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Arzneimitteltherapiesicherheit
Glucocorticoid-Therapie: kurz und schmerzlos
Was bei der Stoßtherapie zu beachten ist
Glucocorticoide gelten als Schlüsselmedikamente der heutigen Medizin. Sie kommen in der Therapie unterschiedlichster Krankheitsbilder in verschiedenen Darreichungsformen und individuellen Dosierungen zum Einsatz. Vorbild ist das Steroidhormon Cortisol, das in der Nebennierenrinde gebildet wird (siehe Kasten „Aufgefrischt“). In Bezug auf die systemische Gabe muss man differenzieren, ob Glucocorticoide im Rahmen einer Ersatztherapie oder einer Pharmakotherapie eingesetzt werden. Bei Nebennierenrindeninsuffizienz möchte man die körpereigene Produktion von Cortisol nachahmen. Dieses physiologisch wichtigste Glucocorticoid steht unter dem Namen Hydrocortison als Arzneimittel zur Ersatztherapie zur Verfügung. Bei der Pharmakotherapie wird vorrangig eine immunsuppressive Wirkung gewünscht. Hier wird synthetischen Cortisol-Derivaten mit Wirkspiegeln deutlich über der physiologischen Konzentration der Vorzug gegeben.
Aufgefrischt: Die körpereigene Cortisol-Produktion
Glucocorticoide zählen neben Sexualsteroiden und Mineralocorticoiden zur Gruppe der Corticosteroide, die in der Nebennierenrinde aus Cholesterin gebildet werden. Gemeinsames Grundgerüst der Hormone ist das Progesteron. Glucocorticoide dienen der Bereitstellung von Energie, indem sie unter anderem die Gluconeogenese durch vermehrten Eiweißabbau fördern und lipolytische Effekte der Catecholamine verstärken. Zudem verbessern sie die Mikrozirkulation und bremsen immunologische und entzündliche Vorgänge, die dem Körper Energie rauben. Dazu binden Glucocorticoide an einen spezifischen Glucocorticoid-Rezeptor im Zytoplasma. Dieser Komplex dissoziiert in den Zellkern und verändert dort die Genexpression.
Die Nebennierenrinde eines gesunden Erwachsenen sezerniert täglich etwa 15 bis 30 mg Cortisol und 1 bis 2 mg Corticosteron. In Stresssituationen werden bis zu 240 mg Cortisol pro Tag ausgeschüttet. Cortisol wird nicht gespeichert, sondern über Synthese reguliert: Nimmt die Konzentration an freiem Cortisol ab, wird unter Einfluss von Corticoliberin aus dem Hypothalamus das adrenocorticotrope Hormon (kurz ACTH) in der Hypophyse freigesetzt, was wiederum die Nebennieren dazu anregt, vermehrt Glucocorticoide zu bilden. Die Sekretion folgt einem zirkadianen Rhythmus: Maximale Cortisol-Plasmaspiegel werden morgens zwischen sechs und neun Uhr erreicht, minimale Spiegel gegen Mitternacht (s. Abb.).
Wann werden Glucocorticoide kurzfristig eingesetzt?
Während die Dosis im Rahmen einer pharmakodynamischen Dauertherapie und einer Substitutionstherapie über Jahre bzw. lebenslang relativ konstant bleibt, werden Glucocorticoide bei einer Stoßtherapie in individueller Dosierung nur über wenige Tage bis Wochen gegeben. Eine kurzfristige Anwendung zielt darauf ab, mit hohen Initialdosen möglichst schnell eine Entzündung oder eine Immunreaktion unter Kontrolle zu bringen. Dies ist der Fall, wenn sich eine Krankheit akut verschlechtert, beispielsweise bei COPD, Asthma bronchiale, Morbus Crohn, Colitis ulcerosa, Hautkrankheiten und rheumatischen Erkrankungen.
Häufig kommen auch Verordnungen im HNO-Bereich vor. So wird beispielsweise bei allergischer Rhinosinusitis eine Kurzzeittherapie über acht Tage mit Methylprednisolon zusätzlich zu Antihistaminika empfohlen, wenn diese nicht ausreichend wirken. Die (abgelaufene) S1-Leitlinie „Hörsturz“ empfiehlt eine Drei-Tages-Therapie mit 250 mg Prednisolon pro Tag.
