Arzneimittel und Therapie

Pseudomonas-Risiko steigt mit der Dosis

Mehr Infektionen unter inhalativen Corticosteroiden bei COPD-Patienten

Atemwegsbesiedelungen mit Pseudomonas aeruginosa bei Patienten mit chronisch obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) können mit einer erhöhten Morbidität und Letalität einhergehen. Eine aktuelle dänische Studie hat untersucht, ob und in welchem Maße inhalative Corticosteroide, die wichtiger Bestandteil der COPD-Therapie sind, das Risiko für solch eine Atemwegsbesiedelung erhöhen.

Inhalative Glucocorticoide sind ein wichtiger Bestandteil der COPD-Langzeittherapie und werden in aktuellen Leitlinien bei schweren Verläufen empfohlen, um akute Verschlimmerungen (Exazerbationen) zu verhindern. Bei milden und moderaten Krankheitsverläufen scheint der Effekt der Steroide dagegen minimal. Vor dem Hintergrund einer potenziellen Erhöhung des Risikos für Lungenentzündung und mykobakterielle Infektionen wird der Nutzen von inhalativen Glucocorticoiden immer wieder infrage gestellt. Gleichzeitig gibt es Hinweise darauf, dass das Infektionsrisiko dosisabhängig steigt und bei schwer erkrankten COPD-Patienten am höchsten ist. Dabei führen be­sonders Infektionen Pseudomonas aeruginosa häufig zu schweren Erkrankungen, Krankenhaus­einweisungen und Tod.

Im Rahmen einer Kohortenstudie wollten dänische Forscher daher ermitteln, ob das Risiko für P.-Aeruginosa-Infektionen dosisabhängig unter inhalativen Glucocorticoiden bei COPD-Patienten steigt. Die untersuchten Daten stammten aus nationalen und regionalen behördlichen dänischen Registern wie dem dänischen COPD-Register (DrCOPD) und dem dänischen nationalen Patientenregister. COPD-Patienten mit verzeichneter ambulanter Aufnahme zwischen 2010 und 2017 wurden in die Studie eingeschlossen. Anschließend wurden alle belieferten Verordnungen über inhalative Glucocorticoide (Beclome­thason, Budesonid, Fluticason, Ciclesonid und Mometason) der letzten 365 Tage vor der ambulanten Aufnahme identifiziert. Nach Umrechnung der Steroid-Dosierungen in Budesonid-Äquivalente wurden alle Probanden in die Gruppen niedrige (< 400 µg), moderate (400 bis 800 µg) und hohe (> 800 µg) tägliche Steroid-Dosis aufgeteilt. Patienten, die keine Steroide inhalierten, bildeten die Kontrollgruppe.

Foto: beltado/AdobeStock

3,6-fach höheres Risiko

Insgesamt war im durchschnittlichen Beobachtungszeitraum von 1026 Tagen bei 763 (3,65%) Teilnehmern P. aeruginosa in der Atemwegskultur nachweisbar. Davon hatten deutlich mehr Teilnehmer (90,2%) zuvor inhalative Glucocorticoide angewendet als die Teilnehmer, bei denen das Bakterium nicht nachweisbar war (68,2%). Die Patienten mit P. aeruginosa wiesen mit höherer Wahrscheinlichkeit einen niedrigeren Body-Mass-Index und FEV1-Wert (Einsekundenkapazität, entspricht dem maximalen innerhalb der ersten Sekunde rasch ausgeatmeten Volumen) auf und hatten eine höhere Rate an früheren Exazerbationen mit Krankenhausaufenthalten. Auch hatten sie häufiger orale Corticosteroide und Antibiotika verordnet bekommen. Gleichzeitig zeigte sich eine deutliche Dosis-Risiko-Korrelation. Das höchste Risiko hatte demnach die Gruppe mit hohen Steroid-Dosierungen, hier war das Risiko im Vergleich zum Nichtgebrauch 3,6-fach erhöht (Hazard Ratio [HR]: 3,58, 95%-Konfidenzintervall [KI]: 2,75 bis 4,65, p < 0,0001). Eine moderate Dosis erhöhte das Risiko um das 2,2-Fache (HR: 2,16, 95%-KI: 1,63 bis 2,85, p < 0,0001) und eine niedrige Dosis um das 1,4-Fache (HR: 1,38, 95%-KI: 1,03 bis 1,84, p = 0,03).

Ein Erklärungsversuch

Aufgrund des Beobachtungsdesigns der Studie kann kein kausaler Zusammenhang hergestellt werden, eine biologische Begründung scheint allerdings plausibel. Eine Erklärungs­möglichkeit wäre eine durch die inhalativen Glucocorticoide induzierte Veränderung des angeborenen und adaptiven Immunsystems, welche zu einer erhöhten bakteriellen Belastung und einer veränderten mikrobiellen Zusammensetzung in den Atemwegen führt. Auch wenn weitere Studien zur Bestätigung der Ergebnisse wünschenswert sind, sollte die hier festgestellte erhebliche und dosisabhängige Risikosteigerung für eine Besiedelung mit P. aeruginosa nicht unterschätzt werden. Besonders bei schwerkranken COPD-Patienten ist vor der Verordnung von hohen Dosen inhalativer Glucocorticoide eine sorgfältige Nutzen-Risiko-Abwägung wichtig. |

Literatur

Eklöv et al. Use of inhaled corticosteroids and risk of aquiring Pseudomonas aeruginosa in patients with chronic obstructive pulmonary disease. Thorax 2021, doi: 10.1136/ thoraxjnl-2021-217160

Apothekerin Leonie Vormittag

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