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Aus den Ländern
Verbandschef wirbt für DAV-Portal
AV Brandenburg: Vorstandswahlen, aufgestockter Haushalt und Besuch von der ABDA-Präsidentin
Die Apotheken hätten in der Pandemie „Unglaubliches“, gar „Übermenschliches“ geleistet, betonte Olaf Behrendt zu Beginn der Versammlung im Bericht des Vorstandes. Angefangen beim Hygienemanagement über die Mangelverwaltung, die Maskenausgabe, Schnelltestangebote bis zur COVID-19-Impfstoffverteilung und dem „Meisterstück“, der COVID-19-Zertifikatserstellung – auch wenn es nicht immer leicht war: „Wir haben es geschafft“, unterstrich der Vorstandsvorsitzende. Das kleingliedrige Apothekensystem vor Ort habe bewiesen, dass es funktioniere und unverzichtbar sei. Nun wünscht sich Behrendt, dass dies nicht so schnell in Vergessenheit gerät – und manche Erleichterung die Pandemie sogar überdauert.
Auch die Verbandsarbeit war in den vergangenen eineinhalb Jahren von der Pandemie geprägt. Es habe zahlreiche Anfragen rund um die neuen Aufgaben gegeben, etwa zur Maskenausgabe. Wo sich sonst viele Kollegen und Kolleginnen über zu viel Bürokratie beschwert hätten, seien nun manche verunsichert gewesen, dass die Ausgabe anfänglich gar nicht dokumentiert werden sollte und es keine detaillierten Handlungsanweisungen für die Anspruchsberechtigten gab. Einige seien „auf dem Zahnfleisch gekrochen“, teilweise sei der Verband „Seelsorger“ gewesen, sagte Behrendt. Angesichts all dieser Herausforderungen für die Apotheken bleibt er bei der Auffassung, dass der Preis für die Masken angemessen war.
Wertschätzung oft Fehlanzeige
Wenn es auch eine finanzielle Anerkennung für die Zusatzleistungen der Apotheken und viele freundliche Worte aus der Politik während des Wahlkampfs gab: Behrendt sieht die Apotheken in vielen Bereichen nach wie vor nicht ausreichend wertgeschätzt. Gerade in Brandenburg habe man mit der Politik schlechte Erfahrungen gemacht. Mögen die Apotheker im Gesundheitsministerium durchaus noch auf offene Ohren stoßen – in anderen Ministerien und auch bei den Fraktionen im Landtag sei dies häufig anders gewesen. So habe man etwa bei Anfragen, wie es mit den von der AvP-Pleite gebeutelten Apotheken weitergehen solle, lediglich lapidare Antworten erhalten. Nicht anders gehe es der Landesapothekerkammer bei ihren beharrlichen Bemühungen um einen Studiengang für Pharmazie in Brandenburg. Auch der jüngste Vorstoß – ein mit Ärzten und Zahnärzten verfasster Brief an Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD), der dafür plädiert in Cottbus eine „Hochschule für Heilberufe“ zu schaffen – bleibt offenbar erfolglos für die Apotheker. Kammerpräsident Jens Dobbert berichtete von der Reaktion: Die Pharmazie gehöre nicht zur Medizin und bleibe außen vor, dafür habe man das Geld nicht. Dagegen solle die Hebammenausbildung akademisiert werden.
Eine Erfolgsgeschichte: Impfzertifikate und das DAV-Portal
Doch Behrendt weiß auch von „Erfolgsgeschichten“ zu berichten. Und das sind aus seiner Sicht die Impfzertifikate, die Apotheken seit vergangenem Juni ausstellen. Hier hätten die Apotheken mit ihrem DAV-Portal in der Digitalisierungsdebatte „ein Zeichen gesetzt“. Mit dem Portal sei man in Vorleistung gegangen, doch es habe sich am Ende gelohnt. Allein in Brandenburg seien bis vergangene Woche Freitag 1.470.618 digitale Zertifikate ausgestellt worden. Auch wenn es anfängliche Schwierigkeiten gegeben haben mag – für den Verbandsvorsitzenden ist mit dem Portal bewiesen: „Wir können Digitalisierung.“ Durch das Angebot seien zudem Menschen in die Apotheken gekommen, die sonst nie dort erscheinen – vielleicht haben diese nun ganz neue Eindrücke von der Apotheke? Behrendt jedenfalls will sich das Portal nicht von einzelnen Personen schlechtreden lassen. Er ist überzeugt, dass es mit seinen für die Zukunft geplanten Mehrwerten für die Apotheken eine gute Investition ist. „Ich kann nur dafür werben, auch wenn es sich im Haushalt niederschlägt“.
