Arzneimittel und Therapie

Mehr Lebensqualität dank Prednison-Prophylaxe

Glucocorticoid beugt Clusterkopfschmerz vor

Aufgrund ihrer hohen Intensität schränken Clusterkopfschmerzen die Lebensqualität von Betroffenen erheblich ein. Neue Daten zeigen, dass Prednison in der Prophylaxe die Zahl der Clusterkopfschmerz­attacken bei günstigem Nebenwirkungsprofil deutlich senken kann.

Unter Clusterkopfschmerz, von dem mit 70 bis 90% vorwiegend Männer betroffen sind, versteht man eine schwere einseitige Kopfschmerzattacke im Bereich des Trigeminusnerves (Augen, Stirn und Schläfe) mit einer Anfallsdauer von 15 bis 180 Minuten. Dabei können die Attacken jeden zweiten Tag mit bis zu acht Attacken pro Tag auftreten. Die Schmerzen treten verstärkt nachts auf und werden häufig von weiteren Symptomen wie Augentränen, Augenrötung, verstopfter oder laufender Nase, Schwitzen und Gesichtsrötung begleitet. Das Durchschnittsalter beim erstmaligen Auftreten des Clusterkopfschmerzes liegt bei ca. 30 Jahren. Man unterscheidet zwischen episodischen und chronischen Clusterkopfschmerzen. Der episodische Clusterkopfschmerz tritt in Perioden von sieben Tagen bis zu einem Jahr auf. Die durchschnittliche Dauer liegt bei vier bis zwölf Wochen mit schmerzfreien Intervallen von mindestens 14 Tagen. Zur Durchbrechung einer akuten Attacke wird als First-Line-Therapie die Gabe von Sauerstoff (Inhalation von 100% O2, mindestens 10 l/min über zehn Minuten mit Gesichtsmaske) und die subkutane Injektion von 6 mg Sumatriptan empfohlen. Opioid- und Nicht-Opioid-Analgetika haben sich als nicht wirksam erwiesen. Da die Schmerzen eine erhebliche Einschränkung der Lebensqualität der Betroffenen mit sich bringt, wird zur Prophylaxe häufig der Calciumantagonist Verapamil eingesetzt. Dieser benötigt jedoch etwa zehn bis 14 Tage, bis er vollumfänglich wirkt. Deshalb hat es sich in der Praxis bewährt, bis zum Wirk­eintritt von Verapamil kurzzeitig Glucocorticoide einzusetzen, obwohl klinische Studien zu deren Wirksamkeit eher rar sind.

Prednison im Test

Forscher um Obermann et al. wollten daher in einer randomisierten, placebokontrollierten Doppelblindstudie die Wirksamkeit von Prednison bei episodischem Clusterkopfschmerz zeigen. Die Studie wurde an zehn spezialisierten Kopfschmerzzentren in Deutschland durchgeführt, Studienzeitraum war von April 2013 bis Januar 2018. Es wurden insgesamt 116 Patienten im Alter von 18 bis 65 Jahren in die Studie eingeschlossen. 57 Patienten erhielten per oral über 28 Tage Prednison (100 mg in den ersten fünf Tagen, danach Dosisreduktion um 20 mg alle drei Tage); 59 Patienten der Kontrollgruppe ein Placebo. Beide Gruppen bekamen als Langzeitpro­phylaxe zusätzlich Verapamil per oral (Startdosis dreimal täglich 40 mg, danach Dosissteigerung auf bis zu dreimal täglich 120 mg). Primärer Endpunkt war der Vergleich der mittleren Anzahl der Clusterkopfschmerzattacken innerhalb der ersten sieben Tage.

Jeder Dritte beschwerdefrei

Patienten in der Prednison-Gruppe hatten in der ersten Behandlungswoche im Mittel 2,4 Attacken weniger als die Patienten in der Placebo-Gruppe. (7,1 vs. 9,5 Attacken; 95%-Konfidenzintervall: -4,8 bis -0,03; p = 0,002). Bei einem Drittel der Prednison-Gruppe zeigte sich ein vollständiges Abklingen der Kopfschmerzattacken innerhalb einer Woche. Die Hälfte der Verum-Gruppe berichtete über eine Halbierung ihrer Schmerzattacken – in der Placebo-Gruppe lediglich 15%. Nach vierwöchiger Therapie konnte jedoch kein Unterschied zwischen den beiden Gruppen festgestellt werden. Die Forscher vermuten hierfür ursächlich den vollständigen Wirkungseintritt von Verapamil. Im Studienverlauf traten insgesamt 270 unerwünschte Arzneimittelwirkungen auf. In beiden Gruppen berichteten etwa 70% der Patienten über Nebenwirkungen wie Übelkeit, Herzklopfen und Schwindel. Schwerwiegende unerwünschte Ereignisse traten bei zwei Teilnehmern der Placebo-Gruppe auf.

Einschränkend lässt sich sagen, dass die Studie aufgrund der schleppenden Teilnehmer-Rekrutierung und der trotz zweimaliger Verlängerung ab­gelaufenen Finanzierung vorzeitig abgebrochen werden musste. Ein Grund für die nur zögerliche Anmeldung von Probanden sieht Prof. Obermann darin, dass viele Betroffene bereits erfolgreich vor der Studie mit Glucocorticoiden behandelt worden waren und dadurch Angst hatten, der Placebogruppe zugeteilt zu werden. |
 

Literatur

Obermann M et al. Safety and efficacy of prednisone versus placebo in short-term prevention of episodic cluster headache: a multicentre, double-blind, randomised controlled trial. Lancet Neurol 2020; 10.1016/S1474-4422(20)30363-X

Prednison effektiv in der Reduktion von Cluster-Kopfschmerzattacken, Presseinformation der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN), 1. Dezember 2020

Clusterkopfschmerz-Wissen, Informationen der Schmerzklinik Kiel, https://schmerzklinik.de/service-fuer-patienten/clusterkopfschmerz-wissen/, Abruf am 24. Dezember 2020

Apothekerin Dr. Martina Wegener

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