In den aktuellen Fachinformationen von Dexamethason-Präparaten wird auf die Behandlung von COVID-19 hingewiesen, die eine zusätzliche Sauerstoffzufuhr erfordert. Erwachsene Patienten erhalten einmal täglich 6 mg Dexamethason über einen Zeitraum von bis zu zehn Tagen.
Unser Experte aus der Endokrinologie
Prof. Dr. med. Stephan Petersenn ist Facharzt für Innere Medizin, Diabetologie und Endokrinologie und betreibt die ENDOC Praxis für Endokrinologie und Andrologie in Hamburg. Er ist Autor zahlreicher Fachpublikationen und Mediensprecher der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie (DGE).
Wie wird der Wirkstoff ausgewählt?
Allen Glucocorticoiden gemeinsam ist die Bindung an den Glucocorticoid-Rezeptor. Unterschiede ergeben sich aus der individuellen Pharmakokinetik und Pharmakodynamik. Um die Wirksamkeit und die Nebenwirkungswahrscheinlichkeit der einzelnen Wirkstoffe vergleichen zu können, wurde der Begriff „Prednisolon-Äquivalent“ geprägt. Damit wird beschrieben, wie viel Milligramm eines Glucocorticoids die gleiche Wirksamkeit entfaltet wie 30 mg Cortisol/Tag, der bei normaler Belastung maximal synthetisierten physiologischen Menge (s. Tab.).
Arzneistoff | Darreichungsformen | Präparate (Beispiele) | relative glucocorticoide Potenz | relative mineralcorticoide Potenz | Äquivalenzdosis [mg] | Cushing-Schwellendosis [mg/Tag] |
---|---|---|---|---|---|---|
Glucocorticoide mit kurzer Wirkdauer (acht bis zwölf Stunden) | ||||||
Hydrocortison | Tabletten, Kapseln | z. B. Acis, Galen, Hoechst | 1 | 1 | 20 | 30 |
Retard-Tabletten | Plenadren® | |||||
Glucocorticoide mit mittellanger Wirkdauer (12 bis 36 Stunden) | ||||||
Cloprednol | Tabletten | Syntestan® | 8 | 0 | 2,5 | 3,74 bis 7,5 |
Deflazacort | Tabletten | Calcort® | 3 | < 0,5 | 6 | 10,5 bis 13,5 |
Methylprednisolon | Tabletten | M-PredniHexal (4 mg; 8 mg bzw. 16 mg), Metypred (4 mg; 8 mg; 16 mg; 40 mg; 125 mg; 250 mg; 1000 mg), Urbason® (4 mg; 8 mg; 16 mg; 40 mg) | 5 | 0 | 4 | 6 |
Prednisolon | Lösung zum Einnehmen | Okrido® | 4 | 0,6 | 5 | 7,5 |
Tabletten | Decortin® H (1 mg; 5 mg; 10 mg; 20 mg; 50 mg), Dermosolon (5 mg; 20 mg) | |||||
Prednison | Tabletten | Decortin® (5 mg; 20 mg; 50 mg), Prednison Galen® (5 mg; 10 mg; 20 mg; 50 mg) | 4 | 0,6 | 5 | 7,5 |
Tabletten mit veränderter Wirkstofffreisetzung | Lodotra® (1 mg; 2 mg; 5 mg) | |||||
Triamcinolon | Tabletten | Volon® (4 mg; 8 mg; 16 mg) | 5 | 0 | 4 | 6 |
Glucocorticoide mit langer Wirkdauer (> 48 Stunden) | ||||||
Betamethason | Lösung zu Einnehmen | Celestamine® N | 30 | 0 | 0,75 | 1 |
Dexamethason | Lösung zu Einnehmen | InfectoDexaKrupp® | 30 | 0 | 0,75 | 1 bis 1,5 |
Tabletten | Dexamethason Tad (0,5 mg; 4 mg; 8 mg; 20 mg; 40 mg), Fortecortin® (0,5 mg; 2 mg; 4 mg; 8 mg) |
Nachteil von Hydrocortison ist, dass es eine relative starke Wirkung auf den Salz-, Wasser- und Kalium-Haushalt hat. Es besteht das Risiko von Bluthochdruck oder/und Kaliummangel. Bei synthetischen Glucocorticoiden sind mineralcorticoide Effekte deutlich schwächer bzw. gar nicht ausgeprägt. Dafür können andere unerwünschte Wirkungen präsenter sein, zum Beispiel eine Erhöhung des Blutzuckers. Zudem werden sie in der Regel langsamer abgebaut und wirken damit länger dämpfend auf die Hypophysen-Nebennierenachse.
