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Recht

Ausgangsstoff oder Arzneimittel?

Regulatorische Einordnung von medizinischem Cannabis – eine Momentaufnahme

Die Abgabe von medizinischem Cannabis auf ärztliche Verschreibung erfolgt unter Verantwortung der abgebenden Apotheke. Diese Verantwortung beschränkt sich dabei nicht auf die Herstellung und Prüfung, sondern umfasst formal eine Reihe weiterer Verantwortlichkeiten in der Wertschöpfungskette. Ein Spannungsfeld ergibt sich dadurch, dass Apothekerinnen und Apotheker auf viele Aspekte dabei in der Regel nur bedingt Einfluss bzw. keine konkrete Kontrolle haben. Diese Kontrolle muss daher durch vorgelagerte Beteiligte erfolgen. Dabei sollte man sich nicht blind darauf verlassen, dass alles ordnungsgemäß abgewickelt wird, sondern konkrete Bestätigungen einfordern. Um dies zu ermöglichen, soll hier der regulatorische Rahmen dargestellt werden. In einem weiteren Beitrag in einer der nächsten Ausgaben der DAZ werden die Qualitätsanforderungen an medizinisches Cannabis erläutert. | Von Markus Veit und Andreas Ziegler

Bei Cannabis und Cannabis-Zubereitungen handelt es sich um pflanzliche Wirkstoffe bzw. pflanzliche Arzneimittel. Regulatorisch sind daher die folgenden Definitionen wichtig:

Pflanzliche Stoffe (Richtlinie 2001/83): Alle vorwiegend ganzen, zerkleinerten oder geschnittenen Pflanzen, Pflanzenteile, Algen, Pilze, Flechten in unverarbeitetem Zustand, gewöhnlich in getrockneter Form, aber zuweilen auch frisch. […]

Pflanzliche Drogen (Ph. Eur.): Pflanzliche Drogen bestehen im Allgemeinen aus unverarbeiteten ganzen, zerkleinerten oder zerbrochenen Pflanzen oder Pflanzenteilen und werden gewöhnlich in getrocknetem, manchmal auch in frischem Zustand verwendet. […]

Daraus lässt sich ableiten, dass Cannabis-Blüten der Definition für „pflanzliche Stoffe“ und „pflanzliche Drogen“ entsprechen.

Pflanzliche Zubereitungen (Richtlinie 2001/83): Zubereitungen, die dadurch hergestellt werden, dass pflanzliche Stoffe Behandlungen wie Extraktion, Destillation, Pressung, Fraktionierung, Reinigung, Konzentrierung oder Fermentierung unterzogen werden. Diese umfassen zerriebene oder pulverisierte pflanzliche Stoffe, Tinkturen, Extrakte, ätherische Öle, Presssäfte und verarbeitete Ausscheidungen von Pflanzen.

Extrakte aus pflanzlichen Drogen (Ph. Eur.): Extrakte aus pflanzlichen Drogen sind flüssige (durch Extraktion erhaltene flüssige Zubereitungen), halbfeste (zähflüssige Extrakte/Dickextrakte und Ölharze) oder feste (Trockenextrakte) Zubereitungen, die aus pflanzlichen Drogen (Plantae medicinales) unter Verwendung geeigneter Lösungsmittel gewonnen werden.

Daraus ergibt sich, dass gereinigte Cannabis-Blüten (DAB) und Cannabis-Extrakte (DAB) der Definition für „pflanzliche Zubereitungen“ entsprechen; Cannabis-Extrakte zusätzlich der Definition „Extrakte aus pflanzlichen Drogen“. Cannabis-Blüten und Cannabis-Extrakte erfüllen auch den Stoffbegriff gemäß § 3 Nr. 2 Arzneimittelgesetz (AMG) [„…Pflanzenteile in bearbeitetem oder unbearbeitetem Zustand“]. Aufgrund ihrer arzneilichen Zweckbestimmung erfüllen sie die Definition eines Wirkstoffes im Sinne von § 4 Abs. 19 AMG [„…Stoffe, die dazu bestimmt sind, bei der Herstellung von Arzneimitteln als arzneilich wirksame Bestandteile verwendet zu werden …“] sowie die Definition ­eines Ausgangsstoffs im Sinne von § 1a Abs. 6 Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) [„Ausgangsstoff ist jeder bei der Herstellung eines Arzneimittels verwendete Stoff…“].

