Reisepharmazie

Krank durch schmutziges Wasser

Typhus tritt vor allem unter schlechten Hygienebedingungen auf

Typhus ist eine durch Salmonella enterica Typhi übertragene Infektionskrankheit. Jährlich erkranken weltweit ca. 11 bis 21 Millionen Menschen daran, ca. 150.000 Personen sterben jedes Jahr an dieser Erkrankung [1]. Das Bakterium Salmonella enterica gedeiht vor allem, wenn große Menschenmassen unter schlechten hygienischen Bedingungen zusammenleben.

Der Begriff Typhus leitet sich vom griechischen Wort typhos (Dampf, Nebel, Rauch) ab, da man in früherer Zeit davon ausging, dass die Krankheit durch einen ätherischen Rauch verbreitet wird. Da das Bewusstsein des Patienten im fortgeschrittenen Krankheitsstadium tatsächlich getrübt ist, ist die Bezeichnung nicht ganz unpassend [2]. Während im Deutschen „Typhus“ die durch Salmonella enterica Typhi verursachte Erkrankung Typhus abdominalis bezeichnet, meint das englische Wort „typhus“ das durch Rickettsien verursachte Fleckfieber = Flecktyphus. „Typhoid fever“ hingegen entspricht dem deutschen „Typhus“.

Historischer Hintergrund

Typhus ist bereits seit dem Altertum verbreitet. Möglicherweise war diese Erkrankung sogar im Peloponnesischen Krieg 430 bis 426 v. Chr für den Untergang Athens verantwortlich [3], es gibt aber zahlreiche andere Hypothesen. Über die Jahrhunderte kam es immer wieder zu größeren Ausbrüchen, wobei die Krankheitsursache den Menschen nicht bekannt war. Allerdings sind solche Schilderungen vorsichtig zu betrachten, da häufig Flecktyphus, Typhus abdominalis und andere Seuchen in einen Topf geworfen wurden [4]. Traurige Berühmtheit erlangte die 1869 in Irland geborene Mary Mallon, „Typhoid-Mary“, die in den USA als Köchin für wohlhabende Familien arbeitete. Als symptomlose Überträgerin infizierte sie etliche Menschen, von denen nicht wenige starben [5]. Mitte des 19. Jahrhunderts identifizierte der englische Arzt William Budd Wasser als mögliche Quelle der Typhus-Übertragung [6]. 1880 identifizierte der deutsche Pathologe Karl Eberth Salmonella enterica. Dieses Bakterium wurde 1884 von Georg Gaffky kultiviert, einem deutschen Biologen und Hygieniker. Einige Jahre später entwickelte der britische Mikrobiologe, Pathologe und Immunologe Almroth Wright einen Impfstoff gegen die Krankheit [7].

Erreger und Übertragung

Erreger von Typhus abdominalis ist Salmonella enterica Serotyp Typhi, ein gramnegatives, bewegliches, begeißeltes nicht sporenbildendes, fakultativ anaerobes Bakterium aus der Familie der Enterobacteriaceae (Abb. 1). Eine eng verwandte Erkrankung ist der sogenannte Paratyphus, welcher durch Salmonella enterica Serotyp Paratyphi A, B und C verursacht wird. Beide Serotypen sind ausschließlich für den Menschen pathogen [1].

Foto: Science Photo Library/Gschmeissner, Steve

Abb. 1. Salmonella enterica Verschiedene Serotypen des Gram-negativen Bakteriums übertragen die potenziell tödliche Infektionskrankheit Typhus. Hier eine farbige transmissionselektronenmikroskopische Aufnahme, erkennbar sind die Geißeln, mit denen sich die Bakterien fortbewegen können.

Typhus-Bakterien werden durch den Konsum von kontaminierten Lebensmitteln oder kontaminiertem Wasser übertragen. Gelegentlich kann es zu einer direkten fäkal-oralen Übertragung kommen. Eine wichtige Infektionsquelle stellen Schalentiere aus abwasserverschmutzten Gebieten da. Die Übertragung erfolgt auch durch den Verzehr von rohem Obst und Gemüse, das durch menschliche Ausscheidungen gedüngt wurde, und durch die Aufnahme von kontaminierter Milch und Milchprodukten. Fliegen können beim Menschen eine Infektion verursachen, indem sie die Infektionserreger auf Lebensmittel übertragen. Die Verschmutzung von Wasserquellen kann zu Typhus-Epidemien führen, wenn eine große Anzahl von Menschen dieselbe Trinkwasserquelle verwendet [8].

