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Pharmazeutische Dienstleistungen
Zehn Jahre POP
Über 80 Fälle geben Tipps für interdisziplinäre Zusammenarbeit zum Nutzen der Patienten
Inzwischen wurden 82 POP-Fälle publiziert. Sie stehen exemplarisch für die vielen Facetten der pharmazeutischen Betreuung, für die Herausforderungen, die das Medikationsmanagement nicht nur pharmazeutisch bedeutet, sondern auch im interdisziplinären Zusammenspiel. Sie sind aber auch beredte Beispiele für das, was die Pharmazie im Gesundheitssystem zu leisten vermag. Einer der Gründer und Ideengeber der POP-Serie war Prof. Dr. Hartmut Derendorf von der University of Florida, der leider im November 2020 viel zu früh verstorben ist. Federführend war und ist Apotheker Dr. Olaf Rose für die Serie tätig, inzwischen zusammen mit Apothekerin Dr. Dorothee Dartsch. Exemplarisch hier ein kurzer Einblick in die vier POP-Fälle von 2022.
POP-Fall Nr. 79: Eine Hypertonie-Patientin südamerikanischer Nationalität mit afrikanischen Wurzeln. Ihr größtes Problem – ein nur schwer einstellbarer Blutdruck. Anamnestisch sind eine Hyperlipidämie, koronare Herzkrankheit mit Zustand nach Myokardinfarkt, ein Stent und eine arterielle Verschlusskrankheit bekannt. Die Patientin ist Typ-1-Diabetikerin, ihr Blutzucker ist bei einem HbA1c-Wert von 7,3% stabil eingestellt. Es traten wiederholte mittelgradige depressive Episoden auf. Der Fokus in der Medikationsanalyse soll auf der Kontrolle der Blutdruckwerte liegen. Nach ausgeschöpfter Erstlinien-Therapie bedarf es einer individuellen Lösung. Der vorliegende Fall soll die verschiedenen Perspektiven darstellen und auf Behandlungsmöglichkeiten jenseits der Leitlinien hinweisen. Dazu muss der Fall aus unterschiedlichen Blickwinkeln beleuchtet werden: aus Sicht des Patienten, aus medizinischer und pharmazeutischer Sicht und hier auch aus Leitliniensicht, aber auch die nichtpharmakologische Perspektive muss eingenommen werden. Es werden Vorschläge mit dem besten Nutzen-Risiko-Verhältnis erarbeitet und diskutiert. Die Interventionen werden übersichtlich in einer Tabelle zusammengefasst (DAZ 5, S. 53).
Auf Basis der gleichen Matrix wurden 2022 drei weitere POP-Fälle vorgestellt: POP-Fall Nummer 80 befasste sich mit einer 73-jährigen Patientin, die über Gewichtszunahme, Druckschmerz im Oberbauch und vermehrt Schwindel geklagt hatte. Anamnestisch sind eine Leberzirrhose bei einer nicht-alkoholischen Steatohepatitis (NASH), eine Gonarthrose rechts und eine Refluxösophagitis bekannt. Der Fokus dieser Medikationsanalyse liegt auf der Therapie der dekompensierten Leberzirrhose bei deutlich eingeschränkter Nierenfunktion und Verdacht auf ein hepatorenales Syndrom.
Welche Maßnahmen zur Primär- und Sekundärprävention der typischen Zirrhose-Komplikationen sollten ergriffen werden? Wie kann die Therapie weiterer Erkrankungen an die Lebererkrankung angepasst werden? In diesem Fall werden die verschiedenen Perspektiven dargestellt, die Nutzen-Risiko-Abschätzung verdeutlicht und auf die Bedeutung einer guten Therapieüberwachung hingewiesen (DAZ 18, S. 45).
Im POP-Fall Nummer 81 steht eine 77-jährige Parkinson-Patientin im Mittelpunkt. Sie klagt über Bradykinese, Obstipation und starken Gewichtsverlust. Sie weist verschiedene Parkinson-typische Gang- und Haltungsanomalien auf. Es kam bereits zu mehreren Stürzen mit Frakturen.
Diagnostiziert wurde auch eine ausgeprägte Schluckstörung (Dysphagie). Sie wurde wegen wahnhafter Verkennung mit Fremdaggressivität stationär aufgenommen, befindet sich nun aber wieder in der Pflegeeinrichtung. H. H. zeigt sehr geringe Krankheitseinsicht und geringe Adhärenz bei der Umsetzung der mit ihr vereinbarten Therapieziele. In diesem Fallbeispiel wird dargestellt, wie eine Patientin mit fortgeschrittenem Parkinson bestmöglich und im Zusammenspiel der Professionen unterstützt werden kann (DAZ 31, S. 47).
POP-Fall 82 widmet sich einem Patienten mit Nierenzellkarzinom, das oral mit Sorafenib therapiert wird. Diese Therapie ist gut wirksam, führt allerdings immer wieder zu starkem Hautausschlag und Diarrhö. Zudem hat sich diese Therapie ungünstig auf eine bestehende arterielle Hypertonie, eine Koronarerkrankung und eine periphere arterielle Verschlusskrankheit ausgewirkt. Damit die Nebenwirkungen den Therapieerfolg nicht gefährden, was hier einerseits durch mangelnde Adhärenz und andererseits durch notwendige Dosisreduktionen oder Therapieumstellungen drohen kann, ist ihr Management besonders wichtig. Medizinisch heikel ist vor allem, beim Gerinnungsmanagement die richtige Balance zu treffen. Der Zusammenhang zwischen unerwünschten Wirkungen, Adhärenz, Therapieanpassungen und Antitumorwirkung ist bei jeder Krebstherapie von Bedeutung, die Ausprägung ist individuell (DAZ 44, S. 43). |
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