275.000 Euro für GEDISA
Was das konkret heißt, zeigte der Geschäftsführer des Apothekerverbandes Brandenburg, Thomas Baumgart, in seinen Ausführungen zum Haushalt 2022 auf: Hier sind unter dem Titel „Unterlagen und Hilfsmittel für die Apotheke“ plötzlich 290.000 Euro veranschlagt – statt 25.000 Euro im Vorjahr. Dahinter stecken 275.000 Euro, die in die noch zu gründende Digitalgesellschaft GEDISA des Deutschen Apothekerverbands (DAV) fließen sollen. Das ist eine Summe, die auch einige der anwesenden Mitglieder stutzig machte. Doch Baumgart wie Behrendt versprachen: Das DAV-Portal werde schon bald weitere Funktionen bekommen, unter anderem soll auch eine gesicherte Kommunikation der Landesverbände mit den Mitgliedern künftig hierüber erfolgen können. Für den Ausbau sei drei Jahre lang eine Anschubfinanzierung von jährlich 500 Euro je Apotheke nötig. Behrendt bat um Vertrauen für das Projekt, das den Apotheken über die Impfzertifikate durchaus schon Verdienste eingebracht habe. Letztlich ging der Haushaltsplan 2022 ohne weitere Einwände durch.
Neuer Vorstand des AV Brandenburg
Die Mitgliederversammlung wählte einen neuen Vorstand. Nachdem die bisherige 1. Stellvertretende Vorsitzende Karen Setz sowie das Vorstandsmitglied Volker Krüger nicht mehr kandidiert haben, wurden zwei Nachfolger gewählt. Der neue Vorstand setzt sich wie folgt zusammen: Olaf Behrendt (Vorsitzender), Andrea König (1. Stellv. Vorsitzende), Tina Koch (2. Stellv. Vorsitzende) sowie die Vorstandsmitglieder Robert Dalchow, Antje Kujath, Nicole Nicoleit-Hauser und Robert Langner (siehe Bild).
Neue Offenheit bei ABDA und DAV
Behrendt betonte in seinem Bericht überdies, dass sich die Stimmung in der Standesvertretung in diesem Jahr gewandelt habe: Nachdem der vorletzte Deutsche Apothekertag – vor der Pandemie – von Grabenkämpfen geprägt gewesen sei, hätten beim vergangenen in Düsseldorf konstruktive Diskussionen und vertrauensvoller Optimismus vorgeherrscht – „fast schon Aufbruchstimmung“, so Behrendt. Mit der neuen ABDA-Präsidentin Overwiening an der ABDA-Spitze und Thomas Dittrich als neuem DAV-Vorsitzenden sei eine neue Offenheit bei den Gesprächen zu spüren. Aber Behrendt würdigte auch die Leistungen der Bundesorganisation in der Pandemie: „Hätte es die ABDA nicht schon gegeben, hätte man sie für die Pandemie erfinden müssen“. Mit ihren Handlungshilfen und schnellen Einschätzungen zu zahlreichen neuen Verordnungen sei sie immer schnell zur Stelle gewesen. Weniger zufrieden ist Behrendt dagegen mit der politischen Öffentlichkeitsarbeit der ABDA. Letztlich geht der Brandenburger Verbandschef zuversichtlich in seine neue Amtszeit. Er ist überzeugt: „Wenn wir was erreichen wollen, dann nur gemeinsam und ohne Grabenkämpfe“.
