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Ampel bereitet den Weg für COVID-19-Impfungen durch Apotheker
Verkürztes Gesetzgebungsverfahren könnte Impfungen ab kommender Woche möglich machen
Der Bundestag hat sich am vergangenen Dienstag – und damit noch vor der Kanzlerwahl – zu dem zweiten Pandemie-Gesetzentwurf der Ampelkoalitionäre beraten: das „Gesetz zur Stärkung der Impfprävention gegen COVID-19 und zur Änderung weiterer Vorschriften im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie“. Im Zentrum stehen Änderungen im Infektionsschutzgesetz, die zuletzt auch die Ministerpräsidenten der Länder nach ihrer Konferenz mit der mittlerweile ehemaligen Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sowie ihrem Nachfolger Olaf Scholz angestoßen hatten: Es geht um eine einrichtungsbezogene Impfpflicht und die Erweiterung des zur Durchführung von Impfungen berechtigen Personenkreises. Dafür sollen zwei neue Paragrafen – 20a und 20b IfSG – geschaffen werden, die laut Gesetzentwurf bereits am 1. Januar 2023 wieder außer Kraft treten sollen. An den zunächst vorgelegten Formulierungshilfen (siehe AZ 2021, Nr. 49, S. 8) haben die Fraktionen nochmals gefeilt.
Für die Apotheken von Bedeutung ist vor allem der geplante § 20b IfSG. Danach sollen Zahnärzte, Tierärzte und Apotheker künftig Schutzimpfungen gegen SARS-CoV-2 durchführen können, wenn sie entsprechend geschult sind und die passenden Räumlichkeiten haben oder – und das ist neu gegenüber der Formulierungshilfe – die Einbindung dieser Berufsgruppen in „andere geeignete Strukturen, insbesondere ein mobiles Impfteam“ möglich ist. Sie sollen so „möglichst flexibel, insbesondere auch in mobile Impfungen von Menschen, einbezogen werden können, die hinsichtlich ihrer Mobilität eingeschränkt sind“, heißt es dazu in der Begründung.
Impfung ab zwölf Jahren
Der Gesetzentwurf sieht überdies vor, dass Apotheker, Tierärzte und Zahnärzte bereits Personen impfen dürfen, die das zwölfte Lebensjahr vollendet haben. „Die Regelung soll das Ziel unterstützen, möglichst zeitnah den Schutz des Einzelnen und eine hinreichend breite Immunität in der Bevölkerung zu erreichen, um die Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 einzudämmen. Da der Impfstoff des Herstellers Biontech/Pfizer hinsichtlich Zusammensetzung und Dosierung bei Erwachsenen sowie Kindern und Jugendlichen ab 12 Jahren identisch ist und angesichts der bestehenden Erfahrungen mit den Corona-Schutzimpfungen bei den 12- bis 17-Jährigen (die Impfquote der vollständig Geimpften in dieser Gruppe nähert sich 50 Prozent), wird die Durchführung von Schutzimpfungen gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 durch die genannten Personengruppen bei Personen ab dem 12. Lebensjahr ermöglicht“, ist dazu in der Begründung zu lesen.
Die ärztlichen Schulungen sollen so gestaltet werden, dass sie die bereits erworbenen Kenntnisse, Fähigkeiten und Kompetenzen der jeweiligen Berufsangehörigen berücksichtigen und auf diesen aufbauen. Schulungen für Modellprojekte zur Grippeschutzimpfung in Apotheken werden anerkannt.
Neu vorgesehen ist zudem, dass nun Bundesapothekerkammer, Bundeszahnärztekammer und Bundestierärztekammer jeweils in Zusammenarbeit mit der Bundesärztekammer bis zum 31. Dezember 2021 ein Mustercurriculum für die ärztliche Schulung zu entwickeln haben sollen.
Delegation möglich
Weiterhin bestimmt der geplante § 22b IfSG, „dass die Möglichkeit der ärztlichen Delegation der Durchführung von Schutzimpfungen gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 auf nichtärztliches Gesundheitspersonal (…) unberührt“ bleibt. Laut Begründung hat die Ampel hier vor allem Pflegefachpersonen und Hebammen im Blick. Es könnten aber auch Apotheker sowie Zahnärzte sein, die die erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten im Rahmen einer Schulung schon erworben haben. „Die bestehende Möglichkeit der Delegation ärztlicher Aufgaben sollte bestmöglich genutzt werden, um die Anzahl der durchgeführten Schutzimpfungen weiter zu erhöhen“, heißt es.
