende Schotterpiste dar“. Das Nachsehen haben die Patienten.

Sibylle Steiner aus dem Vorstand der Kassenärztlichen Bundesver­einigung mahnt, dass ausreichend lange Testphasen nötig seien, um die TI-Anwendungen techno­logisch abzurunden, in den Softwaresystemen zu verankern und so praxistauglich zu machen. „Die bisherige Gesetzgebung zwingt die ambulante Versorgung immer noch dazu, unausgereifte und fehlerhafte Technik und Anwendungen in den Praxen zu verwenden – und bestraft sie auch noch finanziell dafür“, so Steiner. Darüber hinaus decke die TI-Monatspauschale bei Weitem nicht die Kosten der Praxen. |

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.