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Beratung

Wie das Arzneimittel ins Kind kommt

Herausforderungen bei Darreichungsformen für Säuglinge und Kleinkinder

Grundsätzlich können bei der medikamentösen Behandlung von Säuglingen und Kleinkindern die gleichen Applikationswege genutzt werden wie bei älteren Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen. Ob die Therapie auch erfolgreich ist, hängt in dieser Altersgruppe jedoch sehr stark von der Verfügbarkeit altersgerechter Darreichungsformen, von physiologischen Besonderheiten und auch von Vorlieben und Abneigungen bei Kindern und Eltern ab. Die Apotheke sollte der Ort sein, an dem Eltern Unterstützung bei pädiatrischen Anwendungsproblemen erhalten. | Von Claudia Bruhn

Die Erwartungen an Arzneimittel, die bei Säuglingen und Kleinkindern angewendet werden, sind hoch. Oralia sollen flüssig und möglichst alkoholfrei sein sowie gut schmecken. Mittel zur Anwendung am Auge, in der Nase, in den Ohren oder auf der Haut dürfen nicht brennen und keine allergischen Reaktionen hervorrufen. Ist das Arzneimittel nicht einnahmefertig wie z. B. ein Trockensaft, darf die Zubereitungsmethode nicht fehleranfällig sein, um eine korrekte Dosierung zu gewährleisten. Nicht zuletzt sollten die Behältnisse über einen kindergesicherten Verschluss verfügen.

Inhalierhilfen für Dosieraerosole

Das Atemmuster von Säuglingen und Kleinkindern unterscheidet sich deutlich von dem älterer Kinder und Erwachsener. Kleinkinder haben eine hohe Atemfrequenz, eine niedrige inspiratorische Flussgeschwindigkeit und ein geringes Atemzugsvolumen, das für die Anwendung von Pulverinhalatoren nicht ausreicht. Da auch die Hand-Mund-Koordination in dieser Altersgruppe noch nicht funktioniert, werden Dosieraerosole mit Inhalierhilfen wie Spacern und Atemmasken kombiniert. Bei Säuglingen muss darauf geachtet werden, dass zwischen Atemmaske und Gesicht kein Spalt bleibt. Hilfreich dafür kann die Ausstattung mit einem beweglichen Fähnchen sein, das eine ausreichende Abdichtung anzeigt (AeroChamber® Plus Flow-Vu). Einige Baby- und Kleinkind-gerechte Spacer sind mit zwei Ventilen – einem Ein- und einem Ausatmungsventil – ausgestattet, sodass der Kammerinhalt in mehreren Atemzügen entleert werden kann und die Atemmaske dabei nicht abgesetzt werden muss (z. B. Baby­haler® Inhalationshilfe für Kinder). Dadurch ist die Anwendung auch beim schlafenden Säugling möglich. Spätestens ab Vorschulalter sind Kinder in der Lage, das Mundstück mit den Lippen fest zu umschließen, die Zähne werden darauf abgelegt. Grundsätzlich ist zu empfehlen, dass Kinder bis zum Alter von zwölf Jahren bei der Inhalationstherapie durch einen Erwachsenen unterstützt werden (s. Tab.). Auch wenn die Inhalationshilfe deutlich großvolumiger ist als das Dosieraerosol, kann sie immer nur einen Hub aufnehmen. Bei der Abgabe von Inhalationsarzneimitteln mit Spacer ist außerdem der Hinweis wichtig, dass dieser nach der Inhalation nur mit Wasser und etwas Spülmittel gereinigt und luftgetrocknet werden soll. Das Abtrocknen mit einem Handtuch sollte unterbleiben, da sich die Wand mancher Spacermodelle elektrisch aufladen kann und der vernebelte Wirkstoff darauf haften bleiben würde. Spacer mit leitender Wand sind unempfindlich gegenüber elektrostatischer Aufladung. Zur Vermeidung von Pilzerkrankungen der Mundschleimhaut muss nach der Inhalation Cortison-haltiger Arzneimittel der Mund gespült, die Zähne geputzt oder etwas gegessen werden. Bei der Inhalation über eine Maske ist zusätzlich das Gesicht zu reinigen.