Das synthetische Cortisol-Derivat Prednisolon gilt als der Goldstandard und wirkt etwa viermal stärker als sein Vorbild (7,5 mg Prednisolon entsprechen 30 mg Cortisol, s. Tab.). Das Prodrug Prednison ist genauso wirksam, muss aber zunächst in der Leber ins metabolisch aktive Prednisolon umgewandelt werden. Durch Methylierung am C-16 im Cortisol-Grundgerüst ist Methylprednisolon stärker wirksam als Prednisolon und hat gar keine mineralcorticoide Wirkung mehr. Eine weitere Steigerung wird durch Einführung von Halogenatomen an C-9 (insbesondere Fluor) erzielt wie im Fall von Triamcinolon. Die stärksten, da am längsten wirksamen (> 48 Stunden) Glucocorticoide sind Betamethason (25- bis 30-mal stärker als Cortisol) und Dexamethason (25-mal stärker).
Petersenn: „Therapien mit Prednison, Prednisolon und Methylprednisolon sind gut steuerbar, das heißt mit den zur Verfügung stehenden Präparaten lässt sich die Dosierung individuell einstellen und praktikabel ausschleichen. Die Tabletten können in 5-mg- bis 10-mg-Schritten durch Teilen reduziert werden. Dexamethason und andere potente Glucocorticoide sind bereits in niedrigen Dosierungen deutlich wirksamer als Hydrocortison, sodass eine Dosisreduktion mit den verfügbaren Präparaten schwierig wird.“
Wie wird die Dosierung festgelegt?
Die Dosierung bei einer Stoßtherapie ist deutlich höher als bei einer Dauertherapie und wird individuell ermittelt. Die Initialdosis von Prednisolon kann zwischen 30 mg und 1000 mg schwanken. Es besteht keine enge Dosis-Wirkungs-Beziehung. Man schätzt, dass die Erhöhung der Dosis um das Zehnfache die Wirkung nur um 50% steigert.
Petersenn: „Über die genaue Höhe der Dosis im Rahmen einer Stoßtherapie entscheidet der Arzt basierend auf der Grunderkrankung und der Krankheitsaktivität. Hierbei werden sehr hohe Dosierungen (> 250 mg Prednisolon/Tag) für wenige Tage gegeben. Über die Notwendigkeit einer weiteren Therapie, die deutlich niedriger dosiert ist (z. B. Prednisolon 0,5 bis 1 mg/kg Körpergewicht), wird dann individuell abhängig von der Art und Aktivität der Erkrankung entschieden. Nicht zuletzt spielt dabei auch Erfahrung eine große Rolle.“
Welche Nebenwirkungen sind möglich?
Die Angst vor Nebenwirkungen ist einer der häufigsten Gründe, warum Patienten einer Therapie mit Glucocorticoiden ablehnend gegenüberstehen. Entscheidend sind die Höhe der Dosis und die Therapiedauer. Gerade bei der Stoßtherapie müssen keine chronischen Nebenwirkungen befürchtet werden. Selbst hohe Einzeldosen werden über einige Tage in der Regel problemlos vertragen. Wird die Kurzzeittherapie jedoch oft durchgeführt, etwa im Fall von wiederkehrenden Krankheitsschüben, steigt das Risiko für Nebenwirkungen. Dazu zählen: Schlafstörungen, Muskelschwäche, Knochenschwund, Infektneigung, Blutbildveränderungen, erhöhte Blutzuckerspiegel, Bluthochdruck, Kalium-Mangel, Ödeme, Entzündung der Magenschleimhaut, Glaukom, erhöhte Blutungsneigung, Fetteinlagerungen im Gesicht (Vollmondgesicht) und kräftiger Nacken (Stiernacken).
Um das Risiko für ein Cushing-Syndrom (mit „u“ gesprochen!) abschätzen zu können, wurde eine Schwellendosis definiert: 7,5 mg Prednisolon entsprechen der täglichen physiologischen Cortisol-Produktion. Ab dieser Dosierung steigt zeitabhängig das Risiko für Nebenwirkungen.