Pflanzliche Arzneimittel (Richtlinie 2001/83): Alle Arzneimittel, die als Wirkstoff(e) ausschließlich einen oder mehrere pflanzliche Stoffe oder eine oder mehrere pflanzliche Zubereitungen oder eine oder mehrere solcher pflanzlichen Stoffe in Kombination mit einer oder mehreren solcher pflanzlichen Zubereitungen enthalten.

Pharmazeutische Zubereitungen (Ph. Eur.): Pharmazeutische Zubereitungen sind Arzneimittel, die in der Regel aus Wirkstoffen, die mit Hilfsstoffen kombiniert sein können, bestehen, und die formuliert und in eine an die vorgesehene Anwendung adaptierte pharmazeutische Darreichungsform gebracht wurden […].

Daraus folgt, dass in Apotheken abgegebene Cannabis-­Blüten und andere Cannabis-Zubereitungen Arzneimittel sind. In Abb. 1 und 2 ist die Wertschöpfungskette für pflanzliche Arzneimittel mit den anzuwendenden Qualitätssicherungssystemen dargestellt.

Abb. 1: Wertschöpfungskette für pflanzliche Arzneimittel gemäß den regulatorischen Vorgaben in der EU mit den anzuwendenden Qualitätssicherungskonzepten (links) und Anwendung dieses Konzeptes auf die Herstellung von Arzneitees als Rezeptur-/Defekturarzneimittel (rechts).

Regulatorisch kommen für Cannabis-Arzneimittel die folgenden Kategorien infrage:

1. Droge als Ausgangsmaterial zur Herstellung von ­Wirkstoffen

Werden Cannabis-Blüten als pflanzliches Ausgangsmaterial für die Herstellung von Zubereitungen (z. B. Extrakte) verwendet, entsprechen die Anforderungen denen, die für andere pflanzliche Ausgangsmaterialien gelten, die beim Herstellen von Zubereitungen als Wirkstoffe in pflanzlichen Arzneimitteln verwendet werden.

Der Anbau und die ersten Verarbeitungsschritte müssen unter Einhaltung der GACP (Guidance on Good Agricultural and Collection Practice for starting materials of herbal origin [EMEA/HMPC/246816/2005]) erfolgen, und die Anforderungen des Europäischen Arzneibuchs (Ph. Eur.) für pflanzliche Drogen sind zu erfüllen. Falls die Herstellung der Zubereitung (z. B. die Extraktion) in einer Apotheke erfolgt, muss es eine Spezifikation für die Cannabis-Blüten geben, auf deren Basis die analytische Prüfung und Freigabe zur Extraktion erfolgen. Diese Prüfung kann auch in einem externen Labor mit EU-Herstellerlaubnis durchgeführt werden. In diesem Fall ist basierend auf dem Analysenzertifikat nach § 6 Abs. 3 ApBetrO in der Apotheke nur die Identität zu prüfen.

2. Zubereitungen als Wirkstoffe zur Herstellung von Rezeptur-/Defekturarzneimitteln

Werden Cannabis-Zubereitungen (z. B. Extrakte) von Apotheken als Ausgangsstoffe im Sinne der ApBetrO bezogen, gelten die Rahmenbedingungen, wie unter 1. beschrieben. In der Wertschöpfungskette wären dann im Sinne des Europäischen Arzneibuchs die geernteten Blütenstände als pflanzliche Drogen zu definieren, die daraus hergestellten Extrakte als pflanzliche Zubereitung, also der Wirkstoff, aus dem dann ein Rezeptur-/Defekturarzneimittel hergestellt wird (Abb. 2).