Tab.: Für Kinder verschiedener Altersstufen geeignete Darreichungsformen [Kircher W. Arzneiformen richtig anwenden – Sachgerechte Anwendung und Aufbewahrung der Arzneimittel. 4. vollständig überarbeitete Auflage, Deutscher Apotheker Verlag 2016]
Alter
Vernebler
Dosieraerosol ohne Inhalationshilfe
nie für die Corti­coid-Anwendung
Atemzug­ausgelöstes
Dosieraerosol
Dosieraerosol mit kindgerechter Vorschaltkammer (Spacer)
Pulverinhalator
unter zwei Jahre
gut geeignet
(mit Maske)
nicht geeignet
nicht geeignet
(mit Maske)
gut geeignet
nicht geeignet
zwei bis vier Jahre
gut geeignet
(mit Maske)
nicht geeignet
nicht geeignet
(mit Maske)
gut geeignet
bedingt geeignet
vier bis sechs Jahre
gut geeignet
(mit Mundstück)
bedingt geeignet
gut geeignet
gut geeignet
bedingt geeignet
über sechs bis acht Jahre
gut geeignet
(mit Mundstück)
gut geeignet
gut geeignet
gut geeignet
gut geeignet

Nicht zu lange baden

Bei der Anwendung von Cremes, Salben oder Gelen bei Säuglingen und Kleinkindern ist darauf zu achten, dass diese nicht versehentlich in dessen Hände und danach unbemerkt in andere Körperareale gelangen können. Bei Zubereitungen mit einer begrenzten Verweildauer, zum Beispiel Mitteln gegen Kopflausbefall, muss das Kind die ganze Einwirkzeit über beobachtet werden.

Wenn ein Säugling oder Kleinkind gebadet wurde, sollte der Zeitabstand zur Anwendung von Dermatika wie Cortico­steroiden, Calcineurin-Inhibitoren und Vitamin-D3-Analoga mindestens eine Stunde betragen, da das Baden zur Hyperämie der Haut und zum Aufquellen der Hornschicht führt. Dies kann zur unerwünschten Erhöhung der Permeation von Wirkstoffen führen. Bei Ölbädern ist verschmutzte Haut, zum Beispiel im Windelbereich, vor dem Baden zu reinigen, da Seifen oder Syndets nicht gleichzeitig mit dem Ölbad ­angewendet werden dürfen. Die Wassertemperatur sollte bei 36 bis 37 °C liegen, die Badedauer bei Kleinkindern nur ­wenige Minuten betragen. Nach dem Bad wird die Haut nur leicht abgetupft, damit der Ölfilm erhalten bleibt.

Suppositorien: Mit dem stumpfen Ende voran applizieren

Suppositorien sollten in der Hand erwärmt oder kurz in warmes Wasser getaucht werden, um sie besser gleitfähig zu machen. Sie werden in der Regel mit dem spitzen Ende voran eingeführt. Die praktische Erfahrung zeigt jedoch, dass sie bei der Applikation in umgekehrter Richtung seltener wieder aus dem Enddarm herausgleiten. Wahrscheinlich schließt sich dabei der Anus leichter um das spitze Ende als bei der herkömmlichen Methode, und ein Nachschieben ist nicht notwendig. Bei Säuglingen gelingt die Applikation am besten, wenn sie sich in Bauchlage befinden. Kleinkinder sollten sich auf die Seite legen und das oben befindliche Bein etwas anwinkeln. Sie sollten zur „Mitarbeit“ ermuntert werden, indem sie tief einatmen. Das Zäpfchen wird beim Ausatmen eingeführt. Dennoch ist nach ein paar Minuten zu prüfen, ob es wieder herausgerutscht ist. Ein ängstliches Kind kann mit einer Decke zugedeckt werden.

Erklärungsbedürftig sind auch Miniklistiere. Das in den Analkanal einzuführende Applikatorrohr hat bei Miniklistieren nur eine Länge von etwa fünf Zentimetern. Bei Erwachsenen wird es komplett eingeführt, bei Kleinkindern dagegen nur etwa bis zur Hälfte. Nach dem Entleeren muss es mit zusammengedrücktem Füllkörper aus dem Analkanal gezogen werden, da ansonsten das Arzneimittel in das Behältnis zurückgesaugt werden würde. Sowohl bei Zäpfchen als auch bei Mikroklistieren sollten die Gesäßbacken nach der Applikation leicht zusammengedrückt werden.

