Gesundheitspolitik

Der Apotheken-Ökonom: Mystery-Boxen

Andreas Kaapke ist Professor für Handelsmanagement und Handelsmarketing an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW), Standort Stuttgart, und Inhaber des Beratungsunternehmens Prof. Kaapke Projekte. E-Mail: a.kaapke@kaapke-projekte.de

Im Einzelhandel halten seit Jahren sogenannte Mystery-Boxen Einzug. Die dahinter stehende Logik ist klar. Man bekommt in einem Paket Produkte, die man nicht kennt, zusammengestellt, die regulär deutlich mehr kosten würden als in der preislich attraktiven Box. Die Anbieter verknüpfen die Kaufargumente „unbekannt bzw. eine Art verpacktes Geschenk“ und den Preisvorteil miteinander. Im Unterschied zu Bundling-Angeboten ist den Kunden aber nicht klar, was sie kaufen. Dies ist beim Bundling-Angebot gerade gut ersichtlich. Zudem sind in den sogenannten Mystery-Boxen oftmals sehr viele Produkte drin, was die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass etwas Relevantes dabei ist, aber eben auch, dass viel nicht Relevantes darunter ist. Bei Adventskalendern, die über das typische Schokoladen-Format hinausgehen, findet sich dieses Phänomen des Mysteriösen wieder. Auch hier kann man sich bei 24 Türen nicht sicher sein, was sich alles dahinter verbirgt und natürlich stellt sich die Frage, ob der vermeintliche Preisvorteil ein faktischer Preisvorteil ist, wenn man die für den Käufer überflüssigen Produkte im Bundling preislich abzieht.

Anbieter verknüpfen diverse Motive mit derlei Angeboten. Natürlich kann man damit schwer verkäuf­liche Ware in einem attraktiven Umfeld noch abstoßen, die Kombination mit aus Sicht vieler Kunden attraktiven Produkten kann Erfolg verheißen. Aber auch Saisonartikel, die demnächst abgelöst werden, können noch rechtzeitig an den Kunden gebracht werden. Insgesamt findet eine Frequenzsteigerung statt, sodass das An­gebot als überdurchschnittlich attraktiv empfunden wird und die Kundenbindung kann gestärkt werden. Vielfach wird der Inhalt einer Mystery-Box aber auch negativ bewertet, dann nämlich, wenn aus Sicht des Käufers das Verhältnis aus Top und Flop nicht positiv ausfällt und man sich deshalb gedanklich vom Kauf distanziert. Das dann negative Image der Box überträgt sich im Zweifel auf das Handelsunternehmen und damit ist das Gegenteil von Frequenzsteigerung und Kundenbindung erreicht, da der Kunde nunmehr das Geschäft ob dieser schlechten Erfahrung meidet.

Vor-Ort-Apotheken fallen einem per se nicht ein, wenn es um Mystery-Boxen geht, denn die schwerpunktmäßig vertriebenen Produkte erfüllen den Tatbestand der Güter der besonderen Art, die sich derartigen Marketing-Aktionen entziehen. Das darf aber nicht damit verwechselt werden, dass man nicht auch darüber nachdenken könnte, dies doch zu tun. Die Online-Konkurrenz ist auf diesem Feld bereits aktiv. Feel-Well-Produkte in eine Mystery-Box gepackt oder als Geschenk bei entsprechenden Anlässen vorzuhalten, können auch hier einen Mehrwert stiften. Ob dies zum Image der jeweiligen Apotheke passt, müssen Inhaber und Mitarbeiter definieren. Aber gerade in der Vorweihnachts- und Adventszeit Boxen zusammenzustellen, die Tee, Kosmetik, Nahrungsergänzung oder auch Vitaminpräparate enthalten, die dem Käufer und Nutzer in gewisser Weise helfen (können), ist ein nachdenkenswerter Ansatz.

Viele Apotheken werden gegen solche Boxen mit dem zu hohen Aufwand argumentieren, andere vielleicht den dafür nicht vorhandenen Lagerplatz ins Feld führen, was in diesen Fällen dann auch für Kooperationen oder Großhändler ein Feld sein könnte, um ein solches Angebot den angeschlossenen Apotheken zu offerieren. In einer Kooperationszentrale vorkonfektionierte Boxen zu packen und dann den Apotheken anzubieten, kann Sinn machen und richtet vermutlich keinen Schaden an. Wenn der Preis für die Box dann so attraktiv ist, dass Kunden Interesse haben, können alle gewinnen und die Apotheke sich auch außerhalb des eigentlichen Kerngeschäfts mit diesem Zusatzangebot profilieren. Sicher werden Mystery-Boxen nicht zum Ertragsbringer Nummer eins in Apotheken und sicher wird dies nicht die Profilierung der Apotheke in ungeahnte Höhen katapultieren, aber als Ergänzung zum bestehenden, etablierten Programm, als Anreicherung an Services, vielleicht als Geschenkoption ausgebaut, um auch in Apotheken Angebote an Menschen zu richten, die Geschenke suchen, könnte eine solche Box auch deshalb interessant sein, da das Geheimnisvolle mit dem niedrigen Preis korreliert.

Ideen, die in anderen Branchen Raum greifen, und das tun gegenwärtig die Mystery-Boxen, sind auch für Apotheken zu durchdenken, denn Frequenz und Kundenbindung sind Währungen, die sich auch in Offizin-Apotheken bezahlt machen. |

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