Gesundheitspolitik

Droht ab Ostern das Chaos beim Engpassmanagement?

Corona-Abgabeerleichterungen laufen am 7. April aus / ABDA drängt auf gesetzliche Regelung

cha | Eigentlich eingeführt, um unnötige Kontakte während der Corona-Pandemie zu vermeiden, leisten die erleichterten Abgabe­regeln hervorragende Dienste beim Management von Engpässen. Davon profitieren in erster Linie die Patien­ten, aber auch die Apotheken, deren Auf­wand für das Engpassmanagement ohnehin schon sehr groß ist. Doch das könnte schon sehr bald ein Ende haben, denn die SARS-CoV-2-Arzneimittelversorgungsverordnung läuft am 7. April aus.

Zwar plant Gesundheitsminister Lauterbach im Arzneimittel-Lieferengpass­bekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetz (ALBVVG) eine Nachfolgeregelung, die aber in der derzeitigen Fassung den Apotheken weitaus weniger Freiheiten zugesteht und zudem frühestens im August in Kraft tritt. Damit würden ab Ostern wieder dieselben rigiden Regeln beim Austausch gelten wie vor der Pandemie. Doch wie könnte das an­gesichts der deutlichen Zunahme an Engpässen zu befürchtende Chaos in den Apotheken noch abgewendet werden?

Zum einen wäre natürlich eine Übergangsregelung durch den Verordnungsgeber denkbar. Doch einer Verlängerung der SARS-CoV-2-Arzneimittelversorgungsverordnung erteilte das Bundesgesundheitsministerium (BMG) bereits vor einiger Zeit eine Absage. Auf Anfrage erklärte eine Sprecherin: „Eine Verlängerung der in der Verordnung geregelten vereinfachten Austauschregelungen für Apotheken über den 7. April 2023 hinaus ist aufgrund der zeitlichen Vor­gaben im Infektionsschutzgesetz nicht möglich.“ Dabei verwies sie auf § 5 Abs. 4 Satz 2 IfSG. Darin ist geregelt, dass bestimmte Verordnungen, die das BMG während der Pandemie erlassen hat, spätestens am 7. April 2023 auslaufen – das betrifft auch die SARS-CoV-2-Arzneimittelversorgungsverordnung.

Zum anderen könnte man sich aber auch mit den gesetzlichen Krankenkassen darauf einigen, dass bis zum Inkrafttreten des ALBVVG im Rahmen einer Friedenspflicht die erleichterten Abgaberegelungen beibehalten werden, ohne dass die Apotheken Retaxationen zu befürchten haben.

Bei der ABDA sieht man aber offenbar die Möglichkeit, eine gesetzliche Regelung zu erreichen. Auf Anfrage erklärt ein Sprecher: „Die ABDA wird in den kommenden Tagen den Druck noch weiter erhöhen und sich vor allem beim Gesetzgeber dafür einsetzen, dass die entstehende Regelungslücke kurzfristig zu schließen ist. Wir werden dabei auch deutlich zum Ausdruck bringen, wer die poli­tische Verantwortung trägt, dass die Patienten in vielen Fällen nicht unbürokratisch versorgt werden können.“

ABDA: Keine Aussicht auf Einsicht bei den Kassen

Auf ein entsprechendes Abkommen mit der Kassenseite setzt die ABDA dagegen nicht: „Eine gesetzliche Regelung ist besser als eine Neuverhandlung des Rahmen­vertrags mit den Krankenkassen oder die Selbsterklärung einzelner Krankenkassen. Die Apotheken benötigen Rechtssicherheit inklusive Retaxsicherheit. Zudem besteht angesichts der aktuellen Äußerungen und Stellungnahmen der Krankenkassen auch in dieser Frage keine Aussicht auf Einsicht.“

Mit dieser Beurteilung liegt die ABDA durchaus richtig. Auf Anfrage verweist der GKV-Spitzenverband auf seine Stellungnahme zum ALBVVG, in der auch die dort vorgesehenen deutlich abgespeckten erleichterten Abgaberegeln abgelehnt werden. Zur SARS-CoV-2-Arzneimittelversorgungsverordnung heißt es in der Antwort der Presseabteilung, dass „allein die Vermeidung von persönlichen Kontakten auch in Apotheken im Mittelpunkt dieser gesundheitspolitischen Maßnahme“ stand. Und weiter: „Bei einem Lieferengpass ist dies jedoch nicht das richtige Kriterium, da das eigentlich abzugebende Arzneimittel ja durchaus beim pharmazeutischen Unternehmer oder dem Großhandel verfügbar sein kann.“

Publikumspresse wird aktiviert

Der Startschuss für den von der ABDA angekündigten Druck dürfte schon morgen fallen: Vergangene Woche erging an die „Redaktionen von Online, Print, Radio und Fernsehen“ eine Einladung zur Pressekonferenz am Dienstagvormittag sowohl in Berlin als auch im Live-Stream. Der Titel der Veranstaltung lautet: „Apothekerschaft warnt: Nach Ostern droht ein Versorgungschaos“, im Einladungstext heißt es: „Ab Ostern droht eine Regelungslücke, welche die Arzneimittelversorgung akut gefährdet. Die ABDA hat deshalb Vorbereitungen für zahlreiche politische Protestaktionen getroffen.“ Wie diese aussehen, wie die Medien darüber berichten und wie die Reaktion aus dem Ministerium ausfällt – darauf darf man gespannt sein. |

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