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Beratung

Brennen, drücken, bohren, stechen ...

Magenschmerzen äußern sich auf viele Arten

Patienten mit Magenbeschwerden sind in der Apotheke keine Seltenheit. Oft sind Magenschmerzen harmlos und gut selbst zu behandeln. Es können aber auch ernsthafte Erkrankungen zu Grunde liegen. Welche Ursachen für Magenschmerzen gibt es? Was ist im Rahmen der Selbstmedikation möglich? Und wann sollte der Patient zum Arzt geschickt werden? | Von Sabine Fischer 

Als Magenschmerz bezeichnet man akute oder chronische Schmerzen im linksseitigen bis mittleren Oberbauch, also im Bereich zwischen Rippenbogen und Bauchnabel. Patienten bezeichnen den Schmerz häufig als dumpf, brennend oder kolikartig und können diesen nicht genau lokalisieren. Zusätzlich ist das Auftreten weiterer Symptome möglich, wie z. B. Übelkeit, Erbrechen, Durchfall oder blutiger Stuhl. Die Gründe für solche Beschwerden können vielfältig sein. Eine falsche oder übermäßige Nahrungsaufnahme sowie Nahrungs- oder Genussmittel, welche die Magenschleimhaut reizen können zu Magenschmerzen führen. Jedoch lösen ebenso eine Reihe von Erkrankungen Schmerzen im Oberbauch aus. Dabei kann die Ursache direkt im Magen lokalisiert sein oder bis dahin ausstrahlen, bzw. Magenschmerzen vortäuschen [1].

Gastritis ist der Überbegriff für eine Gruppe von Erkrankungen, denen allen eine Entzündung der Magenschleimhaut gemeinsam ist. Ursache ist häufig eine Infektion mit Helicobacter pylori oder die regelmäßige Einnahme von Medikamenten, welche die Magenschleimhaut reizen (z. B. nichtsteroidale Antiphlogistika). Weitere Risikofaktoren sind exzessiver Alkoholkonsum, Stress, chronisch-entzündliche Darmerkrankungen, fortgeschrittenes Alter, Chemotherapie oder Bestrahlung. Eine Gastritis kann akut oder schleichend auftreten und kann zum Teil zu Geschwüren oder einem erhöhten Magenkrebsrisiko führen. Typische Symptome sind nagende oder brennende Schmerzen sowie Schmerzen, die sich beim Essen verschlimmern oder verbessern. Dazu kommen Brechreiz, Erbrechen oder Völlegefühl im Oberbauch nach dem Essen. Eine Gastritis kann aber auch symptomlos verlaufen [2]. Ziel der Therapie ist es, die Entzündung der Magenschleimhaut zu reduzieren. Falls möglich sollte deshalb auf Auslöser verzichtet werden. Handelt es sich um eine akute Gastritis heilt diese meist von alleine aus. Die Patienten sollten dafür aber auf magen­reizende Stoffe verzichten und Bettruhe halten. Darüber hinaus empfiehlt sich eine Diät, bei der ein bis zwei Tage zunächst komplett auf Nahrung verzichtet wird. In den folgenden Tagen kann der Patient Schonkost wie Haferschleim, Tee und Zwieback zu sich nehmen. Prinzipiell gilt: mehrere kleine Mahlzeiten belasten den Magen geringer als wenige große. Zusätzliche Linderung verschaffen Tees aus Kamillenblüten, Schafgarbenkraut, Galantwurzel oder Süßholzwurzel sowie Wärmeanwendungen. Reicht die Wirkung dieser Maßnahmen nicht aus, können bis zum Abklingen der Symptome unterstützend Antacida, Spasmolytika sowie bei Bedarf Antiemetika eingesetzt werden. Die Behandlung einer chronischen Gastritis sollte durch einen Arzt erfolgen [3].

Wann mit Magenschmerzen zum Arzt?