Impfpflicht in bestimmten Einrichtungen
Die viel beschworene einrichtungsbezogene Impfpflicht zum Schutz vulnerabler Personengruppen soll temporär in § 22a IfSG geregelt werden. Demnach müssen in bestimmten Einrichtungen und Unternehmen tätige Personen geimpft oder genesen sein oder ein ärztliches Zeugnis über das Bestehen einer Kontraindikation gegen eine Impfung gegen COVID-19 besitzen. Es geht dabei um Beschäftigte unter anderem in Krankenhäusern, Vorsorge- oder Rehaeinrichtungen, Dialyseeinrichtungen, Tageskliniken, Entbindungseinrichtungen (inkl. freiberuflich tätiger Hebammen), Arztpraxen und Zahnarztpraxen, Rettungsdiensten, Betreuungseinrichtungen für Ältere, Behinderte oder Pflegebedürftige und bei ambulanten Pflegediensten.
Für bestehende und bis zum 15. März 2022 einzugehende Tätigkeitsverhältnisse muss der entsprechende Nachweis bis zum 15. März 2022 erbracht werden. Neue Tätigkeitsverhältnisse können ab dem 16. März 2022 nur eingegangen werden, wenn ein solcher vorliegt.
Regelungen für ein Jahr
Sowohl die neue einrichtungsbezogene Impfpflicht gegen COVID-19 und die Erweiterung des Kreises der impfberechtigten Personen sollen durch unabhängige Sachverständige auf ihre Wirksamkeit und Reformbedürftigkeit hin evaluiert werden – das Ergebnis der Evaluation ist bis zum 30. Juni 2022 der Regierung vorzulegen.
Präzisierungen für Länder-Maßnahmen
Das Gesetz setzt überdies erneut bei den Schutzmaßnahmen an, welche die Länder auch nach dem Ende der epidemischen Lage in einer kritischen Lage ergreifen können. So wird der Katalog ausgeschlossener Maßnahmen präzisiert. Ausgeschlossen ist nun etwa auch Untersagung von Übernachtungsangeboten. Klargestellt wird auch, dass Sporteinrichtungen wie Fitnesscenter oder Schwimmhallen nicht geschlossen werden dürfen. Dagegen wird es den Ländern ermöglicht, gastronomische Einrichtungen, Freizeit- oder Kultureinrichtungen zu schließen sowie die Durchführung von Messen und Kongressen zu untersagen.
Zudem bleiben Schutzmaßnahmen der Länder, die nach dem alten Recht ergriffen wurden, bis zum 15. Februar anwendbar – bislang war der 15. Dezember der Schlusspunkt.
Eine Klarstellung soll es überdies in § 22 IfSG geben, der die Test-, Genesenen- und Impf-Dokumentation regelt. So muss die Genesenen- und Testdokumentation künftig ausdrücklich Name und Anschrift „der zur Durchführung oder Überwachung der Testung befugten Person“ enthalten. Bislang ist in § 22 Abs. 4b IfSG nur von der „für die Testung verantwortlichen Person“ die Rede – die Testdokumentation erfordert bislang noch gar keine entsprechende Angabe.
Änderungen am Gesetzentwurf konnten nach der ersten Lesung noch vorgenommen werden. Diese Woche Freitag findet aber bereits die abschließende Lesung im Bundestag statt. Unmittelbar danach wird der Bundesrat zu einer Sondersitzung zusammenkommen, um seine Zustimmung zu erteilen. Inkrafttreten soll das Gesetz nach derzeitigem Plan nicht mehr am 1. Januar 2022, sondern direkt nach seiner Verkündung im Bundesgesetzblatt. Das verkürzte Gesetzgebungsverfahren ist möglich, weil ihm am vergangenen Dienstag mehr als zwei Drittel der Bundestagsabgeordneten zugestimmt haben – auch die Union war dafür.
Dittmar: Logistikhemmnisse überwinden
Die praktische Frage ist nun: Selbst wenn ein Teil der Apotheken rasch für Impfungen bereit stünde, wird es überhaupt genug Impfstoffe geben? Daran jedenfalls zweifeln die Ärzte. Die seitens des Bundesgesundheitsministeriums kommunizierte Zahl der verfügbaren Dosen scheint zwar ausreichend – doch Bestellungen werden immer wieder gekürzt. Sabine Dittmar, gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, erklärte in der Bundestagsdebatte, dass man dafür sorgen werde, dass der Impfstoff dort ankommt, wo er gebraucht werde und Logistikhemmnisse überwunden werden.
Klar ist: Für einen Ansturm sind die neuen Impfberechtigten (noch) nicht gerüstet. So rät etwa der Chef des Hessischen Apothekerverbands, Holger Seyfarth, den Patienten, sich im Lauf der nächsten Wochen in ihrer Apotheke zu erkundigen, ob dort ein Impfangebot geplant ist. Er betont zudem, dass die Impfungen in der Apotheke eine Ergänzung der ärztlichen Impfangebote sei: „Die Apotheken können unterstützen, solange ausreichend Impfstoff zur Verfügung steht.“ |
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