Abb. 2: Wertschöpfungskette für die Verwendung pflanzlicher Wirkstoffe am Beispiel von Extrakten als Ausgangsstoffe für die Rezeptur-/Defekturherstellung mit den anzuwendenden Qualitätssicherungskonzepten.

Die Herstellung von Wirkstoffen (Extrakten) muss unter Einhaltung der EU-Leitlinien für die Gute Herstellungspraxis (EU-GMP) Teil II erfolgen. Für den Transport gelten die Anforderungen der Good Distribution Practice (GDP) für Wirkstoffe (Abb. 2). Der Handel mit Wirkstoffen im EU-Binnenmarkt ist notifizierungspflichtig (Anzeige nach § 67 Abs. 1 AMG). Das heißt, Apotheken dürfen die Wirkstoffe nur von registrierten Wirkstoffhändlern beziehen. Bei einer Einfuhr aus Nicht-EU-Ländern wird eine Written Confirmation benötigt. Dieses Zertifikat muss für jeden Wirkstoff (also jeden singulären Extrakt) einer Herstellungsstätte ausgestellt sein. Diese Anforderungen gelten nur für die Länder, die nicht in der von der Europäischen Kommission nach Art. 111b der Richtlinie 2001/83/EG veröffentlichten Liste aufgeführt sind. Auch hier gilt, dass einige Importländer (z. B. Kanada oder Israel) solche Bescheinigungen nicht ausstellen.

Sofern die zuständige Behörde des Herkunftslands keine Written Confirmation ausstellt oder kein Zertifikat eines EU-Mitgliedstaates vorliegt, ist die Ausstellung eines entsprechenden GMP-Zertifikats für die zu importierenden Wirkstoffe durch die zuständige deutsche Behörde erforderlich (§ 72a Abs. 1 Nr. 2 AMG).

3. Blüten als Wirkstoffe zur Herstellung blütenbasierter Rezeptur-/Defekturarzneimittel

In diesem Fall werden Cannabis-Blüten als Wirk- bzw. Ausgangsstoffe kategorisiert. Diese Einordnung setzt allerdings voraus, dass die Cannabis-Blüten dazu bestimmt sind, bei der Herstellung von Arzneimitteln als arzneilich wirksame Bestandteile verwendet zu werden. Das ist der Fall, wenn die Cannabis-Blüten als Rezepturausgangsstoff verwendet und wesentliche Herstellungsschritte in der Apotheke ausgeführt werden. Werden die Cannabis-Blüten unverändert abgegeben bzw. nur abgepackt oder umgefüllt, ist eine Einstufung als Wirkstoff eher fernliegend.

In der Wertschöpfungskette wären die geernteten Blütenstände dann gemäß des Europäischen Arzneibuchs als pflanzliche Drogen zu definieren, die geputzten bzw. gereinigten Blüten als die pflanzliche Zubereitung, also der Wirkstoff, aus dem dann in der Apotheke ein Rezeptur-/Defekturarzneimittel hergestellt wird. Das ist mit der offizinellen Herstellung von Arzneitees vergleichbar. Die regulatorischen Anforderungen entsprechen denen für Wirkstoffe unter 2. „Zubereitungen als Wirkstoffe zur ­Herstellung von Rezeptur-/Defekturarzneimitteln“. Zurzeit vertritt in Deutschland nur die Regierung von Oberbayern den Standpunkt, dass diese Kategorisierung für Cannabis-Blüten anwendbar ist. Im Lichte der für Arzneitees etablierten Konzepte ist dieser Standpunkt sehr gut nachvollziehbar. Wie in Abb. 1 dargestellt, wird bei Arzneitees aus den geernteten Drogen durch Verarbeitungs­schritte wie Reinigen, Schneiden und Mischen der Wirkstoff, die fein geschnittene Droge, gewonnen. Durch das Abteilen und Verpacken sowie Kennzeichnen entstehen daraus in der Apotheke Rezeptur-/Defekturarzneimittel. Dieses Konzept lässt sich analog sehr gut auf Cannabis-Blüten übertragen.