Rektallösungen sollen nicht über 25 °C, Zäpfchen nicht über 30 °C gelagert werden. Bei höheren Außentemperaturen ist deshalb eine Aufbewahrung im Kühlschrank sinnvoll. Das Arzneimittel sollte jedoch vor der Applikation in der Hand erwärmt werden. Bei einzeln verpackten Rektal­lösungen (z. B. Diazepam Desitin® rectal tube) darf die Folie erst direkt vor der Anwendung entfernt werden.

Applikation von Augenarznei­mitteln – eine knifflige Sache

Die Applikation von Augensalben oder -tropfen ist bei Säuglingen und Kleinkindern besonders schwierig. Das Eintropfen in den Bindehautsack des betroffenen Auges, wobei das Unterlid herabgezogen werden sollte, führt bei vielen Kindern zu heftigen Abwehrreaktionen. Deshalb ist es oft erfolgreicher, bei geschlossenem Auge in dessen Innenwinkel zu tropfen (kanthale Applikation). Wenn das Kind das Auge öffnet, fließt der Tropfen von selbst an den gewünschten Ort. Bei dieser Anwendungsart sollte das Kind unbedingt flach, das heißt ohne Kopfkissen, gelagert werden.

Noch komplizierter kann sich die Applikation von Augensalben gestalten, vor allem wegen der nachfolgend eingeschränkten Sehfähigkeit. Das Kind sollte deshalb ermuntert werden, nach der Applikation die Augen geschlossen zu halten. In dieser Zeit kann die Betreuungsperson mit dem Vorlesen einer Geschichte oder einem Hörspiel für Ablenkung sorgen. Das Kind sollte das Auge erst nach einigen Minuten wieder öffnen, wenn sich die Sehfähigkeit weitgehend normalisiert hat.

Otologika nur bei intaktem Trommelfell

Vor der Anwendung von Ohrentropfen ist es wichtig, die Zubereitung auf Körperwärme zu temperieren. Denn kalte Flüssigkeit, die in den Gehörgang eindringt, kann Schmerzen oder Schwindel hervorrufen. Zur Applikation wird der Säugling oder das Kleinkind in Seitenlage gebracht und die Ohrmuschel vorsichtig nach hinten und unten gezogen. Die Seitenlage sollte möglichst fünf Minuten beibehalten werden, damit die Lösung bis in den tieferen Gehörgangsbereich vordringt. Beschleunigen lässt sich dies durch die Massage der knorpeligen Erhebung an der Gehörgangsmündung: Bei der sogenannten Tragus-Massage wird der Knorpel am Gehöreingang zügig mit leichtem Druck nach oben und unten geschoben.

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Bei Babys wird die Ohrmuschel am besten nach hinten und unten gezogen, da der Gehörgang knorpelig und gerade ist. Bei Kindern über drei Jahren ist der Gehörgang eher verwinkelt und verknöchert, hier zum Eintropfen das Ohr nach oben und zurück ziehen.

In den meisten Fällen darf eine Applikation von Ohrentropfen nur bei intaktem Trommelfell erfolgen, Ausnahmen sind nach ärztlicher Absprache möglich. Zum Schutz von Bettwäsche und Kleidung halten Eltern nach der Applikation oft einen Verschluss des Gehörgangs mit Watte für sinnvoll. Dies birgt das Risiko der Entstehung einer „feuchten Kammer“, die die Vermehrung von Bakterien und Pilzen begünstigen kann. Daher darf der Gehörgang nicht mit einem festen „Pfropfen“ verschlossen werden. Gegebenenfalls kann etwas Mull oder Watte locker in die Mündung des Gehörganges gelegt werden.

