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- DAZ 33/2022
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Arzneimittel und Therapie
Mehr Vertrauen in Statine
Individuelle Beobachtungsversuche können Adhärenz fördern
Die laut klinischen Studien als sicher geltenden Statine sind bei den Patienten oft verpönt. Einen großen Einfluss haben Medienberichte, die Ergebnisse von nicht randomisierten, nicht verblindeten Studien verbreiten und Angst vor möglichen Nebenwirkungen, allen voran vor Muskelschmerzen, schüren [1]. Nicht selten prallen die Gegensätze von evidenzbasierter Medizin und subjektiv erlebten Nebenwirkungen (oder der Angst vor solchen) in den Arztpraxen und Apotheken aufeinander und lassen sich nicht einfach auflösen. Sogenannte N-von-1-Versuche, in denen der Patient das alleinige Subjekt einer kleinen Beobachtungsstudie ist, könnten den Wissenschaftlern um Dr. Kate Tudor von der University of Oxford zufolge einen Ausweg weisen [2].
Sie rekrutierten über britische Hausärzte Probanden, die für eine Therapie mit Statinen infrage kommen, aber eine solche schon einmal abgelehnt oder nicht vertragen hatten. Die Probanden wurden in drei Gruppen randomisiert. Die Kontrollgruppe bildeten Patienten, denen die teilnehmenden Hausärzte wie gewohnt die Einnahme eines Statins empfahlen. In den beiden N-von-1-Interventionsarmen hingegen wurden die Probanden zunächst in einem ausführlichen Aufklärungsgespräch über den Nutzen und die Risiken der Statine aufgeklärt, um Vertrauen aufzubauen. Daraufhin wurden die individuellen N-von-1-Versuche gestartet, entweder im verblindeten Design oder unverblindet: Die Patienten alternierten über die Studiendauer von sechs Monaten für je vier Wochen zwischen der Einnahme von 20 mg Atorvastatin (open label) und einer präparatefreien Zeit oder zwischen dem Statin und Placebo in randomisierten Blöcken bei den verblindeten Versuchen. Sie wurden gebeten, alle während dieser Zeit auftretenden Symptome zu protokollieren. Für jeden Patienten wurden die erfassten Daten in einem Bericht zusammengefügt und am Ende persönlich mit dem Hausarzt diskutiert, der dann die Statin-Einnahme empfahl.
93 Personen und damit 13% der eingeladenen Patienten willigten in die Studie ein (Kontrolle: 20; verblindeter N-von-1-Arm: 37, unverblindeter N-von-1-Arm: 36, Durchschnittsalter: 73,9 Jahre). Von den 73 Probanden der Interventionsgruppen absolvierten 43 die komplette Studie und erschienen zum Arztgespräch. In den Interventions-Armen ließen sich insgesamt 33 der initial 73 Probanden (45%) überzeugen, die Statin-Einnahme aufzunehmen, wohingegen das herkömmliche Vorgehen nur 4 Patienten (20%) dazu ermutigte (Differenz von 24%, 95%-Konfidenzintervall: 5 bis 43%; p = 0,041). Dabei schien keine Rolle zu spielen, ob die N-von-1-Versuche verblindet oder unverblindet durchgeführt wurden, die Erfolgsquoten unterschieden sich nicht. Bezüglich der berichteten unerwünschten Ereignisse ergaben sich keine signifikanten Unterschiede zwischen den Zeiträumen mit oder ohne Statin.
Unkompliziert umsetzbar
Die den verblindeten N-von-1-Versuchen ebenbürtigen Open-label-Versuche können den Studienautoren zufolge bereits heute von jedem Hausarzt schon bei der Verschreibung von Statinen umgesetzt werden, um die Therapieadhärenz zu stärken. Unklar bleibt allerdings, inwiefern das ausführlichere Aufklärungsgespräch, das Teil der Intervention war, das Ergebnis beeinflusste. |
Literatur
[1] Zhang H et al. Discontinuation of statins in routine care settings: a cohort study. Ann Intern Med 2013;158(7):526-34
[2] Tudor K et al. Unblinded and Blinded N-of-1 Trials Versus Usual Care: A Randomized Controlled Trial to Increase Statin Uptake in Primary Care. Circ Cardiovasc Qual Outcomes 2022;15:e007793
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