Aus den Ländern

Neue Arbeitsgruppe gegen den Nachwuchsmangel

Kammerversammlung in Schleswig-Holstein

KIEL (tmb) | Bei der Versammlung der Apothekerkammer Schleswig-Holstein am 15. Juni 2022 in Kiel standen der Besuch des Präsidenten der Ärztekammer des Landes, Prof. Dr. Henrik Herrmann, und der Nachwuchsmangel im Vordergrund. Im Gegensatz zu Ärztefunktionären in anderen Bundesländern begrüßt Herrmann die neuen Aufgaben für die Apotheken (siehe Seite 12). Als Reaktion auf den Nachwuchsmangel wird die Kammer eine Arbeitsgruppe einrichten.

Als kammerinterne Neuerung stellte sich der neue Kammergeschäftsführer Dr. Felix-Alexander Litty vor, der seine Aufgabe am 1. Juni 2022 übernommen hat. Er hatte in Kiel studiert und promoviert und war anschließend in der Pharmaindustrie tätig. Der 36-Jährige folgt auf Frank Jaschkowski, der nach 35 Dienstjahren als Geschäftsführer in den Ruhestand gegangen ist.

Motivation für Dienstleistungen …

In seinem Bericht erklärte Kammerpräsident Dr. Kai Christiansen mit Blick auf die pharmazeutischen Dienstleistungen, für die Selbst­verwaltung sei das Anrufen einer Schiedsstelle immer ein Armutszeugnis. In diesem Fall scheine es sich aber um einen taktischen Winkelzug der Krankenkassen gehandelt zu haben. Den Krankenkassen sei es bei den Verhandlungen „in keiner Weise um Versorgung, sondern ausschließlich um Verzögerung und Verhinderung“ gegangen, folgerte Christiansen. Das Ziel sei wohl gewesen, nach ein oder zwei Jahren sagen zu können, dass die Apotheken es nicht schaffen Dienstleistungen zu erbringen, um dann das Geld anders verwenden zu können. Daraufhin forderte Christiansen die Mitglieder der Kammerversammlung auf, sich für die Dienstleistungen einzusetzen und sie positiv zu besetzen. Das Beste wäre, wenn die 150 Millionen Euro am Ende des Jahres aufgebraucht wären, erklärte Christiansen. Er verbinde damit die Hoffnung, dass „wir alle gemeinsam wieder unsere wahre Berufung finden“ und „uns auf unsere heilberufliche DNA zurückbesinnen“.

Foto: DAZ/tmb

Dr. Kai Christiansen, Präsident der AK Schleswig-Holstein, forderte die Kammermitglieder auf, sich für die neuen Dienstleistungen und das E-Rezept einzusetzen.

… und das E-Rezept

Da Schleswig-Holstein eine der Regionen ist, in denen das E-Rezept am 1. September in den Regelbetrieb startet, bat Christiansen die Kammermitglieder, das E-Rezept „zu einer Erfolgsgeschichte der deutschen Vor-Ort-Apotheke“ zu machen. Die Apotheken sollten das Gespräch mit den Ärzten suchen und bei den Softwarehäusern auf Schulungen und weitere Unterstützung drängen, um wirklich „E-Rezept-ready“ zu werden. Ab sofort fänden in Schleswig-Holstein wöchentlich Videokonferenzen zwischen der Gematik, dem Apothekerverband und der Apothekerkammer statt. Alle diejenigen, die sich der Einführung des E-Rezepts verweigern, würden den Versendern in die Karten spielen, mahnte Christiansen. Doch das E-Rezept könne auch dazu beitragen, dass Apotheken überleben, wenn die letzte Arztpraxis im Ort geschlossen hat. „Sie müssen es nur schaffen, dass Ihre Patienten Ihnen ihre Gesundheit anvertrauen und die Rezepte zu Ihnen wischen“, erklärte Christiansen.

Viele Ideen für mehr Berufsnachwuchs

Zum Schwerpunktthema der Kammerversammlung wurde das Nachwuchsproblem. Die Kammer wird dazu eine Arbeitsgruppe einrichten, wobei eine Zusammenarbeit mit dem Apothekerverband angestrebt wird. Christiansen verdeutlichte, dass die dort zu erarbeitenden Maßnahmen Geld kosten würden. Die Diskussion berührte viele Aspekte. Es wurde über reges Interesse bei Berufsmessen berichtet. Doch bestehe Frust, für eine Ausbildung an einer privaten PTA-Schule Geld bezahlen zu müssen. Dagegen könne möglicherweise die Kostenübernahme durch eine Apotheke helfen, wenn sich die angehende PTA im Gegenzug an diese Apotheke bindet. Doch auch die Finanzierung des Wohnens am PTA-Schulort und der Mangel an Lehrkräften für PTA-Schulen seien Hindernisse. Ein weiterer zentraler Aspekt der Diskussion waren die Gehaltsaussichten für alle Apo­thekenberufe. Dazu berichtete Christiansen über einen geplanten Antrag für den Deutschen Apothekertag mit einem Vorschlag, dass die Politik für eine zusätzliche Apothekenhonorierung sorgen solle, bei der sich die Apotheken verpflichten, das Geld vollständig an die Mit­arbeiter weiterzugeben. In diesem Zusammenhang wurde kontrovers über die Gründe vieler junger Approbierter diskutiert, außerhalb der Apotheke zu arbeiten. Neben dem Gehalt seien das der Dauerstress und die ungünstigen Arbeitszeiten in der Apotheke. Doch auch in der Industrie gebe es eine hohe Arbeitsbelastung und Arbeit am Wochenende, ergänzte Litty. Bezüglich der Honorierung erinnerte der ehemalige Vorsitzende des Apothekerverbandes Schleswig-Holstein, Dr. Peter Froese, an den Koalitionsvertrag. Der dortige Verweis auf Effizienzgewinne sei problematisch, aber der Begriff des Sicherstellungsfonds sei eine „Aufforderung zum Tanz“. Die Politik erwarte dazu Vorschläge von den Apothekern. Statt einer pauschalen Honorarerhöhung biete sich dort die Möglichkeit zu gezielten Förderungen.

Foto: DAZ/tmb

Dr. Felix-Alexander Litty, neuer Geschäftsführer der Kammer seit 1. Juni, mit Jutta Clement, Leiterin der Fortbildungsakademie der Kammer, und Volker Thode, Vizepräsident der Apothekerkammer Schleswig-Holstein (von rechts).

Versorgungswerk: Renten und Anwartschaften erhöht

Der weitere Verlauf der Veranstaltung war durch Regularien geprägt. Justiziar Dr. Stefan Zerres stellte den Haushalt vor. Die Zahlen seien erfreulich, aber dies beruhe auf den pandemiebedingt entfallenen Ausgaben. „Mit der Normalität kommen die Kosten zurück“, kündigte Zerres an. Zerres präsentierte auch die Ergebnisse des Versorgungswerkes der Kammer. Die Kammerversammlung verabschiedete die vorgeschlagene Ertragsverwendung, sodass die Renten um 1,5 Prozent und die Anwartschaften um 2,0 Prozent steigen. Im Nachgang zur Anpassung der Notdienstordnung im Sommer 2020, die seitdem in Einzelfällen etwas größere Abstände zur Notdienstapotheke zulässt, berichtete die Kammer, dass diese Veränderung nicht zu Beschwerden geführt habe. |

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