Nasalia – Tropfen bevorzugen

Für Säuglinge und Kleinkinder sind Nasentropfen besser geeignet als Nasensprays. Denn bei Nasensprays sollte während des Einsprühens die Luft leicht eingezogen werden, was erst ab Schulalter gut koordiniert werden kann. Außerdem empfinden viele jüngere Kinder den Moment, in dem der Sprühstoß auf die Nasenschleimhaut trifft, als sehr unangenehm und reagieren häufig mit einer ruckartigen Kopfbewegung, was eine Verletzungsgefahr darstellt. Bei der Abgabe von Nasentropfen sind mehrere Informationen für die Anwendung relevant. Zunächst sollte die Nase mithilfe eines Nasensaugers gereinigt werden. Vor dem Absaugen des Sekrets empfiehlt es sich, dieses zu verflüssigen, zum Beispiel mit Meersalz-Nasentropfen. Anschließend wird die Ansaugöffnung nicht in, sondern nur an der Öffnung des Nasenlochs positioniert. Die Betreuungsperson sollte im Moment des Absaugens den Arm oberhalb um den Kopf des liegenden Kindes zum anderen Nasenloch führen und den Nasenflügel leicht andrücken. Dadurch wird gleichzeitig der Kopf in der gewünschten Position gehalten. Der Griff um den Ball des Nasensaugers wird während der Anwendung langsam gelockert. Danach muss der Nasensauger mit warmem Wasser gereinigt werden. Bei der Applikation sollte ein Säugling oder Kleinkind möglichst auf dem Arm oder mit den Schultern auf ein Kissen gelegt werden, sodass der Kopf etwas tiefer liegt als die Schultern. Die Pipette oder der Dosiertropfer wird etwa einen halben Zentimeter in das jeweilige Nasenloch eingeführt, ohne dabei die Schleimhäute zu berühren. Die Nasengänge lassen sich leicht erweitern, wenn die Nasenspitze vorsichtig mit einem Finger angehoben wird. Nach dem Eintropfen wird bei Nasentropfen mit Gummi­balg dieser so lange zusammengedrückt gehalten, bis er aus der Nase herausgeführt wurde, damit nicht versehentlich Nasensekret hinein gelangt. Die Öffnung muss danach mit einem sauberen Taschentuch gereinigt werden. Damit sich die Tropfen auf der Nasenschleimhaut gut verteilen und nicht rasch in den Rachen abfließen, wird älteren Kindern empfohlen, den Kopf nach der Applikation hin und her zu ­bewegen. Bei Säuglingen und Kleinkindern ist dies schwieriger; eventuell gelingt es, den Säugling ­liegend im Arm zu halten und dabei den Kopf leicht zu bewegen. Wichtig bei der Abgabe sind auch Hinweise auf die begrenzte Haltbarkeit und darauf, dass die Nasentropfen nicht von mehreren Kindern gemeinsam benutzt werden dürfen. Bei Präparaten mit Comod®-System muss der Behälter vor der ­ersten Anwendung mittels einiger Leerhübe ent­lüftet werden. Nach der Anwendung wird der ­Nasenapplikator gesäubert und die Schutzkappe wieder aufgesetzt.

Auch Einzeldosispipetten sind nicht unbegrenzt haltbar (Otriven® 0,1% gegen Schnupfen Einzeldosispipetten z. B. nur sechs Monate nach Öffnen des Aluminiumbeutels). Bei Rhinomer babysanft® Einzeldosierpipetten mit natürlichem sterilem Meerwasser besteht die Besonderheit, dass diese ab dem ersten Lebenstag nicht nur zur Nasenhygiene, sondern auch für die Anwendung am Auge, zum Beispiel zum Lösen von Verkrustungen, geeignet sind. Der Hersteller hat kürzlich darüber informiert, dass die Lösung bei nasaler Anwendung direkt ins Nasenloch entleert und nicht mehr auf ein Wattebällchen aufgetragen werden soll.

Oralia mit vielen Herausforderungen

Oral anzuwendende Arzneiformen für Kinder werden in der Apotheke in den meisten Fällen als Lösungen, Suspensionen oder Trockensäfte mit den entsprechenden Dosierhilfen abgegeben. Für Säuglinge sind Messbecher mit aufgesetztem Medikamentensauger auf dem Markt. Normalerweise sollte darauf geachtet werden, dass der Säugling den Sauger rasch entleert, beispielsweise nicht währenddessen einschläft. Anders verhält es sich bei Mitteln gegen orale Candidosen. Diese müssen nach dem Essen oder vor dem Schlafen verabreicht werden und sollten möglichst lange im Mund verweilen. Wenn der Medikamentensauger mit einem Regulierschieber ausgestattet ist (z. B. Numimed® Frank Medikamenten­sauger) lässt sich durch entsprechende Verstellung eine langsamere Arzneimittelabgabe erreichen.