Overwiening und das Hummel-Prinzip
So sieht es auch die ABDA-Präsidentin selbst, die derzeit auf „Vorstellungstour“ bei den ABDA-Mitgliedsorganisationen ist. „Standespolitik macht nur Sinn mit einer dahinterstehenden Basis“, erklärte Gabriele Overwiening in ihrem Vortrag. Darum brauche sie den Kontakt zu den Apothekerinnen und Apothekern überall im Land. Ähnlich wie kürzlich auf dem Deutschen Apothekertag, war es ihr ein Anliegen, die Apothekerschaft positiv auf alles vor ihnen Liegende einzustimmen. In der Pandemie hätten die Apothekerinnen und Apotheker gezeigt, dass sie „widerstandsfähig, kreativ, agil und nach vorne gewandt“ seien. Auch wenn es für viele ein Kraftakt gewesen sei: Sie hätten sich als unverzichtbare Problemlöser bewiesen und Selbstbewusstsein aufbauen können. Dieses müsse nun „konserviert“ und als Basis für die Zukunft genutzt werden. So etwa beim E-Rezept. Hier sollten die Apotheker vor Ort nicht nur die Versender vor Augen haben, die damit ein Geschäft machen wollen, sondern sich überlegen, was sie konstruktiv damit anfangen können. Und da sieht Overwiening so einige Vorteile – und die Chance, dass sich die Vor-Ort-Apotheken profilieren können. Auch das DAV-Portal werde hier künftig weiter Mehrwerte mit Blick auf die Digitalisierung bieten, die sie angesichts der Wettbewerber aber nicht genauer nennen wollte. Die neue ABDA-Präsidentin, das wurde deutlich, wünscht sich Mitstreiter, die zusammen unter Beweis stellen, wie wichtig die Apotheken als Teil der Infrastruktur und auch als soziale Instanz sind. Wichtig ist aber auch, dass der Nachwuchs nicht weiter ausbleibt – denn was nutzen die schönsten neuen Dienstleistungsangebote, wenn es hierfür kein Personal gibt? Nachwuchs könne man aber nur gewinnen, wenn man seinen Beruf nicht schlechtrede, so Overwiening. Um all dies zu erreichen, sei eine Vertrauenskultur und Transparenz nötig. Aber auch Demut und Mut: Nicht alles werde gelingen, aber man dürfe auch nicht zu früh aufhören, wenn man ein Ziel verfolge. Overwiening geht hier mit dem „Hummel-Prinzip“: Die Hummel sei viel zu groß und schwer im Verhältnis zu ihren Flügeln. „Nach den Gesetzen der Aerodynamik dürfte sie nicht fliegen, da sie es nicht weiß, tut sie es einfach.“
Dass es nicht ganz einfach wird, alle Kolleginnen und Kollegen mit ihrer Aufbruchstimmung anzustecken, zeigte sich bei der anschließenden Diskussion. Ein Verbandsmitglied hielt Overwiening mit Blick auf die Personalsituation und das E-Rezept fehlenden Realitätssinn vor. Doch die allermeisten Anwesenden, das war zu spüren, nehmen den „neuen Wind“ an der ABDA-Spitze positiv auf.
Und das E-Rezept?
Viele Fragezeichen gibt es hingegen noch beim Thema E-Rezept, in das die Berliner Geschäftsführerin des Berliner Apotheker-Vereins Susanne Damer einen kurzen Einblick gab. Sie begrüßt, dass die Gematik vergangene Woche entschieden hat, das Pilotprojekt in Berlin-Brandenburg um zwei Monate zu verlängern. Allzu viel will Damer nicht zu den Hintergründen preisgeben. Doch einige Probleme haben sich auch schon so herumgesprochen: Vor allem hakt es an der Anbindung der Ärzte an die Telematikinfrastruktur, sei es doch noch der fehlende Heilberufsausweis oder die Praxisverwaltungssysteme. Dennoch: Damer sieht seit Projektbeginn Anfang Juli eine „steile Lernkurve“ bei allen Beteiligten. Und sie hat einige Wünsche, was noch besser gehen könnte. Vor allem aber wünscht sie sich eine sanfte Einführung, in der das rosa und das E-Rezept noch eine Weile nebeneinander herlaufen. Die Digitalisierung sei nicht aufzuhalten, doch sie komme nicht mit einem Knall. Der Anspruch sei, dass zum Start alles vernünftig funktioniere. Das rosa Rezept habe sich bewährt – von der Ausstellung bis zur Abrechnung. Mindestens genauso gut müsse das E-Rezept sein, wenn es an den Start gehe. |
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