Auf einen Blick

  • Die föderale Arzneimittelüberwachung in Deutschland kategorisiert Cannabis-Blüten und Cannabis-Zubereitungen zur Abgabe durch Apotheken nicht einheitlich.
  • An Apotheken gelieferte Cannabis-Blüten werden entweder als Ausgangsstoffe aufgefasst oder als intermediäre Arzneimittel. Neuerdings gilt das auch für Extrakte.
  • Aus der unterschiedlichen Einordnung ergeben sich distinkte Verantwortlichkeiten und auch Haftungsrisiken für die Apotheke.

4. Blüten oder Zubereitungen als intermediäres Arzneimittel (Bulk) zur Rezeptur-/Defektur-Herstellung

Dieser Kategorisierung für Cannabis-Blüten und neuerdings auch für Zubereitungen folgen die meisten Überwachungsbehörden in Deutschland. So wird in einem Merkblatt des Regierungspräsidiums Darmstadt ausgeführt: „Bei Medizinal-Cannabisblüten handelt es sich nicht um einen Wirkstoff und auch nicht um ein Fertigarzneimittel, sondern um ein Arzneimittel. […] § 4 Abs. 19 AMG geht bei der Definition eines Wirkstoffes davon aus, dass der Wirkstoff noch in irgendeiner Weise eine Veränderung erfährt […]. Medizinal-Cannabis­blüten werden zwar in einer im Voraus hergestellten Packung in den Verkehr gebracht, diese Packung ist aber nicht für die Abgabe an den Verbraucher bestimmt, ansonsten wäre eine Zulassung erforderlich. Sollten Apotheker die gelieferte Packung in unveränderter Form abgeben, wäre dies unzulässig. Da es sich nach dem neuen Gesetz bei den Medizinal-Cannabisblüten auch nicht um eine Zubereitung handelt, greift der zweite Halbsatz des § 4 Abs. 1 AMG nicht ein.“

Auch in diesem Konzept werden der Anbau und erste Verarbeitungsschritte der Cannabis-Blüten als GACP-pflichtig bewertet. Die Herstellung des Wirkstoffs beginnt mit der Trocknung. Verarbeitungsschritte, die zu einer Reinigung der Blüten angewendet werden, werden demnach als Wirkstoffherstellung betrachtet, das folgende Verpacken und Kennzeichnen als erste Schritte zur Herstellung des (Bulk-)Arzneimittels (Abb. 3). Bei Zubereitungen wird die Abgrenzung zwischen Wirkstoff- und (Bulk-)Arznei­mittelher­stellung uneinheitlich beurteilt. In jedem Fall wird aber in der Apotheke ein Rezeptur-/Defekturarzneimittel daraus hergestellt. Diese Sichtweise widerspricht den in der EU etablierten Kategorien für die Herstellung pflanzlicher Arzneimittel und erscheint daher befremdlich. Bei keinem anderen pflanzlichen Arzneimittel wird die Wertschöpfungskette in dieser Form definiert. Für Cannabis-Blüten sind die unterschiedlichen Konzepte in Abb. 3 und 4 vergleichend dargestellt. Das derzeit von den meisten deutschen Inspektoraten als relevant angesehene Konzept C in Abb. 4 funktioniert gegebenenfalls noch für einfache Zubereitungen (z. B. Liquida), die dann bereits als Arzneimittel definiert werden, wenn sie die Apotheken erreichen. Wenn Apotheken daraus jedoch künftig unter Verwendung anderer Ausgangsstoffe Darreichungsformen formulieren, wird es spannend, wie die Behörden die Sachlage beurteilen. In diesem Fall wäre es noch absurder, die Zubereitungen (z. B. Extrakte), die als Wirkstoffe in der Apo­theke verarbeitet werden, bereits als (Bulk-)Arzneimittel zu kategorisieren.