Besondere Unterstützung benötigen Eltern, wenn flüssige Zubereitungen mithilfe von Messlöffeln verabreicht werden sollen, da hierbei eine hohe Fehlerquote zu erwarten ist. Die Messungenauigkeit ist besonders hoch, wenn nur zu einem Viertel oder zur Hälfte gefüllte Messlöffel verabreicht werden sollen. Eine höhere Dosiergenauigkeit besitzen Messbecher oder Dosierspritzen. Wenn dem Fertigarzneimittel eine solche nicht beiliegt, kann die Apotheke auch eine Einmalspritze, auf der das entsprechende Volumen mit einem wasserfesten Stift markiert wurde, mitgeben. Zuvor muss jedoch geprüft werden, ob die Entnahme aus der Fertigarzneimittelflasche überhaupt möglich ist. Falls nicht, können die Eltern eine kleine Menge des Arzneimittels in einen Becher füllen und daraus die Einzeldosis aufsaugen. Bei Ver­wendung einer Dosierspritze sollten Eltern versuchen, das Arzneimittel in den hinteren Wangentaschenbereich zu spritzen. Damit wird der Kontakt mit der an Geschmacksknospen reichen Zunge reduziert, was besonders bei ­unangenehm schmeckenden Zubereitungen hilfreich sein kann. Ein Nachtrinken von Wasser oder Babytee sollte immer erfolgen.

Nicht jedes Kind mag Erdbeergeschmack

Versuche, flüssige Arzneimittel für Kinder durch Zusatz von Sorbitol, Süßstoffen oder Fruchtaromen wie Erdbeer-, Himbeer-, Pfirsich-, Aprikosen- oder Orangenaroma geschmacklich akzeptabler zu machen und bitter oder salzig schmeckende Wirk- und Hilfsstoffe zu überdecken, haben nicht nur Vorteile gebracht. So können Kinder beispielsweise gegen ein bestimmtes Aroma, das sie vorher gut akzeptiert hatten, bei mehr als zehntägiger Einnahme eine Aversion entwickeln, die auch nach dem Ende der Medikamenteneinnahme noch anhält und sich dann auch gegen die entsprechenden Lebensmittel richtet. Häufig bevorzugen Kinder neutrale Zubereitungen, was bei oralen Rezepturarzneimitteln berücksichtigt werden kann. Eine Möglichkeit ist auch der Austausch gegen ein bioäquivalentes Präparat mit anderem Geschmack.

Filmtabletten, Kapseln oder Dragees bieten den Vorteil der Geschmacksneutralität. Tabletten, die aus Dosierungsgründen geteilt werden müssen, können in der Apotheke zer­mörsert und in Kapseln umgefüllt werden. Fluorid-Tabletten werden vor der Applikation auf einem Löffel in einer kleinen Menge Leitungswasser aufgelöst. Unangenehm schmeckende Säfte sowie auch zerkleinerte Tabletten oder Granulate können auch mit halbfester Nahrung (z. B. Brei, zerdrückte Banane, Nussnougatcreme) gemischt werden. Dazu sind im Beipackzettel aufgeführte Inkompatibilitäten zu beachten. So können beispielsweise die Pellets des Pankreasenzym-Präparats Kreon® für Kinder einer sauren, weichen Nahrung (pH-Wert < 5,5), welche kein Kauen erfordert, oder einer sauren Flüssigkeit (pH-Wert < 5,5) wie Apfelmus oder Joghurt beigemengt werden. Sie können auch mit einer kleinen Menge Fruchtsaft oder Milch vermischt werden. Wichtig ist, dass die Mischung sofort und restlos aufgenommen wird. Um eine vollständige Einnahme sicherzustellen, sollte das Kind anschließend ausreichend Wasser oder Saft nachtrinken.