Verbreitung

Sowohl Typhus als auch Paratyphus sind weltweit verbreitet, treten jedoch vor allem in den Teilen der Welt auf, in denen sanitäre Einrichtungen sowie die Qualität von Trinkwasser und Lebensmitteln schlecht sind. Insbesondere die südasiatischen Länder Pakistan, Indien und Bangladesch sind stark betroffen, Ostasien, Afrika, die Karibik sowie Mittel- und Südamerika etwas weniger. In den USA, Kanada, West­europa, Australien oder Japan treten Typhus und Paratyphus nur selten auf und sind meist reiseassoziiert [9]. In Deutschland wurden in den Jahren 2001 bis 2018 jährlich ca. 50 bis 90 Fälle von Typhus und ca. 25 bis 100 Fälle von Paratyphus gemeldet, nahezu alle waren auf eine Auslandsreise zurückzuführen [10].

Pathophysiologie

Salmonella-enterica-Typhi-Bakterien treten in die submukosale Region des Dünndarms ein und verursachen dort eine Hypertrophie der Peyer-Plaques. Bei diesen handelt es sich um Lymphfollikel, die als Bestandteil des Immunsystems eine Barriere gegenüber Bakterien und Viren aus der aufgenommenen Nahrung bilden [11]. Aus diesen Peyer-Plaques verbreitet sich das Bakterium über das Lymphsystem und den Blutkreislauf. Nach Replikation im retikuloendothelialen System (= Monozyten-Makrophagen-System) kommt es zum Auftreten von Erregern in den Makrophagen von Leber, Milz und Knochenmark. Klassischerweise kann Salmonella enterica Typhi auch nach Beginn der antimikrobiellen Therapie aus dem Knochenmark kultiviert werden. Ungefähr 1 bis 5% der Patienten wird trotz antimikrobieller Therapie zu chronischen Trägern, das heißt das Bakterium wird auch nach mehr als zwölf Monaten noch im Stuhl oder Urin ausgeschieden [7]. In Deutschland sind Dauerausscheider meist weiblich und über 50 Jahre alt [1].

Inkubationszeit und Symptome

Nach einer Inkubationszeit von drei bis 60 Tagen (meist 8 bis 14 Tage) treten bei Typhus abdominalis zunächst uncharakteristische Beschwerden wie Kopfschmerzen, Gliederschmerzen und evtl. leicht erhöhte Körpertemperatur auf. Erfolgt keine Behandlung der Erkrankung steigt das Fieber nach zwei bis drei Tagen auf 39 bis 41 °C und hält bis zu drei Wochen an. Dazu kommt ein deutliches Krankheitsgefühl mit Kopfschmerzen, Gliederschmerzen, Somnolenz, allgemeiner Schwäche, Appetitlosigkeit, Husten, Bauchschmerzen, Verstopfung (zu Beginn) und/oder Durchfall (später). Tritt ein hellroter, stecknadelkopfgroßer, nichtjuckender Hautauschlag am Bauch auf (Roseolen), so ist dies charakteristisch für Typhus abdominalis. Allerdings ist dieser Ausschlag nur selten zu beobachten. In 10 bis 15% der Fälle treten Komplikationen auf. In der Literatur wurden viele Komplikationen beschrieben, zu den häufigsten gehören gastrointestinale Blutungen, Darmperforationen, Typhus-Enzephalopathien und Rezidive. Gastrointestinale Blutungen stehen im Zusammenhang mit der Nekrose und Erosion von Peyers Flecken. In den meisten Fällen ist die Blutung selbstlimitierend und erfordert keine weitere Intervention. Kinder unter einem Jahr erkranken häufiger schwer. Nach erfolgter Erkrankung hält die Immunität für ca. ein Jahr an. Bei entsprechend hohen Infektionsdosen kann es allerdings auch vorher schon zu einer erneuten Erkrankung kommen [1, 7, 9].

Bei Paratyphus sind die Symptome ähnlich, aber meist schwächer. Hier stehen nach einer Inkubationszeit von ein bis zehn Tagen Bauchschmerzen, Übelkeit, Erbrechen und Durchfall sowie leichtes Fieber bis 39°C im Vordergrund. Nach vier bis zehn Tagen ist die Krankheit meist überstanden [1].

Auf einen Blick

  • Typhus wird durch Bakterien der Gattung Salmonella enterica Typhi übertragen.
  • Die Erkrankung ist vor allem in Ländern mit schlechten Hygienestandards ein Problem.
  • Die Übertragung erfolgt in erster Linie durch kontaminiertes Wasser oder Lebensmittel.
  • Symptome sind meist unspezifisch, Fieber, Kopfschmerzen, Durchfall, nur selten charakteristische Roseolen.
  • Die Therapie erfolgt antibakteriell, Resistenzen sind zunehmend problematisch.
  • Zur Prophylaxe steht eine Impfung zur Verfügung, darüber hinaus sollten Ess- und Trink­gewohnheiten bei Reisen angepasst werden.

Diagnose und Behandlung

Durch die meist unspezifischen Krankheitssymptome werden Typhus und Paratyphus häufig mit grippalen Infekten verwechselt. Dauert eine hochfieberhafte Erkrankung ohne feststellbare Ursache über vier Tage, sollte auf jeden Fall an Typhus gedacht werden, vor allem, wenn eine Reise in ein Typhusendemiegebiet vorangegangen ist. Dabei sollte auch die Abgrenzung zu einer Malariaerkrankung sichergestellt werden. Eine Diagnose kann entweder durch den Nachweis von Erregern aus Stuhl oder aus Blut erfolgen [1, 9].

