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Management

Vertrauen in die Wissenschaft

Wie Sie in der Apotheke für mehr Verständnis sorgen können

Um misstrauische Patienten zu überzeugen, müssen Apo­theker mit ihrer besonderen Beratungskompetenz glänzen. Damit können sie nicht nur das Gesundheitsbewusstsein, die Compliance und die Arzneimitteltherapiesicherheit erhöhen, sondern auch für ein besseres Verständnis wissenschaftlicher Erkenntnisse sorgen.

Besonders während der Corona-Pandemie wurden die großen Unterschiede im Verständnis und der erfolgreichen Vermittlung gesundheitsbezogener Themen deutlich – sei es in der Politik, im Beruf oder auch im Privaten. Während einige selbst ernannte „Experten“ plötzlich mit medi­zinischen Fachbegriffen um sich warfen und meinten, alles besser zu wissen, auch wenn sie vorher gar nichts mit Naturwissenschaften oder Medizin am Hut hatten, haben andere auch nach über zwei Jahren Corona-Krise nur eine vage bis völlig falsche Vorstellung von der pandemischen Lage.

Für die Apotheke gilt, dass eine klare und verständliche persön­liche Beratung wichtiger denn je ist, um den Patienten eine bessere Orientierung im Arzneimitteldschungel zu geben. Denn es nützt keinem, sich zwar fachlich korrekt auszudrücken, aber gleichzeitig für Unverständnis und Verwirrung zu sorgen. Generell sollte die Gesundheitsbranche gute Aufklärungsarbeit leisten – vor allem, um die zunehmenden „Fake News“ und die vielen unseriösen Quellen im Internet zu Gesundheitsthemen zu entschärfen. Auch wenn sich seit Beginn der Corona-Krise immer mehr Bundesbürger mit ihrer Gesundheit beschäftigen, fällt es vielen schwer, die wirklich relevanten Gesundheitsinformationen zu finden, zu verstehen, zu bewerten und auch für die persönliche Situation zu nutzen. Apotheker vor Ort haben die Aufgabe und Chance, verunsicherte Patienten durch eine kompetente Beratung zu beruhigen und in der richtigen Therapie zu bestärken. Schon jetzt haben wir eine große Polarisierung der Gesellschaft – auch im Gesundheitsbereich. Doch wie kann man das Vertrauen derjenigen gewinnen, die Fachleuten wie Apothekern, Ärzten oder Virologen skeptisch gegenüberstehen?

Compliance durch Vertrauen fördern

Die Corona-Pandemie hat die Gesundheitsversorgung in den Fokus gestellt – demnach ist auch die Wertschätzung des verlässlich funktionierenden Gesundheits­systems in Deutschland gestiegen. Laut einer im Herbst 2020 durchgeführten Umfrage des Bundesverbandes der Arzneimittelhersteller (BAH) wuchs das Vertrauen der deutschen Bevölkerung in die Gesundheitsversorgung im Vergleich zum Vorjahr. Besonders wichtig ist es den Mitbürgern weiterhin, dass es genügend Apotheken am Wohnort gibt, denn die meisten Kunden vertrauen den Vor-Ort-Apotheken deutlich mehr als den Versendern. Der Kauf von Medikamenten ist und bleibt Vertrauenssache. Verständlich, denn dabei geht es um die eigene Gesundheit, und die ist für die meisten Menschen – nicht nur in Krisenzeiten wie diesen – das wichtigste persönliche Gut.

Als unabhängige Heilberufler begleiten Apotheker ihre Patienten fachlich und helfen ihnen u. a. dabei, die vom Arzt empfohlene Therapie im Alltag richtig um­zusetzen. Das Dilemma ist, dass immer noch rund ein Drittel der verordneten Medikamente nicht korrekt angewendet wird, was zu großen Behandlungsproblemen führt. Doch warum nehmen Patienten ihre Arzneimittel nicht oder unregelmäßig zu sich und was können Apotheker tun, damit die Therapie dennoch erfolgreich ist? Ein wichtiger Schritt in die rich­tige Richtung sind sicherlich die nach langer Diskussion nun gestarteten pharmazeutischen Dienstleistungen. Eine erweiterte Medikationsberatung oder das Üben der richtigen Inhalationstechnik in den Apotheken vor Ort können sicherlich helfen, die Arzneimitteltherapiesicherheit und die Compliance deutlich zu fördern. Diese Kompetenz­erweiterung der Apotheker ist eine gute Möglichkeit, das Vertrauen ihrer Patienten in die Medizin und die Wissenschaft zu stärken und gleichzeitig treue Kunden zu binden.

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Bei der individuellen Beratung kann gezielt auf Fragen und Unsicherheiten eingegangen werden. So können mögliche Unklarheiten beseitigt und die Arzneimitteltherapiesicherheit sowie das Vertrauen des Kunden gestärkt werden.

Immer auf dem neuesten Stand

Apotheker-Sein basiert auf pharmazeutischer Kompetenz, wissenschaftliches Know-how ist ein wichtiges Element des Apothekerberufes. Von Gesundheitsexperten wird aber auch das kritische Hinterfragen und Bewerten wissenschaftlicher Evidenz gefordert. Nicht zuletzt die aktuellen Erfahrungen mit der Pandemie zeigen, dass sich vermeintliche wissenschaftliche Fakten als falsch oder Kontext-abhängig fehlinterpretiert erweisen können. Auch in der Apotheke ist man manchmal mit den Grenzen zwischen wissenschaft­licher Erkenntnis und noch nicht gesicherter Meinung konfrontiert. Tagtäglich erlebt man im Kundengespräch die unterschiedlichsten Ansichten – hier sind fundierte Argumente und eine klare Kommunikation unabdingbar. Die persönliche Beratung der Patienten steht im Zentrum der pharmazeutischen Tätigkeiten und wird an Bedeutung weiter zunehmen. Je mehr die Apotheker in diesem Rahmen dazu beitragen, dass die Gesellschaft möglichst gut versteht, wie wissenschaftliche Aussagen entstehen und dass sich als gesichert verbreitete Wahrheiten durch neues Wissen durchaus ändern können, desto eher lässt sich die gesundheitliche Versorgung sowie generell das Verständnis von Wissenschaft kontinuierlich verbessern.