Tipps für Trockensäfte, Tropfen und Brausetabletten

Trockensäfte zählen zu den besonders erklärungsbedürftigen Arzneimitteln, denn bei ihrer Zubereitung gibt es zahlreiche Fehlerquellen (s. Kasten „Tipps zu Trockensäften“). Deshalb ist es ratsam, den Eltern beim Einlösen des Rezeptes die Zubereitung des Trockensafts in der Apotheke anzubieten. Für die meisten Trockensäfte ist eine Aufbewahrung im Kühlschrank vorgegeben. Den Eltern ist zu erklären, dass der Saft schon einige Zeit vor der Applikation aus dem Kühlschrank genommen werden muss, weil eine etwas wärmere Suspension eine geringere Viskosität besitzt und sich dann besser dosieren lässt. Generell sollten Suspensionen wegen zu starker Schaumbildung nicht durch kräftiges Schütteln, sondern durch Hin- und Herrollen zwischen den Händen homogenisiert werden. In Form von Brausetabletten stehen nur wenige Präparate für Kleinkinder zur Verfügung. Sie sollten nur in Leitungswasser (Milch, Säfte und Tees sind ungeeignet) komplett aufgelöst und aus Stabilitätsgründen direkt getrunken werden. Bei der Verabreichung von Tropfen ist auf die korrekte Position der Tropfflasche zu achten. Bei Tropfermonturen wird zwischen Rand- und Zentraltropfern unterschieden. Arzneimittel für Säuglinge und Kleinkinder in Tropfenform sind meistens mit einem Zen­traltropfer ausgestattet (z. B. Vigantol® Öl, Fenistil® Tropfen). Diese Tropf­flaschen sind unbedingt senkrecht zu halten, da sich bei geneigter Stellung unter anderem die Masse der abfallenden Tropfen verringert und eine Abweichung von der Dosierung die Folge ist. Im Beratungsgespräch sollte auch darauf hingewiesen werden, dass Antropfschwierigkeiten auftreten können. Ursache dafür kann Schütteln oder eine liegende Lagerung des Fläschchens sein, wobei sich der Belüftungskanal des Zentraltropfers mit Flüssigkeit füllt. Durch mehrmaliges Klopfen mit dem Finger auf den nach oben zeigenden Flaschenboden kann diesen Antropfschwierigkeiten begegnet werden. Alternativ empfiehlt es sich, das Fläschchen in aufrechter Position mehrmals auf einen harten Untergrund zu klopfen.

Tipps zu Trockensäften

Bei der Zubereitung von Trockensäften gibt es viele Fehler­quellen, die vermieden werden sollten:

  • wegen möglicher Inkompatibilitäten keine Säfte, Milch oder Tee zur Herstellung verwenden
  • vor der Wasserzugabe das Pulver oder Granulat durch leichtes Schütteln auflockern
  • abgekochtes Wasser nicht zu heiß einfüllen, da der Wirkstoff zerstört werden kann
  • Flasche zum Auffüllen nicht unter den Wasserhahn halten, da versehentlich zu viel Flüssigkeit eingefüllt werden könnte
  • das vollständige Auflösen des Pulvers und das Absetzen des Schaumes abwarten, bevor das restliche Wasser bis zur Eichmarke aufgefüllt wird.

Kein Alkohol für Kinder?

Beim Thema alkoholhaltige Arzneimittel sind Eltern besonders sensibel. Die Blutalkoholspiegel, die nach Verabreichung von Ethanol-haltigen Oralia erreicht werden, sind jedoch äußerst gering. Eltern kann versucht werden zu erklären, dass mit einigen Lebensmitteln wie Bananen, Brot oder Apfelsaft weitaus höhere Alkoholmengen aufgenommen werden. So wird beispielsweise mit sechs Tropfen eines Arzneimittels mit 30% Alkohol genauso viel Ethanol aufgenommen wie mit 25 ml Apfelsaft. Die regelmäßige Medikation mit alkoholhaltigen Arzneimitteln erscheint im Gegensatz zu kurzzeitig anzuwendenden Präparaten wie Hustentropfen dennoch problematisch. Bei notwendiger Dauereinnahme sollte eine alkoholfreie Alternative gewählt werden. |


Danksagung
Die Autorin dankt Apotheker Dr. Wolfgang Kircher für seine Anregungen und Ergänzungen zu diesem Beitrag.


Literatur

Bender-Leitzig C. Rund ums Baby - Die korrekte Anwendung von Arzneiformen und Medizinprodukten in der Beratung. Vortrag auf der Interpharm 2022, 26. März 2022

Bruhn C, Frey O, Wagner R. Das Kind in der Apotheke. Krankheiten, Wirkstoffe, Besonderheiten der Behandlung. Deutscher Apotheker Verlag 2006

Herstellerinformation: Änderungen bei Rhinomer babysanft. DAZ 2021;43:60

Illing S, Lennecke K, Schäfer C. Praxiswissen Pädiatrische Pharmazie. Für die Beratung in der Apotheke. Deutscher Apotheker Verlag 2021

Kircher W. Arzneiformen richtig anwenden. Sachgerechte Anwendung und Aufbewahrung der Arzneistoffe. 4. Auflage, Deutscher Apotheker Verlag 2016

 

Autorin

Dr. Claudia Bruhn ist Apothekerin und arbeitet als freie Medizinjournalistin und Autorin in Berlin. Seit 2001 schreibt sie Beiträge für Zeitschriften des Deutschen Apotheker Verlags sowie für medizinische Fachverlage.

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