  • heftige Schmerzen, die plötzlich beginnen, anhalten und rasch stärker werden
  • Schmerzen halten über mehr als drei Tage an oder kehren immer wieder
  • Begleitsymptome wie blutiger Stuhl, Fieber, unerklärlicher Gewichtsverlust, Schweißabsonderung
  • brettharte Bauchdecke, Patient nimmt Schonhaltung ein und zieht die Beine an

(nach [13, 14])

Gastroduodenale Ulkuskrankheit

Entstehen Gewebedefekte, die die Lamina muscularis mucosae (Gewebeschicht aus glatten Muskelzellen, die Teil der Mukosa ist) überschreiten und auch tiefere Wandschichten betreffen, so wird dies als gastroduodenale Ulkuskrankheit bezeichnet. Je nach Lokalisation unterscheidet man das Magengeschwür (Ulcus ventriculi) vom Zwölffingerdarmgeschwür (Ulcus duodeni), wobei letzteres zwei- bis dreimal häufiger auftritt. In über 90% der Fälle mit duodenalem Ulkus und bei mehr als 75% der Fälle mit Magenulkus liegt eine Besiedlung mit Helicobacter pylori (H. pylori) vor. Wei­tere Risikofaktoren sind auch hier unter anderem die Einnahme von nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR), Alkohol, Stress sowie eine chronische Niereninsuffizienz mit Urin­ämie. Beide Ulkusformen können zu Schmerzen im Oberbauch führen, es sind aber auch asymptomatische Verläufe möglich. Bei einem Ulcus ventriculi treten Schmerzen unabhängig von der Nahrungsaufnahme oder direkt nach der Nahrungsaufnahme auf. Liegt hingegen ein Ulcus duodeni vor, kommt es klassischerweise zum Nüchternschmerz, vor allem in der Nacht, der nach Nahrungsaufnahme reduziert wird. Therapeutisch erfolgt eine Senkung der Säureproduktion (mit Protonenpumpeninhibitoren), bei Bedarf eine H.-pylori-Eradikationstherapie sowie gegebenenfalls die Karenz der auslösenden Noxen. Differenzialdiagnostisch sollte ein Magenkarzinom sicher ausgeschlossen werden [4].

Magenkarzinome gehören weltweit zu den häufigsten tumorbedingten Todesursachen. Die Prognose der Patienten ist ungünstig, was vor allem daran liegt, dass ca. 80% der Patienten lange symptomlos bleiben. Oft erfolgt die Diagnose erst bei fortgeschrittenem, inoperablem Zustand. Treten bei einem Patienten ein oder mehrere der Symptome Schluckstörungen, rezidivierendes Erbrechen, Appetitlosigkeit, unklarer Gewichtsverlust, gastrointestinale Blutung oder unklare Eisenmangelanämie auf, sollte eine umfassende endoskopische Untersuchung durchgeführt werden [5].
Gehen Schmerzen im Oberbauch mit einem Brennen hinter dem Brustbein oder im Rachen, saurem Aufstoßen oder Regurgitation von Mageninhalt einher, so ist an eine gastro­ösophageale Refluxkrankheit (GERD) zu denken. Zusätzlich kann es zu Schluckerschwernis oder Schmerzen beim Schlucken, Reizhusten, morgendlichem Räuspern und Heiserkeit kommen. Die Therapie erfolgt vorwiegend mittels Protonenpumpeninhibitoren [6].

Magen-Darm-Infektionen werden durch Viren oder Bakterien, selten durch Parasiten, ausgelöst. Neben Übelkeit, Erbrechen und Durchfall können auch Bauch- bzw. Magenschmerzen auftreten. Vor allem Noro- und Rotaviren sind häufig für Magen-Darm-Infekte verantwortlich. Lebensmittelvergiftungen hingegen werden vor allem durch Toxin-produzierende Staphylokokken verursacht [7].

Der Begriff Reizmagen umfasst Beschwerden im Oberbauch denen keine organische Ursache zugrunde liegt. Es handelt sich um funktionelle Verdauungsstörungen, die möglicherweise auf eine veränderte Schmerzwahrnehmung oder eine mangelnde Magenbeweglichkeit zurückzuführen sind. Typische Symptome sind Schmerzen im Oberbauch, Druck- und Völlegefühl, Übelkeit und Erbrechen, Appetitlosigkeit, Blähungen, saures Aufstoßen, Sodbrennen, sowie vegetative Störungen (z. B. Herzstechen oder Kreislaufprobleme). Oft reicht eine Umstellung der Ernährungs- und Lebensgewohnheiten aus, um die Beschwerden zu lindern. Bei Bedarf können – je nach vorherrschender Symptomatik – Antacida, Protonenpumpeninhibitoren und Prokinetika eingesetzt werden [8].

