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Tarifbindung: Worauf Apothekenangestellte achten sollten

Kolleginnen und Kollegen profitieren, wenn Tarifverträge gelten

Gehalts- und Rahmentarifverträge regeln wichtige Details zum Arbeits­verhältnis. Minou Hansen, Juristin bei ADEXA, gibt Tipps zur Tarifbindung und zu Arbeitsverträgen.
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ADEXA: Frau Hansen, wann besteht im Tarifrecht Tarifbindung?

Hansen: Per Gesetz tritt eine automatische Tarifbindung ein, wenn beide Seiten des Arbeitsverhältnisses, sprich Angestellte und Arbeitgeberin beziehungsweise Arbeitgeber, Mitglied in dem jeweiligen tarifvertragschließenden Verband sind. Für die Arbeitnehmerseite ist das ADEXA – Die Apothekengewerkschaft. Auf Arbeitgeberseite gibt es im Bundesgebiet mit Ausnahme der Kammerbezirke Nordrhein und Sachsen den Arbeitgeberverband Deutscher Apotheken (ADA), der aufseiten der Apothekenleitungen die Tarifverträge abschließt. Hier sind Inhaberinnen oder Inhaber in aller Regel Mitglied, wenn sie Mitglied in ihrem Landesapothekerverband sind.

Im Kammerbezirk Nordrhein schließt die Tarifgemeinschaft der Apothekenleiter Nordrhein (TGL Nordrhein) Tarifverträge für Apotheken ab, die dort Mitglied sind. Im Kammerbezirk Sachsen gibt es derzeit noch keinen Tarifvertrag.

Tarifbindung bedeutet, dass tarifliche Regelungen als Mindestbedingungen gelten. Die Apothekenleitung darf also nur zugunsten der Mitarbeitenden vom Tarifvertrag abweichen.

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Minou Hansen

ADEXA: Wie erfahren Angestellte, ob ihr Arbeitgeber Mitglied in einem Arbeitgeberverband ist?

Hansen: Am besten ist es, die Apothekenleitung bereits im Bewerbungsgespräch darauf anzusprechen. In Zeiten des Fachkräftemangels kann man als Mitarbeiterin oder Mitarbeiter durchaus signalisieren, dass Tarifbindung ein Entscheidungskriterium bei der Wahl des zukünftigen Arbeitsplatzes darstellt. Vielen unserer Mitglieder ist – gerade bei langjähriger Berufserfahrung – Tarifbindung genauso wichtig wie das Gehalt oder die Urlaubsansprüche.

Wenn man schon länger in einer Apotheke beschäftigt ist und bis jetzt noch nicht über Tarifbindung gesprochen hat, kann man zum Beispiel die gerade abgeschlossenen neuen Gehaltstarifverträge dazu nutzen, die Apothekenleitung anzusprechen. Angestellte sollten durchaus selbstbewusst auf die eigene Gewerkschaftsmitgliedschaft hinweisen.

Wenn das Arbeitsverhältnis gekündigt ist und vielleicht keine gute Gesprächsbasis mehr besteht, können ADEXA-Mitglieder die Rechtsabteilung beauftragen, sich wegen einer etwaigen Tarifbindung mit der Apothekenleitung auseinanderzusetzen. Spätestens zur Vermeidung einer gerichtlichen Auseinandersetzung werden die Chefin beziehungsweise der Chef darüber informieren.

Der ADA und die TGL Nordrhein werden, genau wie ADEXA, keine Auskunft geben, ob eine Mitgliedschaft besteht. Das verbietet schon der Datenschutz.

ADEXA: Auch ohne Tarifbindung können sich beide Seiten auf die Tarifverträge berufen. Worauf ist zu achten?

Hansen: Es ist immer empfehlenswert, im individuellen Arbeitsvertrag zu vereinbaren, dass tarifliche Regelungen gelten: am besten gleich zu Beginn des schriftlichen Vertrags mit dem Hinweis, dass für dieses Arbeitsverhältnis die jeweils gültigen Tarifverträge Anwendung finden. In vielen Fällen gibt es am Ende in einem der letzten Paragrafen des Arbeitsvertrags die Formulierung: „Im Übrigen gelten die Regelungen des Bundesrahmen­tarifvertrags/Rahmentarifvertrags Nordrhein in ihrer jeweils gültigen Fassung.“ Kritisch sind bei dieser Formulierung die Worte „im Übrigen“. Das bedeutet: soweit nichts Abweichendes vereinbart worden ist. Wenn also im restlichen Teil des Arbeitsvertrags andere Eckdaten zur Sprache kommen, geht das – zumindest bei fehlender Tarifbindung – vor.

ADEXA: Angestellte erhalten teils übertarifliche Gehälter. Welche Formulierungen im Arbeitsvertrag sind wichtig, damit auch sie von Tariferhöhungen profitieren?

Hansen: Die Frage ist tatsächlich sehr relevant, um bei zukünftigen Tariferhöhungen unliebsame Überraschungen zu vermeiden. Ein großer Fehler wäre, hier nur einen bestimmten Betrag als Gehalt festzuschreiben. Die empfehlenswerte Formulierung lautet: „Das Gehalt entspricht dem jeweils gültigen Tarifgehalt plus einer Zulage von x Prozent“.

In manchen (Muster-)Verträgen folgt dann der Satz: „Zukünftige Tariferhöhungen können auf die Zulage angerechnet werden.“ Oder: „Die Zulage mindert sich bei jeder Tariferhöhung automatisch um deren vollen Betrag.“ Solche Passagen sollten gestrichen werden, damit Angestellte bei Tarif­erhöhungen sowohl das neue Tarifgehalt als auch ihre prozentuale Zulage automatisch erhalten.

Grundsätzlich empfehlen wir unseren Mitgliedern, ihre Arbeitsverträge vor der Unterschrift durch uns prüfen zu lassen. Dies ist wichtig, um ungünstige Formulierungen vorab zu erkennen und zu vermeiden.

ADEXA: Häufen sich in der Rechts­beratung bestimmte Anfragen zum Thema?

Hansen: Gerade im Moment gibt es aufgrund der neuen Gehaltstarifverträge viele Anfragen dazu, ob ADEXA-Mitglieder Anspruch auf das neue Tarifgehalt haben. Hier ist für unsere Rechtsabteilung immer ein Blick in den Arbeitsvertrag erforderlich, damit man genau prüfen kann, ob ein Rechtsanspruch auf die Erhöhung besteht.

Selbst wenn eine unglückliche Formulierung gewählt wurde, kann ich Apothekenangestellten nur empfehlen, notfalls nachzuverhandeln. Wenn beide Vertragspartner unterzeichnet haben, dass die Mitarbeiterin beziehungsweise der Mitarbeiter das Tarifgehalt plus eine prozentuale Zulage erhält, sollte dies auch so in den Vertrag aufgenommen werden. So lassen sich zumindest für die Zukunft weitere Diskussionen vermeiden. Mit Blick auf den Fachkräftemangel wissen auch die Apothekenleitungen, dass es im Zweifelsfall finanziell günstiger ist, gutes Personal mit guten Gehältern an den Betrieb zu binden als zeit- und kostenaufwendig neues Personal zu suchen.

ADEXA: Frau Hansen, vielen Dank für das Gespräch! |

Michael van den Heuvel

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