Recht

Sonderurlaub: Wer hat Anspruch worauf?

Für Geburt und Tod gibt’s frei – für Bahnstreiks nicht

mh | Für besondere Anlässe oder Ereignisse können sich Arbeitnehmer bezahlt freistellen lassen. Außerdem ist es manchmal unzumutbar, zur Arbeit zu gehen. Steht beispielsweise das Haus nach einem Unwetter unter Wasser, so dürfen Angestellte normalerweise zunächst das Nötigste daheim regeln.

Das ermöglicht das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB): Danach müssen Arbeitnehmer bezahlt freigestellt werden, wenn sie unverschuldet nicht zur Arbeit kommen können, weil sie vorübergehend verhindert sind. Damit sind nicht Erkrankungen gemeint, denn dafür gibt es das Entgeltfortzahlungsgesetz. Das BGB erfasst Situationen, in denen es nicht möglich oder zumutbar ist, auf der Arbeit zu erscheinen: die eigene Eheschließung, die Geburt eines Kindes oder der Tod eines nahen Angehörigen zählen dazu. Arbeitgeber können dieses Recht vertraglich ausschließen oder eingrenzen. Dagegen gibt es keinen bezahlten Sonderurlaub, wenn äußere Umstände dazu führen, dass Arbeitnehmer nicht bei der Arbeit erscheinen können, zum Beispiel wegen eines Streiks der Bahn. Nur, wenn Beschäftigte direkt betroffen sind (überschwemmtes Haus), kann es Sonderurlaub ­geben.

Die Dauer des Sonderurlaubs ist nicht gesetzlich festgelegt. In der Regel sind es ein oder mehrere Tage. Das hängt auch von den konkreten Umständen ab. Ist jemand zum Beispiel für ein halbes Jahr befristet beschäftigt, so wird er für einzelne Ereignisse weniger Sonderurlaub erhalten als jemand, der seit zwanzig Jahren im Betrieb ist. Für tarifgebundene Arbeits­verhältnisse sieht der Bundes­rahmentarifvertrag für Apothekenmitarbeiter meist einen Tag Sonder­urlaub aus verschiedenen Gründen vor (siehe Kasten), wobei Apothekenleiter hier selbstverständlich auch großzügiger verfahren können.

Wer gilt als „naher Angehöriger“?

Als nahe Angehörige gelten Großeltern, Eltern, Geschwister, Ehepartner, eingetragene Lebenspartner sowie Partner einer eheähnlichen Lebens­gemeinschaft. Kinder, Schwiegerkinder, Enkelkinder zählen ebenso dazu wie Adoptiv- und Pflegekinder.

Anlässe im Überblick

Geburt und Tod: Eine Geburt ist ein klassischer Fall, bei dem bezahlte Freistellung zusteht. Der Chef muss rechtzeitig von dem bevorstehenden Ereignis informiert werden, ebenso die Kollegen. Meist gibt es den Sonderurlaub unabhängig vom Familienstand. Einige Tarifverträge – darunter der Bundesrahmentarifvertrag für Apothekenmitarbeiter – beschränken dieses Anrecht jedoch immer noch auf eheliche Kinder. Dann wäre ein Gespräch mit dem Chef nötig. Gleichgeschlechtliche Ehen dürfen nicht benachteiligt werden. Stirbt ein naher Angehöriger, Lebenspartner, Eltern, Geschwister oder das eigene Kind, so haben Arbeitnehmer in der Regel Anspruch auf zwei freie Tage: am Todestag selbst und am Tag der Beerdigung.

Hochzeit: Wer heiratet, der bekommt am Hochzeitstag Sonder­urlaub. Dasselbe gilt meist für die Trauung der Eltern, des eigenen Kindes oder die goldene Hochzeit der Eltern. Wichtig: Es müssen nahe Angehörige sein. Die Hochzeit der Cousine oder die Goldhochzeit der Tante zählen nicht.

Kirchliches Fest: Eine Kommu­nion oder Konfirmation des Kindes kann Sonderurlaub bringen. Das gilt auch für gleichrangige Feste anderer anerkannter Reli­gionsgemeinschaften.

Das gilt für tarifgebundene Arbeitsverhältnisse

Nach dem Bundesrahmentarif­vertrag für Apothekenmitarbeiter haben alle Mitarbeiter Anspruch auf Freistellung von der Arbeits­leistung unter Fortzahlung des Gehaltes bis zu einer Dauer von insgesamt zwei Arbeitstagen im Kalenderjahr nur bei

  • eigener Eheschließung (ein Arbeitstag)
  • Teilnahme an der Eheschließung der Kinder oder Geschwister (ein Arbeitstag)
  • Niederkunft der Ehefrau (ein Arbeitstag)
  • Tod des Ehegatten, des Lebenspartners, der Kinder, der Eltern, der Stiefeltern und der Schwiegereltern (ein Arbeitstag)
  • Teilnahme an der Beerdigung der oben genannten Angehörigen sowie der Geschwister und Großeltern (ein Arbeitstag)
  • Anzeigen auf dem Standesamt, die persönlich erledigt werden müssen (die nach dem Ermessen der Behörde notwendige Zeit)
  • Vorladungen vor Gericht oder bei sonstigen Behörden (die nach dem Ermessen der Behörde notwendige Zeit)
  • Aufsuchen eines Arztes zur ärzt­lichen und zahnärztlichen Behandlung, sofern dies nicht außerhalb der Dienstzeit möglich ist (die dafür notwendige Zeit)
  • Stellenwechsel (die für Vorstellungsgespräche notwendige Zeit)

Schule, Studium, Job

Abschlussfeier: Die Abifeier oder der Master-Abschluss des Kindes sind kein Grund für Sonderurlaub.