In der Leber wird täglich bis zu ein Liter Gallenflüssigkeit gebildet. Ist der Cholesterin-Gehalt zu hoch können Gallensteine entstehen. Diese können völlig unbemerkt bleiben, aber auch heftige Oberbauchschmerzen (Koliken) auslösen. Entscheidend dafür sind Lokalisation und Größe. Liegen die Gallensteine in der Gallenblase entstehen Schmerzen, wenn der Ausgang der Gallenblase oder die Mündung in den Zwölffingerdarm blockiert ist. Die Koliken treten in Wellen auf und verschwinden nach einigen Stunden wieder. Ausstrahlungen in Rücken und die rechte Schulter sind ebenso möglich wie Völlegefühl, Übelkeit oder Erbrechen. Blockieren die Gallensteine den Gallengang, kann es zusätzlich zum Auftreten eines Ikterus kommen, da das in der Leber gebildete Bilirubin nicht mehr abfließen kann. Verfärbungen von Urin (dunkel) und Stuhl (hell) sind möglich. Die Behandlung von Koliken erfolgt symptomatisch durch Schmerzmittel und Spasmolytika, eine dauerhafte Beschwerdefreiheit ist nur durch die Entfernung der Gallenblase möglich [9].
Setzen plötzlich sehr starke Oberbauchschmerzen ein, liegt möglicherweise eine Pankreatitis vor. Die Schmerzen können bis in den Rücken ausstrahlen und gehen oft mit Übelkeit, Erbrechen, Fieber, Kreislaufproblemen und einem aufgeblähten Bauch einher. Die Ursachen sind hierbei meist übermäßiger Alkoholkonsum oder Gallensteine. Aufgrund der extremen Schmerzen suchen die Betroffenen meist sofort den Arzt auf. In 80% der Fälle ist die Entzündung nach ein bis zwei Wochen überstanden. Sind Gallensteine der Auslöser für die Pankreatitis, so werden diese entfernt; oft wird später auch die Gallenblase entfernt um einen Rückfall zu vermeiden. Liegt eine alkoholbedingte Pankreatitis vor, sollte der Alkoholkonsum deutlich reduziert werden [10].

Erste Hilfe bei Magenschmerzen

  • Vermeiden von
    • fettigen oder üppigen Mahlzeiten
    • Kaffee, Alkohol und Nicotin
    • bekanntermaßen unverträglichen Nahrungsmitteln
    • Stress
  • Wärmeauflagen (Wärmflasche, Kirschkernkissen)
  • Entspannungsübungen
  • Baucheinreibung mit Kümmelöl, Fenchelöl, Lavendelöl
  • Arzneitees (Fenchel, Anis, Kümmel, Kamille, Pfefferminze, Melisse)
  • pflanzliche Wirkstoffe: Bitterstoffe (z. B. Iberis amara), Pfefferminzöl
  • Pankreasenzyme
  • medikamentöse Therapie mit
    • Antacida
    • Protonenpumpeninhibitoren
    • Spasmolytika (Butylscopolamin)

(nach [14, 15])

Bei einer Blinddarmentzündung treten typischerweise Schmerzen im rechten Unterbauch auf. Häufig ist aber nicht bekannt, dass diese Schmerzen erst ca. nach vier bis 24 Stunden auftreten, während zuvor zunächst diffuse Schmerzen im Oberbauch sowie um den Bauchnabel herum vorliegen. Neben unspezifischen Symptomen wie Übelkeit, Erbrechen, Appetitlosigkeit, Schüttelfrost und Fieber tritt klassischerweise ein Erschütterungsschmerz auf. Außerdem kann es zu einem erschwerten oder schmerzhaften Ablassen des Harns kommen, da eine akute Appendizitis zur entzündlichen Reizung des Harnleiters sowie zur Einwanderung von Bakterien in diesen führen kann [11].

