Aus den Ländern

Wie wäre es mit einer dualen PTA-Ausbildung?

Saarlands Kammerpräsident in Sorge wegen des akuten Personalmangels in Apotheken

eda | Die Situation in den öffentlichen Apotheken spitzt sich zu. Auch im Saarland beobachtet die Apothekerkammer, dass die Betriebe vielerorts ihre Öffnungszeiten verkürzen oder sogar kurzfristig schließen müssen. Ursachen sind der akute und langfristige Personalmangel. Beschäftigte Apothekerinnen und Apotheker sowie PTA und PKA sehen immer seltener ihre berufliche Zukunft in der Apotheke. Auch die Nachfolgesuche lässt offenbar zu wünschen übrig. Wie dieser Entwicklung entgegengewirkt werden könnte, versuchte der Präsident der Apothekerkammer des Saarlandes, Manfred Saar, bei der Delegiertenversammlung in Worte zu fassen.
Foto: AK Saarland

Manfred Saar, Präsident der Apothekerkammer des Saarlandes, hält eine Ausbildungs- und Honorarreform für erforderlich, um die akute Personalnot in den Apotheken zu lindern.

Auch im Saarland bemühen sich die Apothekerinnen und Apotheker darum, die Attraktivität des Arbeitsplatzes Apotheke beim Berufsnachwuchs zu steigern. Wie Manfred Saar, Präsident der Apothekerkammer des Saarlandes, am Mittwochabend in der vergangenen Woche vorstellte, versucht man dem Personalmangel aktiv entgegenzusteuern. Man engagiere sich bei Ausbildungsbörsen, man stehe in aktivem Austausch mit der PTA-Schule in Homburg und suche das Gespräch mit der Universität. „Bislang, müssen wir zugeben, ist unsere Erfolgsbilanz eher bescheiden“, so Saar. Man habe aber immerhin erreichen können, dass die Ausbildungskapazitäten an der PTA-Schule um einige Plätze erhöht wurden.

PKA und MTA verdienen während ihrer Ausbildungen

Die Apothekerkammer ist davon überzeugt, dass grundsätzlich die Berufsbilder PKA, PTA und Apotheker für viele Jugendliche interessant sind. „Aber das Gehalt einer PKA liegt nur knapp über dem Mindestlohn“, konstatiert Manfred Saar. Dass es überhaupt wieder so viele PKA-Auszubildende gebe, führt Saar auf die Tatsache zurück, dass im Rahmen der dualen Ausbildung eine Ausbildungsvergütung bezahlt wird. Ein Vorbild für die PTA-Schülerinnen? Bisher wohl eher nicht. Zwar werden mittlerweile die PTA-Schulen bundesweit Lehrgeld-freigestellt, eine tatsächliche Vergütung finde aber nicht statt, und dies im deutlichen Unterschied zu anderen medizinischen Ausbildungsbe­rufen. „Wie wollen wir PTAs gewinnen, wenn die MTA-Auszubildenden zum Beispiel im Schulzentrum an der Uni Homburg quasi in der Nachbarklasse 1000 Euro Ausbildungsvergütung erhalten, PTAs dagegen 0 Euro?“, fragte Saar in die Runde.

Warum sollte dual nicht gehen?

Der Kammerpräsident appelliert daher umzudenken: Wie es bei PKA üblich ist, sollten, seiner Meinung nach, auch die PTA-Schülerinnen während ihrer Ausbildung vergütet werden. Doch von ABDA, Schulen und Ministerien höre er immer: Dual geht bei der PTA nicht! Der Kammerpräsident ist der festen Überzeugung: Ohne eine duale Ausbildung sei der PTA-Beruf „mausetot“.

Doch das Vergütungsdilemma geht nach Meinung von Manfred Saar auch nach der Ausbildungsphase weiter: „Die verhältnismäßig geringe Bezahlung der PTA nach Absolvierung der Ausbildung lassen viele Berufseinsteiger darüber hinaus andere Gesundheitsberufe attraktiver erscheinen.“ Wenn dennoch ein Apothekenberuf ergriffen wird, lockten Industrie und Verwaltung. „Ich bin ehrlich gesagt empört, wenn uns Krankenkassen PTAs abwerben, weil sie dort deutlich besser bezahlt werden, aber in anderem Kontext kommunizieren, Apotheker verdienten zu viel.“

Eine Frage des Geldes

„Wir erhalten vermehrt Mitteilung über die Verkürzung der Öffnungszeiten, während Corona sogar Mit­teilung über kurzfristige und vorübergehende Schließungen von Apotheken.“ Als Grund sieht Saar „in der ­Regel“ den akuten Personalmangel. Daher stellt die Apothekerkammer des Saarlandes öffentlich und in Hintergrundgesprächen die Forderung nach einer nachhaltigen Erhöhung des Apotheken­honorars.

