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Leben retten – teures Leid verhindern
Interview mit Dr. Peter Froese zu QT-Life
DAZ: Woher kam die Idee für das Projekt QT-Life?
Froese: Das medizinisch-pharmazeutische Problem der QT-Zeit-Verlängerung ist lange bekannt. Und – obwohl alle einzelnen Maßnahmen bekannt sind – gelingt es offenbar nicht, früh genug diese Arzneimittelneben- bzw. -wechselwirkung zu erkennen. Da muss man also etwas machen. Dazu waren wir auf der Suche, welche konkreten, für die Gesundheit des Patienten hilfreichen Leistungen die Apotheke jenseits der Arzneimittelabgabe erbringen kann. Das gelingt vielleicht aus eigener Kraft, doch der zentrale Gedanke für dieses jetzt vom G-BA geförderte Projekt ist die Integration aller Partner: Krankenkasse, Ärzte, Technologieanbieter und wir. Mit einem früheren Antrag beim G-BA sind wir nicht durchgekommen, weil nicht alle nötigen Partner beteiligt waren. Doch beim jetzt startenden Projekt QT-Life wollen alle Partner diesen Schritt in die Integration wagen, in dem Bewusstsein, dass es bei so etwas immer Widerstände gibt. Entscheidend ist, vom Patienten her zu denken und so Ansätze für eine bessere Versorgung zu finden. Bei QT-Life kommen die gigantischen Chancen der modernen Mikro-Sensorik dazu. Man könnte sagen, dass QT-Life ein erster Schritt in Richtung Präzisionspharmazie ist. Bisher beobachten wir, was Arzneimittel machen, aber jetzt haben wir – und damit meine ich Ärzte und Apotheker – einen neuartigen Weg, das auch konkret und eben „life“ zu messen. Das wollen wir zusammen ausprobieren.
DAZ: Welche Erfahrungen haben Sie mit der Förderung aus dem Innovationsfonds gemacht und welche Bedeutung hat diese Finanzierung für das Projekt?
Froese: Um einen solchen Antrag beim Innovationsfonds zu verteidigen, müssen die Projektpartner geschlossen auftreten und überzeugen. Hier hat den G-BA wohl überzeugt, dass QT-Life eines der ersten Projekte ist, das AMTS konkret an einem speziellen Fall mit hohem Patientennutzen ausprobieren will. Außerdem finanziert der Innovationsfonds beim G-BA nur Projekte, wenn ein Weg in die Regelversorgung möglich ist. Und der ist bei QT-Life vorgezeichnet und einfach. Wichtig für den G-BA ist: Kann man den Nutzen auch messen? Das ist auch richtig und wichtig, weil es schließlich um Versichertengelder geht. Ohne den Innovationsfonds wäre das Projekt undenkbar. Und vor allem: In der Zusammenarbeit im gesamten Projektteam, gefördert durch den G-BA, liegt die ganze Stärke des Projekts. Bei dem Innovationsfonds geht es eben auch um sektorübergreifende Projekte wie QT-Life.
DAZ: Wie viel Geld erhalten die Apotheken für ihre Leistungen und wie wird die Honorierung abgewickelt?
Froese: Die Apotheken erhalten für jeden teilnehmenden Patienten 50 Euro. Dafür übernehmen die Apotheken die Überzeugungsarbeit gegenüber den Patienten, die Einschreibung, das Arzneimittelinterview, das Anbringen und Entfernen der Sensoren und den Umgang mit den Daten. Außerdem wird die Teilnahme an der Schulung einmalig gesondert honoriert. Die Sensoren, die weitere Ausstattung und der Zugang zur Software sind für die Apotheken kostenlos. Für die Leistung der Apotheken ist ein klarer Endpunkt definiert. Wenn der Patientendatensatz hochgeladen ist, endet ihre Arbeit. Damit wird die Honorierung ausgelöst. Die Apotheke erhält dann automatisch das Geld vom Apothekerverband, der es vom Konsortium und letztlich vom Innovationsfonds bekommt.
DAZ: Wie lange dauert das Projekt und welchen Umfang erwarten Sie?