Arbeitsweg: Wer wegen eines Unwetters oder eines Bahnstreiks nicht zur Arbeit kommt, der hat „Pech gehabt“. Das „Wegerisiko“ tragen die Beschäftigten. Arbeit­geber haben dann das Recht, das Gehalt für den Fehltag abzuziehen.

Dienstjubiläum: Im öffentlichen Dienst gibt es zum 25. und 40. Dienstjubiläum Sonderurlaub. Beschäftigte in anderen Unter­nehmen bekommen dafür in der Regel keine bezahlte Freistellung.

Bewerbung: Gekündigte dürfen während der Arbeitszeit zur Agentur für Arbeit fahren oder Bewerbungsgespräche führen – ohne Gehaltseinbuße. Allerdings sollte darauf geachtet werden, dass betriebliche Abläufe nicht gestört werden.

Umzug: Manchmal bekommen Mitarbeiter für einen persönlichen Umzug einen Tag Sonderurlaub. Ein Umzugstag oder Umzugs­urlaub wird ansonsten meist nur gewährt, wenn der Wechsel des Wohnorts betriebliche Gründe hat.

Krankheit, Pflege

Arzttermin: Vorsorgeuntersuchungen oder Zahnarzttermine rechtfertigen keine bezahlte Freistellung. In Betrieben, in denen flexibel gearbeitet wird, müssen solche Termine in die Freizeit ­gelegt werden. Sind Termine nur während der Arbeitszeit zu bekommen, so kann dafür Sonder­urlaub beantragt werden. Für Schönheitsoperationen gibt es keinen Sonderurlaub.

Pflegefall: Wird ein Familienmitglied plötzlich zum Pflegefall, so kann einem nahen Angehörigen, der das Dringlichste regelt, dafür ein Tag Sonderurlaub zustehen. Beschäftigte können auch bis zu sechs Monate unbezahlt freigestellt werden, um Familienmitglieder zu pflegen. Die Pflegekasse zahlt auf Antrag Pflegeunterstützungsgeld als Ersatz für den Lohn.

Kind krank: Wird das Kind krank, darf ein Elternteil zur Betreuung zu Hause bleiben. Dafür können Arbeitgeber Sonderurlaub gewähren. Meistens brauchen Mitarbeiter dafür ein ärztliches Attest. Vater oder Mutter können dann jeweils bis zu fünf Tage daheimbleiben. Ab dem sechsten Tag gibt es kein Gehalt mehr. Manche Arbeitgeber zahlen generell nicht. Dann ist vom ersten Tag an das sogenannte Kinderkrankengeld zu beantragen. Im Bundesrahmen­tarifvertrag heißt es dazu: „Ferner besteht Anspruch auf Freistellung von der Arbeitsleistung unter Fortzahlung des Gehalts bei durch Attest nachzuweisender Erkrankung eines Kindes bis zum voll­endeten 16. Lebensjahr, sofern die Pflege notwendig ist und durch keine andere im selben Haushalt lebende Person vorgenommen werden kann, bis zu insgesamt fünf Arbeitstagen jährlich, soweit kein Anspruch auf anderweitigen Vergütungsersatz besteht.“

Ehrenamt, Zeuge

Schöffen oder Richter im Ehrenamt können ohne Lohnverzicht ­ihrem Ehrenamt nachgehen.

Feuerwehr, THW: Wer für die freiwillige Feuerwehr oder für das Technische Hilfswerk im Einsatz ist und deswegen bei der Arbeit fehlt, der erhält bezahlten Sonderurlaub. Grundlage dafür sind das THW-Gesetz und die Feuerwehrgesetze der Länder. Das Gehalt für die Fehltage wird dem Arbeitgeber von Bund und Ländern erstattet.

Zeuge: Muss jemand als Zeuge oder Partei vor Gericht, so darf ­folgenlos am Arbeitsplatz gefehlt werden. Gibt es für den Aufwand eine Entschädigung und wird der Verdienstausfall erstattet, so muss der Arbeitgeber für diesen Tag keinen Lohn zahlen.

Der gesetzliche Urlaubsanspruch kann durch Sonderurlaub nicht ­gekürzt werden. Tritt ein Ereignis wie ein plötzlicher Todesfall allerdings ein, während der Arbeit­nehmer im Urlaub ist, so gibt es keinen Sonderurlaub. |

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