Abb. 3: Wertschöpfungskette für Cannabis-Blütenzur Abgabe als Rezeptur-/Defekturarzneimittel. Die geputzten Blüten werden von den meisten Inspektoraten in Deutschland als Arzneimittel (Intermediate) betrachtet. Nur die Regierung von Oberbayern kategorisiert sie in Analogie zur Herstellung von Arzneitees als Wirkstoffe. Dementsprechend muss die Herstellung entweder Teil I oder Teil II des EU-GMP-Leitfadens entsprechen.

Die Konsequenzen der Kategorisierung als (Bulk-)Arzneimittel für den Import und Binnenverkehr in der EU sind weitreichend. Bei einer Einfuhr aus einem Drittland sind für Arzneimittel eine Erlaubnis (§ 72 Abs. 1 AMG) und normalerweise ein Zertifikat erforderlich, mit dem die zuständige Behörde eines Mitgliedstaats bescheinigt, dass die GMP-Anforderungen eingehalten werden (§ 72a Abs. 1 Nr. 2 AMG). Dies setzt eine Inspektion im betreffenden Drittstaat voraus. Auch bei Staaten, die dem Abkommen der EU mit Dritt­staaten über die gegenseitige Anerkennung (MRA-Staaten) zugehören, wie z. B. Kanada, kommt eine Bescheinigung nach § 72a Abs. 1 Nr. 1 AMG regelmäßig nicht infrage, weil Cannabis dort nicht dem Arzneimittelrecht unterliegt und eine Bescheinigung durch die lokale Behörde daher nicht ausgestellt wird. Als Voraussetzung für eine Einfuhrerlaubnis wäre in diesem Fall bei der zuständigen Bezirksregierung die Durchführung einer Inspektion zu beantragen, sofern nicht aus einem anderen EU-Mitgliedstaat ein Zertifikat vorliegt. In den außereuropäischen Ländern, aus denen bisher importiert wird (Israel, Kanada, Kolumbien) oder aus denen ein Import angestrebt wird (u. a. Australien, Mazedonien, Uruguay, Südafrika, Simbabwe), erfolgt die Gewinnung der Cannabis-Blüten zudem derzeit nicht unter GMP mit einer entsprechenden lokalen Herstellerlaubnis.

Abb. 4: Gegenüberstellung der Qualitätssicherungskonzepte für Rezeptur und Defektur für Arzneitees (A), für als Wirkstoff bezogene Cannabis-Blüten (B) und für als (intermediäres) Arzneimittel bezogene Cannabis-Blüten (C) (in allen Fällen zur Herstellung von Rezeptur-/Defekturarzneimitteln).

Der nach Deutschland importierende Betrieb muss eine Großhandelserlaubnis besitzen (auch für Importe aus EU-Ländern), da Cannabis-Blüten bei Anwendung dieser Kategorisierung Arzneimittel sind. Sofern eine Einfuhrerlaubnis vorhanden ist, bildet diese auch die Groß­handelstätigkeit gemäß § 52a Abs. 6 AMG ab. Eine gesonderte Großhandelserlaubnis ist für diese Arzneimittel nicht notwendig.