Petersenn: „Es gibt z. B. Studien zur Behandlung der endokrinen Orbitopathie, die zeigen, dass eine Stoßtherapie mit Prednisolon einmal pro Woche intravenös weniger Nebenwirkungen hervorruft als eine tägliche Tabletteneinnahme. Dennoch sollten Maßnahmen zur Senkung des Thrombose-Risikos beachtet werden, Kontrollen von Blutdruck und Glucose-Spiegeln erfolgen und bei sehr hohen Dosen eine Prophylaxe zur Verhinderung von Magenulcera initiiert werden. Ein routinemäßiger Einsatz von Protonenpumpeninhibitoren sollte jedoch vermieden werden.“
Müssen Glucocorticoide grundsätzlich morgens eingenommen werden?
Im ungünstigsten Fall kann eine Glucocorticoid-Therapie eine Nebennierenunterfunktion provozieren. Die korrekte Einnahme ist entscheidend, um dieses Risiko zu senken. So wird empfohlen, die Therapie so nah wie möglich an der physiologischen Cortisol-Produktion zu orientieren. Das bedeutet in der Regel eine morgendliche Einnahme. Die Fachinformationen von Prednisolon-Präparaten lassen die Verteilung von hohen Tagesdosen in Abhängigkeit von der Erkrankung auch auf zwei bis vier Einzelgaben über den Tag verteilt zu. Im Fall von Methylprednisolon besteht die Möglichkeit einer alternierenden Therapie.
Petersenn: „Grundsätzlich haben sich zwei Strategien etabliert. Bei der synchronen Gabe werden Glucocorticoide angepasst an den zirkadianen Rhythmus der körpereigenen Cortisol-Produktion morgens gegeben. Beim asynchronen Schema wird abends eine Dosis eingenommen, um einen starken Effekt während des Zeitpunkts niedriger Cortisol-Spiegel zu erzielen oder um unerwünschte Wirkungen zu reduzieren. Wurde die Therapie mittags begonnen, um keine Zeit zu verlieren, wird die Einnahme meist am folgenden Morgen fortgesetzt. Die Gabe mittags beizubehalten, ist eher ungewöhnlich.“
Gibt es Lebensmittel, die man meiden sollte?
Neben der morgendlichen Gabe darf auch der Hinweis „zu oder nach dem Essen“ bei der Beratung zu Glucocorticoiden nicht fehlen. Laut Professor Petersenn ist dabei fast alles erlaubt.
Petersenn: „Magenreizende Nahrungsmittel sollten bei der hochdosierten Stoßtherapie vermieden werden. Ansonsten sind keine besonderen Beschränkungen notwendig. Ich möchte aufgrund der Beobachtung häufiger Fehler hierbei ergänzen, dass die postprandiale Gabe nur für die Pharmakotherapie gilt. Bei einer Substitution mit Hydrocortison muss die Einnahme morgens so früh wie möglich erfolgen, also gleich nüchtern nach dem Aufstehen. Ansonsten würde man noch weiter hinter dem physiologischen Peak hinterherhängen.“
Muss immer ausgeschlichen werden?
Die Tabletten, die sich für eine Stoßtherapie eignen, sind in der Regel teilbar, meist sogar viertelbar. Ein individuelles Dosierungsschema zeigt auf, wann und wie der Patient die Dosis reduzieren soll. Die Fachinformationen schlagen bei Dosierungen über 30 mg Prednisolon pro Tag eine Reduktion um 10 mg alle zwei bis fünf Tage vor. Allerdings geben sie auch den Hinweis, dass hohe und höchste Dosen, die über wenige Tage gegeben wurden, in Abhängigkeit von der Grunderkrankung und dem klinischen Ansprechen auch ohne Ausschleichen abgesetzt werden können.
Petersenn: „Mit dem Ausschleichen möchte man der Nebenniere Zeit geben, ihre vollständige Funktion zurückzuerlangen. Wie hoch das Risiko einer Atrophie ist, hängt unter anderem von der Dosis und Therapiedauer ab. Es gibt keinen strengen Grenzwert, aber die Erfahrung hat gelehrt, dass eine Glucocorticoid-Gabe ab etwa zwei bis vier Wochen nicht abrupt beendet werden darf. Falls ein Arzt auch bei kürzeren Therapien ein Ausschleichen wünscht, möchte er damit ein erneutes Aufflammen der Erkrankung vermeiden. Generell gilt aber, die Glucocorticoid-Exposition möglichst gering zu halten.“
Was, wenn eine Einnahme vergessen wurde oder Erbrechen die Aufnahme verhindert hat?
