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- DAZ 15/2022
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Arzneimittel und Therapie
Erhöhtes Schlaganfall-Risiko beobachtet
Metoclopramid und Co. unter Verdacht
Vor allem bei älteren Personen konnte in der Vergangenheit ein Zusammenhang zwischen der Einnahme von antidopaminergen Antipsychotika und einem höheren Schlaganfallrisiko gesehen werden. Dabei war das Risiko im ersten Behandlungsmonat am größten, fiel nach etwa drei Monaten aber wieder auf den Ausgangswert ab. In einer Beobachtungsstudie im Fall-Zeit-Kontroll-Design wurde nun untersucht, ob das auch auf antidopaminerge Antiemetika zutrifft, die peripher D2-Rezeptoren blockieren.
Auswertungsgrundlage waren französische Datenbanken, die die Erstattungsdaten aus dem Gesundheitssystem, u. a. für Arzneimittel, Arztbesuche und Klinikaufenthalte, beinhalten. Als Fälle wurden 2612 Patienten (durchschnittlich 71,9 Jahre, 33,9% Männer) mit erstem Schlaganfall und ohne zerebrovaskuläre Vorerkrankungen eingeschlossen, die innerhalb von 70 Tagen vor dem Hirninsult mindestens einmal ein antidopaminerges Antiemetikum (Domperidon, Metoclopramid oder das in Deutschland nicht erhältliche Metopimazin) erhalten hatten und keines im Jahr zuvor. Zu den Ausschlusskriterien gehörte u. a. Krebs in der Vorgeschichte. Als Kontrolle dienten 21.859 Patienten, die im gleichen Zeitraum ebenfalls mindestens ein antidopaminerges Antiemetikum eingenommen hatten und keinen ischämischen Schlaganfall erlitten hatten.
Zentral wirksame Antiemetika besonders auffällig
Es zeigte sich, dass das Risiko für einen Schlaganfall im Zusammenhang mit der Einnahme eines der genannten Antiemetika um mehr als das Dreifache erhöht war (adjustierte Odds Ratio [aOR]: 3,12, 95%-Konfidenzintervall [KI]: 2,85 bis 3,42). Subgruppenanalysen nach Alter, Geschlecht und Demenz zeigten ähnliche Werte. Ein besonders hohes Risiko wurde unter Metoclopramid (aOR: 3,53) und Metopimazin (aOR: 3,62) gesehen, das geringste Risiko besaß Domperidon (aOR: 2,51). Eine mögliche Erklärung der Wissenschaftler: Anders als Domperidon können Metoclopramid und Metopimazin die Blut-Hirn-Schranke überwinden und sind schwach zentral wirksam. Dies wiederum könnte einen Einfluss auf den zerebralen Blutfluss haben. Außerdem wurde ähnlich wie unter Antipsychotika ein zeitlicher Zusammenhang beobachtet: Das Schlaganfallrisiko war in den ersten Behandlungstagen am höchsten. Im Zeitraum von 21 Tagen vor dem ischämischen Schlaganfall lag die adjustierte Odds Ratio bei 2,59, sieben Tage vor dem Ereignis sogar bei 4,66. Daher können metabolische Effekte als Auslöser der Schlaganfälle ausgeschlossen werden, potenziellen Einfluss könnten aber die arrhythmogenen Wirkungen der Substanzklasse haben.
Ergebnis nicht auf Tumorpatienten extrapolierbar
Da Krebspatienten gänzlich aus der Studie ausgeschlossen wurden, kann für sie kein Ergebnis aus der Studie abgeleitet werden. Zudem wurde bei der Auswertung die Einnahme der Antiemetika nur aus der Einlösung eines Rezepts abgeleitet. So könnte es vorgekommen sein, dass ein Patient zwar sein verordnetes Arzneimittel erhalten, es aber nie eingenommen hat. Zusätzlich kann keine Aussage darüber getroffen werden, ob es sich bei der schwerwiegenden Nebenwirkung um einen dosisabhängigen Effekt handelt.
Insgesamt zeigt die Studie eine Assoziation zwischen einem erhöhten Schlaganfallrisiko unter antidopaminergen Antiemetika. Da es sich aber lediglich um eine Beobachtungsstudie handelt, sind weitere Studien nötig. |
Literatur
Bénard-Laribière A et al. Risk of first ischaemic stroke and use of antidopaminergic antiemetics: nationwide case-time-control study. BMJ 2022 23;376:e066192
Nelson R. Drugs Used for Nausea/Vomiting Linked to Stroke Risk. Nachricht von Medscape, 29. März 2022
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