Bei einem Herzinfarkt muss nicht unbedingt der klassische Brustschmerz im Vordergrund stehen. Gerade bei älteren Menschen, vor allem bei Frauen handelt es sich oft eher um ein Druck- oder Engegefühl in der Brust, welches mit Oberbauchbeschwerden, Übelkeit, Erbrechen, Schweißausbruch, Rückenschmerzen, Kurzatmigkeit und Müdigkeit einhergeht. Besteht der Verdacht auf einen Herzinfarkt muss umgehend der Rettungsdienst informiert werden [12].

Magenschmerzen können auch durch Unverträglichkeiten bestimmter Lebensmittel ausgelöst werden. So ruft bei manchen Menschen der Genuss von lactose-, fructose- oder glutenhaltigen Nahrungsmitteln neben weiteren Symptomen (z. B. Blähungen, Übelkeit, Erbrechen, Durchfall) Magenschmerzen hervor. Ebenso können Essstörungen wie Bulimie oder Magersucht die Ursache für Magenschmerzen sein. |

 

Literatur

[1] Niedergethmann M et al. Differenzialdiagnose des Oberbauchschmerzes. Deutsches Ärzteblatt 2006;103(13):A862-871

[2] Gastritis. Informationen der Mayo Clinic, www.mayoclinic.org/diseases-conditions/gastritis/symptoms-causes/syc-20355807

[3] Gastritis: Behandlung der akuten Gastritis. Informationen des Berufsverbands Deutscher Internisten e. V., „Internisten im Netz“, Stand: August 2017, www.internisten-im-netz.de/krankheiten/gastritis/behandlung-einer-gastritis/

[4] Gastroduodenale Ulkuskrankheit. Amboss, Stand: September 2021, www.amboss.com/de/wissen/Gastroduodenale_Ulkuskrankheit

[5] Magenkarzinom. S3-Leitlinie, Leitlinienprogramm Onkologie, Stand: August 2019, AWMF-Registernummer: 032/009OL

[6] Gastroösophageale Rexfluxkrankheit. S2k-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten e. V. (DGVS), Stand: Mai 2014, AWMF-Registernummer 021/013

[7] Magen-Darm-Infektionen. Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, www.infektionsschutz.de/infektionskrankheiten/krankheitsbilder/magen-darm-infektionen/#c6221

[8] Reizmagen. Informationen des Berufsverbands Deutscher Internisten e. V., Internisten-im-Netz, www.internisten-im-netz.de/krankheiten/reizmagen/was-ist-ein-reizmagen.html, abgerufen am 21. März 2022

[9] Gallensteine. Informationen des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG), Stand März 2021, www.gesundheitsinformation.de/gallensteine.html

[10] Akute Entzündung der Bauchspeicheldrüse (Pankreatitis). Informationen des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG), Stand April 2021, www.gesundheitsinformation.de/akute-entzuendung-der-bauchspeicheldruese-pankreatitis.html#topic-sources

[11] Appendizitis. Amboss, Stand März 2022, www.amboss.com/de/wissen/Appendizitis

[12] Herzinfarkt bei Frauen: Bauchschmerzen können ein Warnzeichen sein. Informationen der Deutschen Herzstiftung, Stand: 6. März 2019, www.herzstiftung.de/service-und-aktuelles/presse/pressemitteilungen/archiv/herzinfarkt-bei-frauen-bauchschmerzen-koennen

[13] Bauchschmerzen. Informationen des Berufsverbands Deutscher Internisten e. V., www.internisten-im-netz.de/krankheiten/bauchschmerzen/symptome-bei-bauchschmerzen.html

[14] Neubeck M. Evidenzbasierte Selbstmedikation. 2017/2018, Deutscher Apotheker Verlag 2016

[15] Lennecke K. Selbstmedikation für Kinder. 1. Auflage, Deutscher Apotheker Verlag 2019

Autorin

Dr. Sabine Fischer ist Apothekerin aus Stuttgart. Seit dem Pharmaziestudium in Freiburg und einer Promotion in Tübingen arbeitet sie an einer PTA-Schule und in öffentlichen Apotheken. Nebenbei schreibt sie als freie Journalistin.

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