Die Seite 3

Endlich!

Dr. Thomas Müller-Bohn, 
DAZ-Redakteur

Der lang erwartete Katalog der neuen pharmazeutischen Dienstleistungen ist endlich da. Mehr als drei Jahre nach den ersten Plänen für das spätere Vor-Ort-Apotheken-Stärkungsgesetz wird ein wesentlicher Inhalt dieses Gesetzes endlich konkretisiert. Die Idee für honorierte pharmazeutische Dienstleistungen reicht sogar in die Neunzigerjahre zurück. Diejenigen, die sich damals voller Euphorie für die Pharmazeutische Betreuung engagiert haben, mahnten schon vor dreißig Jahren, dass andere Länder viel weiter waren. Damals ging es um ein viel größeres Leistungspaket. Doch die nun von der Schiedsstelle zusammengestellte Mischung aus einfacheren und komplexen Leistungen erscheint für den Start durchaus geeignet. Dabei geht es nicht „nur“ um neue Leistungen, sondern um einen doppelten Bewusstseinswandel: Erstens werden pharmazeutische Leistungen erstmals unabhängig von der Arzneimittelabgabe als eigenständige honorierungsfähige Tätigkeiten anerkannt. Das Arzneimittel ist nicht mehr der alleinige Auslöser für pharmazeutisches Handeln. Zweitens liegt die Entscheidung für diese Leistung nicht mehr beim Arzt, sondern in der Apotheke. Das pharmazeutische Personal entscheidet in eigener Verantwortung über ein Angebot, das anschließend von der GKV honoriert wird. Selbstverständlich ist dies an Voraussetzungen gebunden, aber das gilt bei anderen Leistungserbringern auch. Wie weit dabei der Rechtsanspruch der Patienten reicht, zählt zu den offenen Fragen. Dass die Apotheken damit ihre eigene Honorierung auslösen, nannte ABDA-Präsidentin Overwiening kürzlich einen Quantensprung. Künftig warten Apotheker nicht mehr nur auf Rezepte oder Kundenwünsche, sondern können aus eigener Initiative Leistungen anbieten und abrechnen. Das ermöglicht eine andere Ansprache der Patienten und fordert ein Umdenken in der Apotheke.

Das alles kann nur funktionieren, wenn die Honorierung ausreicht. Die Größenordnung der jetzt festgelegten Beträge erscheint immerhin diskutabel. Ebenso wichtig wie die Honorarhöhe ist der Verteilungsmechanismus, um Fehlanreize wie einen Hamsterradeffekt zu vermeiden. Daher ist die geplante Gliederung der Honorierung in einen gesicherten und einen ungesicherten Teil ein gutes Mittel, um mit der Deckelung umzugehen. Diese Planungssicherheit ist wesentlich. Allerdings kann die geplante Priorisierung der Leistungen bei der Abrechnung dazu führen, dass manche Leistungen gar nicht ­honoriert werden.

Nun sind die Apotheken gefragt. Sie müssen entscheiden, was sie wem und wie vielen Patienten anbieten und wie sie dies kommunizieren. Dabei werden sich viele, auch unerwartete Herausforderungen und Chancen ergeben. Diese Chancen für die Patienten und für die Apotheken waren vor dreißig Jahren der Antrieb für die Pharmazeutische Betreuung und später für das Perspektivpapier zur „Apotheke 2030“. Leider ist noch unsicher, ob die Krankenkassen den Schiedsspruch beklagen werden. So bleibt jetzt zu hoffen, dass auch die Krankenkassen den Sinn eines solchen Schiedsspruchs akzeptieren. Es geht darum, eine Entscheidung zu treffen – endlich!

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