Froese: Die Patientenintervention beginnt am 1. April 2021 und dauert vier Quartale. Danach läuft die wissenschaftliche Evaluation. Wir haben uns ein anspruchsvolles Ziel gesetzt und möchten 3000 Patienten in Schleswig-Holstein erreichen. Dafür wünschen wir uns, dass 380 Apotheken teilnehmen.
DAZ: In welcher Beziehung steht QT-Life zu den geplanten neuen Dienstleistungen im Sinne des VOASG?
Froese: Das sind zwei ganz verschiedene Finanzierungswege. Wir haben schon an QT-Life gearbeitet, als die honorierten Dienstleistungen nach dem VOASG noch gar nicht absehbar waren. Wenn man genauer hinsieht, ist QT-Life aber eine Blaupause für die Dienstleistungen, die künftig nach dem VOASG ausgehandelt werden sollen. Denn man braucht konkrete Maßnahmen mit hohem Patientennutzen, Verträge, idealerweise Integrationsverträge mit klaren Rollenzuweisungen, eine Systematik für die Rekrutierung der Patienten, definierte Datenwege und auch eine Schulung für die Apotheken. Außerdem müssen wir die Patienten in der Apotheke zur Teilnahme bewegen. Das alles gilt auch für andere Ideen zur AMTS.
DAZ: Welche Erwartungen verknüpft der Apothekerverband Schleswig-Holstein mit dem Projekt?
Froese: Wir haben ein ehrgeiziges Ziel. Als Verband möchten wir zeigen, dass Integration mit Apotheken und so vielen anderen Partnern möglich ist. Gemeinsam mit Kardiologen und den für das Projekt verantwortlichen Projektpartnern DAK-Gesundheit, der Ärztegenossenschaft Nord e. G., dem Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, der Nambaya GmbH und der SmartStep Data Institute GmbH, möchten wir mehr Patientennutzen schaffen.
Es geht um ein berufspolitisches Signal und um einen klaren Nutzen für die Patienten. Wenn wir es schaffen, auch nur wenige Patienten vor einem schweren kardiologischen Notfall zu schützen, haben wir das Richtige getan. Wir haben geholfen, Leben zu retten und in jeder Beziehung teures Leid zu verhindern.
DAZ: Wie sind die Aussichten, das Projekt auf Versicherte anderer Krankenkassen zu übertragen oder in die Regelversorgung aufzunehmen?
Froese: Die Übernahme ist leicht, es könnte einfach zusätzlich zum Arzneimittel das Monitoring veranlasst werden. Ob das zur Regelversorgung wird, hängt letztlich vom Ergebnis unseres Modellprojektes ab. Wir stellen uns der streng wissenschaftlichen Evaluation und sind überzeugt, dass Effekte nachzuweisen sind. Wir sind in der Pflicht, dies anhand der Zahlen zu zeigen. Das Hauptziel der Evaluation ist es natürlich, sich die Patienten, die eine Intervention erhalten, anzusehen. Was passiert mit der Medikation? Daneben werden aber auch andere kardiale Ereignisse zu erkennen sein. Wie viele Ereignisse welcher Art finden wir? Daneben gibt es kleine Parameter. Beispielsweise muss sich zeigen, wie es gelingt, Patienten zur Teilnahme zu bewegen. Außerdem geht es um die Sensoren. Wenn sie sich als praktikabel erweisen, gibt es sehr viele weitere Anwendungsmöglichkeiten.
DAZ: Wie haben die Verbandsmitglieder bisher reagiert? Was müssen Apothekenleiter in Schleswig-Holstein jetzt tun, wenn sie teilnehmen möchten?
Froese: Trotz Corona war das Interesse bei den Online-Informationsveranstaltungen schon groß. Wer teilnehmen möchte, kann uns ein Fax zur Interessenbekundung senden. Bevor es losgeht, muss ein Beitritt zum Integrationsvertrag von der Apotheke unterschrieben werden. Dann folgt die Schulung, die wegen Corona online stattfinden wird.
DAZ: Vielen Dank für das Gespräch. |
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