Gesundheitspolitik

Lauterbachs Sparpläne sorgen für heftige Kritik

Politik, Krankenkassen und Ärzte zeigen sich enttäuscht / ALG-II-Empfänger und Neupatientenregelung im Fokus

cha | Als Bundesgesundheits­minister Karl Lauterbach vergangene Woche seine Sparpläne vorstellte, blieb vieles im Un­gewissen. Doch das Gesagte genügte bereits, um allenthalben für heftige Kritik zu sorgen.

Darüber, wie die Sparpläne konkret ausgestaltet werden, stimme er sich noch mit den anderen Ressorts ab, hatte Lauterbach angekündigt. Bis zum Redaktionsschluss dieser AZ wurde allerdings nichts Genaueres bekannt. Dennoch hagelte es von allen Seiten heftige Kritik: Die ABDA sieht, anders als der Minister, keine „Effizienzreserven“ (s. S. 3) und die Pharmaindustrie ist irritiert über die 1 Mrd. Euro, die sie als Solidarbeitrag leisten soll (s. S. 4).

© Kai Felmy

Die Unionsfraktion im Bundestag kritisiert, dass das Gesetz nur die Symptome behandle und vor allem Geringverdiener und Rentner belaste. Zudem sei die vorgesehene Milliardenabgabe der forschenden Pharmaindustrie „reines Gift für den Forschungsstandort Deutschland“. Die Branche habe während der Pandemie mit der Entwicklung neuer Impfstoffe und Medikamente Leben gerettet, es sei ein Treppenwitz, dass diese noch vor einem Jahr gefeiert wurde und nun per Gesetz geschröpft werde.

Aber auch ein Koalitionspartner ist unzufrieden: Die Grünen zeigen sich verwundert, dass Vereinbarungen aus dem Koalitionsvertrag wie die bessere Finanzierung der Beiträge von ALG-II-Beziehern nicht umgesetzt werden, und fordern eine Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze.

Die Kassenseite, die ja eigentlich der Nutznießer des Spargesetzes sein sollte, kritisiert ebenfalls, dass der Staat bei der Finanzierung der gesundheitlichen Versorgung von ALG-II-Empfängern „einer seiner sozialen Kernaufgaben auch weiterhin nicht nachkommt“. Für diese gesundheitliche Versorgung erhielten die Krankenkassen pro Jahr 10 Mrd. Euro weniger aus Steuermitteln, als sie dafür aus­geben müssten, heißt es in der Pressemeldung des GKV-Spitzenverbands dazu.

Zwar hatte Lauterbach angekündigt, dass bei den Ärzten keine Einsparungen erfolgen sollten. Dennoch will er die mit dem Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) eingeführten höheren Honorare für Neupatienten streichen – mit der Begründung, hier sei auch für nicht echte Neupatienten bezahlt worden. Dies stelle eine „echte Leistungskürzung“ dar, kritisierte Andreas Gassen, Chef der Kassenärztlichen Bundesver­einigung. Deutlicher wurde der Präsident des Deutschen Berufsverbands der Hals-Nasen-Ohrenärzte, Dirk Heinrich: Werde die Regelung tatsächlich gekippt, werde es „für Herrn Lauterbach sehr ungemütlich“. Zudem sei die Neupatienten-Regelung „bei der Gesetzesformulierung einst die Idee von Herrn Lauterbach“ gewesen. Bundesärztekammerpräsident Klaus Reinhardt bedauert, dass die Einführung eines ermäßigten Mehrwertsteuersatzes auf Arzneimittel, die die Kassen deutlich entlasten würde, nicht vorgesehen sei. Dabei erwähnt er aber nicht, dass dies quasi ein Zuschuss der Steuerzahler wäre. |

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