Die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie gibt Patienten auf ihrer Website hilfreiche Tipps im Umgang mit Glucocorticoiden (www.endokrinologie.net/krankheiten-glukokortikoide.php). Für eine Therapie über mehr als vier Wochen gilt die Regel, im Zweifel lieber eine Tablette mehr zu nehmen als eine zu wenig. Im Fall von Magen-Darm-Beschwerden sollte die Dosis sogar eigenmächtig erhöht werden. Für die Beratung zur Stoßtherapie spielt das laut Professor Petersenn aber keine Rolle.
Petersenn: „Das Motto ‚Nicht kleckern, sondern klotzen!‘ gilt vorwiegend für die Substitutionstherapie: Das Hydrocortison ist in diesem Fall lebensnotwendig und die Patienten merken sofort, wenn sie eine Dosis vergessen haben. Bei der Pharmakotherapie liegen die Dosierungen deutlich über dem physiologischen Bereich. Das Risiko, in eine Addison-Krise zu rutschen, ist weitaus niedriger als bei Patienten, die keine funktionstüchtige Nebennierenrinde haben. Zudem wirken die synthetischen Glucocorticoide länger. Eine vergessene Gabe ist deshalb nicht ganz so dramatisch, insbesondere in der Ausschleichphase, sollte aber nachgeholt werden, sobald daran gedacht wird.“
Sollte man die Dosis bei Stress erhöhen?
Auch in anderen Situationen kann bei einer Glucocorticoid-Therapie eine Anpassung der Dosis notwendig werden, zum Beispiel bei starkem Stress oder fieberhaften Infekten. Im Fall der Stoßtherapie gilt diese Praxis nicht grundsätzlich.
Petersenn: „Auch diese Maßnahme gilt insbesondere für die Ersatztherapie, wo neben einer Verdopplung bis Verdreifachung der Dosis auch die Applikation von Zäpfchen sowie die subkutane Applikation im Notfall infrage kommt. Im Rahmen einer Pharmakotherapie ist eine zusätzliche Glucocorticoid-Gabe nur bei stärkerer Stressbelastung, zum Beispiel bei operativen Eingriffen, notwendig. Bei einer täglichen Dosis von 10 bis 15 mg Prednisolon werden Wirkspiegel erreicht, die leichtere Stressereignisse bereits abdecken.“
Werden Interaktionen schon bei Kurzzeittherapie relevant?
Glucocorticoide sollten nur vorsichtig bei schwer einstellbarer Hypertonie, Diabetes mellitus, Eng- und Weitwinkelglaukom und Osteoporose zum Einsatz kommen. Klinisch relevante Interaktionen bestehen unter anderem mit Antidiabetika, Antikoagulantien, Herzglykosiden, Diuretika und Laxantien – auch schon nach wenigen Tagen?
Petersenn: „Schnell relevant werden könnte das Risiko für Thrombosen und die diabetogene Wirkung von Glucocorticoiden. Die Patienten sollten über diese Risiken aufgeklärt und entsprechend kontrolliert werden. Eine Osteoporose-Prophylaxe mit Vitamin D ist erst ab einer Therapie von etwa drei Monaten angezeigt.“
In der Beratung spielt oft die Komedikation mit nicht-steroidalen Antirheumatika (NSAR) eine Rolle. Diese Gefahr relativiert Professor Petersenn: „Die Befürchtung, dass sich die schleimhautverändernde Wirkung von niedrig-dosierten Glucocorticoiden und NSAR schon bei kurzfristiger Anwendung addiert, halte ich für überzogen. Außer es handelt sich um Patienten mit einem Ulcus in der Vorgeschichte.“ |
Literatur
Aktuelle Fach- und Gebrauchsinformationen der genannten Präparate
Herdegen T. Pharmako-logisch! – Glucocorticoide. DAZ 2012, Nr. 44, S. 51
Hörsturz. S1-Leitline, AWMF-Reg.-Nr. 017/010, Stand: Januar 2014 (abgelaufen seit 30. Januar 2019)
Mutschler E et al. Arzneimittelwirkungen. 10. Auflage, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart 2013
Rhinosinusitis. S2k-Leitlinie, AWMF-Register-Nr.017/049 und 053-012, Stand: April 2017
Vergleichstabelle: Orale Glucocorticoide. Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK), Stand: 5. Juni 2020
Willenberg H et al. Therapie mit Glukokortikoiden, www.endokrinologie.net/krankheiten-glukokortikoide.php
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