Unerwünschte Immunreaktionen

mab | Die Immuntherapie hat sich in den letzten Jahren neben der Chirurgie, Radiotherapie und Chemotherapie als Therapiestandard bei Tumoren etabliert. In der Melanom-Therapie werden häufig Immuncheckpoint-Inhibitoren eingesetzt. Die Antikörper richten sich gegen verschiedene tumorale Oberflächenproteine (CTLA-4 oder PD-1 bzw. den zugehörigen Liganden PD-L1), die den Tumor gegenüber Immunzellen maskieren. Bereits in klinischen Studien konnte gesehen werden, dass die Anwendung von Checkpoint-Inhibitoren immunbedingte Nebenwirkungen hervorrufen kann. Ältere Personen, die gleichzeitig häufiger an Melanom erkranken und ­damit potenziell für die Behandlung mit Checkpoint-Inhibitoren infrage kommen, wurden bei diesen Studien jedoch oft nicht berücksichtigt. Um diese Lücke zu schließen, haben Wissenschaftler eine bevölkerungsbasierte Kohortenstudie durchgeführt, in der die Inzidenz an immunbedingten Nebenwirkungen bei älteren Melanom-Patienten gemessen werden sollte. Insgesamt wurden 4489 Melanom-Patienten (mittleres Alter 74,9 Jahre) ausgewertet, 418 davon hatten einen Immuncheckpoint-Inhibitor erhalten. Es zeigte sich, dass das Risiko für autoimmune Nebenwirkungen – insbesondere für Colitis ulcerosa und primäre Nebenniereninsuffizienz – im Vergleich zu Patienten, die keinen Checkpoint-Inhibitor bekommen hatten, um das Doppelte erhöht war (Hazard Ratio [HR]: 2,5). Aber auch das Risiko für andere immunbedingte Nebenwirkungen (HR: 2,2) stieg unter dem Immuntherapeutikum. So traten häufiger ein Cushing-Syndrom (HR: 11,8), Hyperthyreose (HR: 6,3), Hypothyreose (HR: 3,8), Hypopituitarismus (HR: 19,8), andere Hypophysenerkrankungen (HR: 6,0), Diarrhö (HR: 3,5) und Sepsis (2,2) auf. Die Nebenwirkungen zeigten sich meist innerhalb von sechs Monaten nach der ersten Anwendung des Checkpoint-Inhibitors. Die kumulative Inzidenz für autoimmune Nebenwirkungen betrug 13,7%, für andere immunbedingte Nebenwirkungen 46,8%. Da Checkpoint-Inhibitoren zunehmend eingesetzt werden, fordern die Wissenschaftler, vermehrt Studien zu dieser Problematik durchzuführen. |