Es ist eine vollständige EU-Freigabe nötig, die durch eine Qualified Person (QP) erfolgen muss. Diese Freigabe erfolgt auf Basis der DAB-Monographie. Die Prüfung kann in einem externen Labor mit EU-Herstellerlaubnis durchgeführt werden. In diesem Fall ist mit Referenz auf ein Zertifikat nach § 6 Abs. 3 ApBetrO in der Apotheke nur die Identität zu prüfen. Formal erfordert die Freigabe die Überprüfung aller GMP-Obliegenheiten in der gesamten Wertschöpfungskette. Die Erfüllung der GACP-Vorgaben muss durch den Inverkehrbringer gewährleistet sein. Das ist ein interessanter Aspekt, da dies im Fall von Cannabis(-Zubereitungen) die Apotheke ist.

Nach § 7 AMG sowie § 1 der Verordnung über radioaktive oder mit ionisierenden Strahlen behandelte Arzneimittel (AMRadV) sind Cannabis-Blüten, die mit ionisierenden Strahlen behandelt wurden, in Deutschland nur mit einer entsprechenden Zulassung verkehrsfähig. Den entsprechenden Antrag muss der Inverkehrbringer stellen. Das führt nach Ansicht mancher Behörden zu der paradoxen Situation, dass jeder Importeur einen separaten Antrag stellen muss, auch wenn identische Sorten desselben Erzeugers eingeführt werden. Eine interessante Konstellation ergibt sich im Verwaltungsbereich der Regierung von Oberbayern, wo Cannabis-Blüten als Wirkstoffe eingestuft werden, für die das Verbot mit Erlaubnisvorbehalt des § 7 Abs. 1 AMG nicht gilt. Denkt man diese Auffassung konsequent zu Ende, sind es in solchen Fällen die Apotheken, die mit ionisierenden Strahlen behandelte Cannabis-Blüten erstmalig als Arzneimittel in Verkehr bringen. Sie werden jedoch in aller Regel die hierfür nach AMRadV erforderliche Zulassung nicht besitzen.

5. (Illegales) Fertigarzneimittel

Finden in der Apotheke keine wesentlichen Herstellungsschritte mehr statt, könnten Cannabis-Blüten nicht nur als Arzneimittel, sondern als dann zulassungspflichtiges Fertigarzneimittel eingestuft werden. Die Abgabe der Cannabis-Blüten durch die Apotheke wäre dann ein unzulässiges Inverkehrbringen. Zivilgerichte, aber auch das Bundes­verwaltungsgericht, haben dazu strenge Kriterien entwickelt. Das gilt insbesondere, wenn der Bezug bereits in zur Abgabe an den Verbraucher geeig­neten Packungen erfolgt. Weitere Indizien, die für eine Fertigarzneimitteleigenschaft sprechen können, sind unter anderem die firmeneigene Aufmachung der Packungen oder ein kindersicherer Verschluss der von der Apotheke bezogenen Packungseinheiten (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 2. August 2018 – I-15 U 21/18 – , sowie das obenstehende Zitat der Stellungnahme vom Regierungspräsidium Darmstadt). Es bleibt abzuwarten, wie die Gerichte die derzeitige Praxis bei der Abgabe von Cannabis-Blüten künftig bewerten. |

Literatur
Literatur bei den Verfassern

 

Autoren

Prof. Dr. Markus Veit
Pharmaziestudium in Frankfurt; Promotion und Habilitation im Fach Pharmazeutische Biologie an der Julius-Maximilians-Universität in Würzburg; Fachapotheker für Pharmazeutische Analytik und Mitglied im Ausschuss Pharmazeutische Chemie des Arzneibuchs beim BfArM, Geschäftsführer in Dienstleistungsunternehmen für die Pharmazeutische Industrie mit den Schwerpunkten Arzneimittelentwicklung, -prüfung und -zulassung, zurzeit Geschäftsführer der ­Alphatopics GmbH

Dr. Andreas S. Ziegler
Pharmaziestudium an der Universität Erlangen-Nürnberg; seit 2005 Referent und Wissenschaftsjournalist; seit 2007 Fachapotheker für Pharmazeutische Technologie und Lehrauftrag für das Fach Pharmazeutische Technologie an der Uni Erlangen-Nürnberg

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