Saar sieht eine positive Entwicklung mit Blick auf die ABDA: Die Standesvertretung scheine nach langem ­taktischen Zögern und nach der Einführung der bezahlten pharmazeutischen Dienstleistungen das Anliegen der Honorarerhöhung zur Politik ­tragen zu wollen. „Wie man hört im Herbst“. Doch im Herbst, mahnt Saar, werde man ganz andere Sachen diskutieren müssen, nämlich die angekündigten Einsparungen im Gesundheitswesen. Bundesgesundheitsminister Karl Lauter­bach habe schon vorgelegt. „Aus meiner Sicht hat es die ABDA in den zurückliegenden Jahren leider verpasst, aktiv für eine Honorarerhöhung einzutreten, die ­allen Apotheken zugute kommt.“ Gleichzeitig betonte er, dass die ­ABDA nicht untätig war. Zwar habe es seit der Honorarum­stellung im Jahr 2004 nur einmal eine ­Erhöhung des Packungshonorars von 8,10 auf 8,35 Euro gegeben. Doch ­daneben seien zahlreiche sonstige Vergütungen eingeführt bzw. erhöht worden. Von 2004 auf 2012 betrug die Steigerung 52 Prozent und seit 2012 noch mal 31 Prozent.

Meilensteine und positive Entwicklungen

Als eine positive Entwicklung bewertet Manfred Saar, dass die während der Corona-Pandemie eingeführten Sonderregeln bei der Arzneimittel­abgabe bis November 2022 verlängert werden sollen. Die ABDA arbeite an einer unbefristeten Verlängerung. Der Befürchtungen von Seiten der Kranken­kassen, „wir würden damit die Rabattverträge systematisch aushebeln“, erteilte Saar eine klare Absage.

Dass aus den Modellvorhaben zur Grippeimpfung in den Apotheken nun die Regelversorgung resultiert und die Kolleginnen und Kollegen seit Anfang 2022 gegen COVID-19 impfen, hält Manfred Saar als einen Meilenstein für die Apotheken. Dass aber die Ärzte sich massiv dagegen gewehrt haben und reflexartig das Dispensierrecht forderten, hält Saar für einen „leider eingeübten Reflex“. „Sobald Apotheken was fordern, und sei es die Besiedlung des Mars, fordern die Ärzte das Dispensierrecht.“

Saar sieht keinen Anlass für eine ­solche Forderung. Kein Patient wäre bisher unterversorgt geblieben. Sie müssten dagegen weite Wege in Kauf nehmen, um in eine der nächsten 13 Bereitschaftsdienstpraxen im Saarland zu gelangen. Doch der anschließende Weg in die Apotheke sei demgegenüber reine Formsache. Saar geht davon aus, dass die Forderung nach einem ärztlichen Dispensierrecht im Notdienst vorerst vom Tisch zu sein scheint. Allenfalls ein ärztlich verordneter Botendienst im Notfall zu einer Apotheke soll im Gespräch sein.

Außerdem machte Saar den Delegierten Hoffnung: „Die ABDA setzt sich dafür ein, die Präqualifizierung für Apotheken weitgehend abzuschaffen.“ Bei sehr spezialisierten Belieferungen solle aber eine Qualifizierung erforderlich bleiben. „Was auch sinnvoll ist“, so Saar. Als eine neue Aufregung sieht Saar die Absicht, dass mit Einführung des E-Rezeptes die Chargenbezeichnungen von Arzneimitteln verpflichtend eingetragen werden müssen. „Nach unserer Meinung ist dies unnötiger Aufwand und im Zusammenhang mit der Erfassung durch Securpharm auch doppelte ­Arbeit.“ Und auch zu dem digitalen Arzneimittelfälschungsschutz hatte er eine Anmerkung: „Das System hat sich nach der ersten Bilanz nicht wirklich bewährt. Der Aufwand steht in keinem vernünftigen Verhältnis zum Nutzen.“ Entdeckte Arzneimittelfälschungen bezifferte Saar, „nach diesseitigem Kenntnisstand“ mit null.

ABDA-Strukturanalyse in der Kritik

Des Weiteren kündigte Manfred Saar „erheblichen Widerstand“ gegen die Vorschläge der Unternehmens­beratung für eine ABDA-Struktur­reform an und prognostizierte gleichzeitig: „Das wird so auch nur ansatzweise nicht kommen!“. Einen ABDA-Vorstand, bestehend aus haupt- und ehren­amtlichen Mitgliedern, hält er für einen Interessenkonflikt in diesem Plan und vergleicht die Zusammensetzung mit einer Aktien­gesellschaft, in der Vorstand und ­Aufsichtsrat in einem ­gemeinsamen Gremium säßen.
Für viel wichtiger hält Saar, dass sich die ABDA mit ihren Mitglieds­organisationen aktiv gegen die Bürokratisierung innerhalb der eigenen Struktur stemmt. Hierzu könnte ein gemeinsames EDV-System eingeführt werden.
Saar äußerte abschließend die Vermutung: „Ich glaube nicht, dass sich viel ändern wird.“ |

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