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Gesundheitspolitik
Dm-Chef will Apotheke spielen
Dabei handelte es sich um Pick-up-Stellen, an denen zunächst für die Europa Apotheek Venlo, später für Zur Rose Arzneimittelbestellungen eingesammelt und die bestellten Arzneimittel an die Kunden ausgehändigt wurden. Der Erfolg ließ wohl auf sich warten, das Modell wurde nach einigen Jahren eingestellt. Damals leitete dm-Gründer Götz Werner die Geschicke des Drogeriekonzerns, heute ist es sein Sohn Christoph Werner. Auch dieser hat offenbar einen Hang zum Apothekengeschäft. Nicht nur, dass sich bei dm die Regale unter den freiverkäuflichen Arzneimitteln biegen und im Zuge der Corona-Pandemie Testzentren eingerichtet und COVID-19-Impfungen in den Räumlichkeiten einzelner Märkte durchgeführt wurden – nun gehen die Bestrebungen weiter: Im Interview mit den „Stuttgarter Nachrichten“ schlägt Werner vor, dass zukünftig auch Drogerien Rx-Medikamente und Impfungen anbieten sollen – und nennt dabei als Vorbild die USA.
Dm-Chef Christoph Werner hat im Rahmen seiner Tätigkeit für GlaxoSmithKline Consumer Healthcare etliche Jahre in den USA gelebt. Das dortige Apothekenwesen – oft kleine Ecken in Super- oder Drogeriemärkten – hat offenbar seine Vorstellungen von der Arzneimittelversorgung der Bevölkerung nachhaltig geprägt. Das zeigt sich auch im Interview mit den „Stuttgarter Nachrichten“. Auf die Frage, ob er dm stärker als Gesundheitsdienstleister ausrichten wolle, antwortet er: „Dies ist auf jeden Fall eine Chance, sofern sich die regulatorischen Rahmenbedingungen ändern.“ Und er verweist auf die USA, „wo die Drogerien auch verschreibungspflichtige Medikamente oder gängige Impfungen wie gegen Grippe oder Tetanus anbieten“. Was Werner an dieser Stelle nicht erwähnt ist, dass dies keine Drogeriemärkte im deutschen Sinne wie beispielsweise dm sind. Vielmehr werden Impfungen und Rx-Medikamente eben nicht von Drogisten, sondern räumlich getrennt von Apothekern angeboten – es handelt sich sozusagen um ein „Geschäft im Geschäft“.
Warum Angebote wie Impfen und Rx-Medikamente in Drogeriemärkten sinnvoll wären, begründet Werner mit Kosteneinsparungen: „In Deutschland ist das bisher nicht erlaubt. Aber der Gesetzgeber wird sich Gedanken machen müssen, wie das Gesundheitssystem erschwinglich bleiben kann – ohne an der Qualität zu sparen. Dazu könnten wir einen Beitrag leisten.“ Erstaunlich, dass Werner die USA als Vorbild beim Kostensparen nennt. Denn dort sind die Ausgaben für das Gesundheitswesen bekanntlich doppelt so hoch wie in anderen vergleichbaren Ländern. Und was bedeutet „ohne an der Qualität zu sparen“? Denkt er, dass Drogisten beim Thema Arzneimittel ebenso qualifiziert sind wie Apotheker?
Auf den Einwand des Interviewers „Das werden die Apothekerverbände zu verhindern wissen“, antwortet Werner: „Es ist bemerkenswert, wie die Apothekenlobby ihr Territorium verteidigt, zugleich sich aber nicht geniert, auch Produkte anzubieten, die in Drogerien oder im Einzelhandel verkauft werden.“ Auch das erstaunt: Ist es wirklich bemerkenswert, wenn eine Berufsgruppe ihr Kerngeschäft verteidigt? Und weiß Werner nicht, dass viele Produkte, die heutzutage Drogeriemärkte anbieten, zuvor von Apotheken verkauft wurden? Und sich das seit dem Aufkommen der Drogeriemärkte mit ihren günstigen Angeboten kaum mehr lohnt?
Auch andere Aspekte klammert Werner aus: Wie sieht es aus mit dem Nacht- und Notdienst? Und mit Rezepturen? Fazit: Das Ganze erscheint wenig durchdacht und vor allem von dem Wunsch nach einer Erweiterung des eigenen Geschäftsfelds getrieben. Dumm nur, dass es durchaus Politiker geben könnte, die in solchen Vorschlägen ernsthafte Alternativen zur bewährten Arzneimittelversorgung durch die Vor-Ort-Apotheken sehen. |
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