Gesundheitspolitik

Berufung zu Opiumtinktur zurückgewiesen

Hanseatisches Oberlandesgericht entscheidet zur Rechtsstellung von Opiumtinktur

tmb | Das Hanseatische Ober­landesgericht hat aktuell in einer neuen Entscheidung zur Rechtsstellung von Opiumtinktur Berufung einer Apotheke gegen ein Urteil des Landgerichts Hamburg zurückgewiesen. Auch das Oberlandesgericht stuft die in Apotheken ohne Veränderung abgefüllte Opiumtinktur als zulassungspflichtiges Fertigarzneimittel ein. (Urteil vom 15. Juni, Az.: 3 U 43/21)

In der langen Geschichte der Rechtsstreitigkeiten um den arzneimittelrechtlichen Status von Opiumtinktur gibt es eine neue Entscheidung. Das Hanseatische Oberlandesgericht hat am 15. Juni die Berufung gegen ein Urteil des Landgerichts Hamburg vom 4. Februar 2021 abgewiesen. Die Vorinstanz hatte damals eine in einer Apotheke unverändert abgefüllte und abgegebene Opiumtinktur als zulassungspflichtiges Fertigarzneimittel eingestuft (Az. 312 O 112/20, siehe DAZ 2021, Nr. 11, S. 20). Daraufhin hatte das Gericht der beklagten Apotheke die Abgabe unverändert abgefüllter Opiumtinktur der Firma Maros untersagt. Geklagt hatte ursprünglich die dänische Firma Pharmanovia als Hersteller des Opiumtinktur-Fertigarzneimittels Dropizol®. An ihre Stelle ist inzwischen Atnahs Pharma Nordics getreten. Die betroffene Apotheke hatte Berufung eingelegt.

Betonung der Arzneimittelsicherheit

Auch das Hanseatische Oberlandesgericht sieht in der individuell abgefüllten Opiumtinktur ein Fertigarzneimittel. Ein Groß­gebinde ohne Zuordnung zu einem bestimmten Patienten sei „im Voraus hergestellt“. In der weiteren Argumentation betont das Gericht die Arzneimittelsicherheit. Es verweist auf frühere Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundesgerichtshofes und erklärt: „Würde durch die Verlagerung einfachster Herstellungstätigkeiten in die Apotheke der für die industrielle Herstellung vorgesehene Schutzmechanismus obsolet, entstünde eine erhebliche Schutzlücke.“

Unterschied zur Entscheidung auf Herstellerebene

Zugleich bekräftigt das Oberlandesgericht seine eigene Position, nach der die an Apotheken gelieferte Opiumtinktur kein Fertigarzneimittel ist. So hatte es selbst in einem Verfahren auf der Herstellerebene entschieden (Az. 3 U 144/19, siehe DAZ 2020, Nr. 21, S. 16). Doch das Gericht erklärt, daraus folge gerade nicht, dass die dann in der Apotheke „vorgenommene Abfüllung zwingend unter das Rezepturprivileg fiele“. Vielmehr sei dies nur der Fall, wenn „qualitative Zubereitungshandlungen“ vorgenommen würden. Damit liege hier eine Abgabe eines Fertigarzneimittels ohne Zulassung vor, die gegen § 21 Abs. 1 Arzneimittelgesetz (AMG) verstoße. Das Oberlandesgericht sieht die Voraussetzungen für eine Revision nicht gegeben. Denn die Rechts­sache habe keine grundsätzliche Bedeutung. „Es handelt sich vorliegend um eine Einzelfallentscheidung, die auf der Anwendung bereits bestehender höchstrichterlicher Rechtsprechung beruht“, so das OLG.

Foto: Victor Moussa/AdobeStock

ABDA: Nur wirksam zwischen den Streitparteien

Die Entscheidung ist trotzdem noch nicht rechtskräftig. Gegen die Entscheidung, die Revision nicht zuzulassen, kann eine Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt werden. Zu den Konsequenzen aus der Entscheidung betont die ABDA auf Anfrage der DAZ wie schon nach dem Urteil in erster Instanz, dass auch eine rechtskräftige Entscheidung nur Wirkung zwischen den Parteien hätte, also nur für die beklagte Apotheke.

Berufspolitische Perspektive

Allerdings dürfte das Urteil die berufspolitische Diskussion über eine Klarstellung des Gesetzgebers zu diesem Thema anheizen. Denn aus pharmazeutischer Sicht irritiert weiterhin, dass eine Abfüllung für einen einzelnen Patienten als Fertigarzneimittel betrachtet wird und daraufhin Maßstäbe wie an Defekturarzneimittel angelegt werden. Bezüglich der Arznei­mittelsicherheit wird nicht thematisiert, dass das betreffende Arzneimittel im europäischen Arzneibuch monographiert ist. Außerdem bleibt unbeachtet, dass mit der Verordnung und der vorgeschriebenen Plausibilitätsprüfung und Freigabe zwei Heilberufler den Fall jeweils individuell prüfen und Verantwortung übernehmen. |

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