Sich Zeit nehmen lohnt sich

Ein Hauptproblem unserer Gesellschaft ist der oft hektische Alltag mit der Folge, dass sich Ärzte und auch Apotheker für ihre Patienten nur wenig Zeit nehmen können – häufig sind zunächst bürokratische Dinge zu regeln, dabei sollten der Therapieerfolg und die Arzneimitteltherapiesicherheit oberste Priorität haben. Gerade zu Beginn einer neuen Behandlung in Ruhe die Wirkweise eines Arzneimittels und dessen Anwendung zu erläutern, kann helfen, den Therapie­erfolg deutlich zu verbessern. Wer Patienten ratlos zurücklässt, riskiert die Therapietreue auch aus anderem Grund: Denn Kranke, die die gesundheitliche Wirkung eines Arzneimittels skeptisch einschätzen, vergessen z. B. die Einnahme ihrer Tabletten viel häufiger als diejenigen, die von einer Verbesserung der Erkrankung überzeugt sind. Auch wer Angst vor den Nebenwirkungen von Medikamenten oder einer möglichen Abhängigkeit hat, lässt seine Tabletten etc. häufig unangerührt.

Gerade bei chronischen Erkrankungen kann sich der Gesundheitszustand durch Non-Compliance dramatisch verschlechtern – Folgeerkrankungen entstehen oder es wird sogar eine Krankenhauseinweisung notwendig. Je besser sich Patienten informiert fühlen und je größer das Vertrauen in Ärzte und Apotheker ist, desto besser werden die Arzneimittel auch nach Plan eingenommen. Gerade bei älteren Patienten mit einer Polymedikation kann beispielsweise eine in Ruhe durchgeführte Medikationsberatung helfen, die Effektivität der medikamentösen Therapie zu erhöhen, Arzneimittelrisiken zu verringern und somit die Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS) zu verbessern. Auch ein sorgfältig erstellter Medikationsplan unterstützt den Patienten bei einer sicheren und wirksamen Therapie seiner Erkrankung. Daher lohnt es sich, dass diese wertvolle und individuelle Beratungszeit nun honoriert wird – denn wird eine falsche Einnahme von Medikamenten oder eine Fehlmedikation ver­mieden, so spart dies längerfristig viele unnötige Kosten für das gesamte Gesundheitssystem.

Überzeugen statt überreden

Die Kommunikation mit manchen Patienten erfordert viel Einfühlungsvermögen. Da sind die Überkritischen, die zunächst alles, was man vorschlägt, infrage stellen. Dann gibt es die passionierten Internetnutzer, die häufig schon eine eigene Diagnose und Therapie im Kopf haben. Wichtig ist hier vor allem, dass man sich durch fordernde und gut informierte Patienten nicht als Experte infrage stellen lässt. Eine gute Möglichkeit ist es, die Patienten auf eine wertschätzende Weise darauf anzusprechen, dass sie sich ja schon gut über ihre Erkrankung informiert haben. Die anschließende kompetente und empathische Beratung eines Arzneimittelexperten ist den meisten Patienten trotzdem wichtig – besonders auch, um Ängste oder Zweifel aus dem Weg zu räumen. Dabei macht es das Fachwissen der Heilberufler manchmal schwierig, sich mit dem Patienten auf Augenhöhe zu begeben. Doch es braucht sowohl im Job als auch im Privaten Verständnis und Empathie für den Gesprächspartner, damit dieser sich nicht nur überredet fühlt. Um wirklich zu überzeugen, muss man wissen, was der persönliche Bedarf bzw. Nutzen des Patienten ist und Vertrauen aufbauen.

Gute Kommunikation fördert Gesundheitskompetenz

Eine klare Kommunikation zwischen Arzt, Apotheker und Patient sorgt nicht nur für eine erfolgreiche Therapie von Erkrankungen, sondern auch für mehr Nachhaltigkeit im Gesundheitsbereich. Denn die mangelnde Gesundheitskompetenz vieler Menschen führt jedes Jahr zu vermeidbaren Mehrkosten. Nur der richtig informierte Patient kann selbstbestimmt handeln und die Verantwortung für seine Gesundheit übernehmen. Problematisch ist es, dass bei den lauten skeptischen Stimmen und den teilweise verwirrenden Nachrichten verlässliches Wissen vielfach untergeht. Die Öffentlichkeit muss der Wissenschaft ein Stück weit vertrauen. Geht es nach Gesundheitsminister Karl Lauterbach, so sollten zukünftig mehr Wissenschaftler in den Bundestag, damit die Politik es besser schafft, Erkenntnisse aus der Forschung in direktes Handeln umzusetzen. Aber auch eine allgemein verständliche Berichterstattung von Fachjournalisten sowie eine kompetente Beratung von Fachleuten – wie Apothekern – können dabei helfen, das Verständnis von wissenschaftlichen Erkenntnissen in der Bevölkerung zu verbessern – egal, ob es dabei um Gesundheitsthemen oder den Klimawandel geht. |

Apothekerin Dr. Irina Treede, Heidelberg

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