Nach erfolgter Diagnose sollten Typhus oder Paratyphus auf jeden Fall antibiotisch behandelt werden, um das Risiko für schwere Verläufe zu minimieren. Mittel der Wahl sind Ciproflox­acin (nur bei Erwachsenen) oder Breitspektrum-Cephalosporine z. B. Ceftriaxon. Gerade in Endemiegebieten liegen häufig Resistenzen gegen Cotrimoxazol und Amoxicillin vor (Abb. 2). Zusätzlich treten zunehmend Multiresistenzen auf, sodass die Gefahr eines Therapieversagens deutlich gestiegen ist. Wenn möglich sollte deshalb der isolierte Erreger auf Antibiotikasensitivität getestet werden. Bei Dauerausscheidern erfolgt die Behandlung mit Ceftriaxon für zwei Wochen oder mit Ciprofloxacin über vier Wochen [1].

Abb. 2: Übersicht über die Verbreitung von Antibiotikaresistenzen des Salmonella-enterica-Typhi-Bakteriums (nach [12])

Vorbeugung

Die Prophylaxe verfolgt zwei Strategien:

  • Impfung sowie
  • sichere Ess- und Trinkgewohn­heiten.

In Deutschland gibt es derzeit drei zugelassene Typhus-Impfstoffe [13] (Tabelle 1). In Nepal wurde im Dezember 2019 bereits erfolgreich eine Phase-III-Studie zu einer neuen Typhus-Konjugat-Vakzine (TCV) gegen Salmonella Typhi bei Kindern abgeschlossen [17]. Forscher werten dies als einen großen Erfolg für die Bekämpfung von Typhus in Endemieländern. Zum einen sind die vorhandenen Impfstoffe zwar für die Reisemedizin geeignet, nicht aber in Ländern mit hohem Infektionsdruck und vor allem auch nicht bei kleinen Kindern, zum anderen besteht dort in der Behandlung des Typhus zunehmend ein Resistenzproblem [18].

Tab. 1: Übersicht über die in Deutschland zugelassenen Typhus-Impfstoffe [14, 15, 16]
Name (Hersteller/­Zulassungsinhaber)
Art des Impfstoffs
Altersgrenze
Impfschema
Verabreichung
Typhim Vi
(Sanofi Pasteur Europe)
Typhus-Polysac­charid-Impfstoff (Mono)
ab zwei Jahre
  • zwei Wochen vor Beginn der Reise
  • Auffrischung bei erneuter Reise oder ständigem Aufenthalt in einem Typhus-Endemiegebiet spätestens nach drei Jahren
intramuskulär oder tief subkutan
Typhoral L
(Emergent Netherlands B. V., Niederlande)
Typhus-Impfstoff, lebend, abgeschwächt (Mono)
ab fünf Jahre
  • jeweils eine Kapsel am 1., 3. und 5. Tag
  • bei erneuter Reise jährliche Auffrischung nach gleichem Schema
  • bei ständigem Aufenthalt in Typhus-Gebieten Auffrischung alle drei Jahre nach gleichem Schema
oral (magensaftresistente Hartkapsel)
ViaTim
(Sanofi Pasteur Europe)
inaktivierter Hepatitis-A-Adsorbat- und Typhus-Polysaccharid-Impfstoff (Kombi)
ab 16 Jahre
  • Antikörperschutz zwei Wochen nach einer Dosis
  • Personen, bei denen weiterhin die Gefahr einer Typhus-Infektion besteht, sollten alle drei Jahre geimpft werden
intramuskulär

Da die Erreger vor allem durch verunreinigtes Wasser oder Lebensmittel übertragen werden, sollten Reisende einige Grundregeln beachten:

Wasser sollte vor dem Trinken eine Minute lang abgekocht werden. Sicher ist auch die Verwendung von Wasser in Flaschen, vor allem wenn es Kohlensäure enthält. Getränke mit Eis sollten vermieden werden, sofern nicht sichergestellt werden kann, dass das Eis mit abgekochtem oder abgefülltem Wasser hergestellt wurde. Lebensmittel sollten gründlich gekocht und am besten noch dampfend heiß sein. Rohes Obst und Gemüse, das nicht geschält werden kann, sollte vermieden werden [9]. |

Literatur

[1] Ratgeber Typhus abdominalis. Informationen des Robert Koch-Instituts (RKI), www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Merkblaetter/Ratgeber_Typhus_Paratyphus.html

[2] Brusch JL et al. Typhoid Fever. Medscape 19. August 2019, https://emedicine.medscape.com/article/231135-overview

[3] Papagriorakis MJ et al. DNA examination of ancient dental pulp incriminates typhoid fever as a probable cause of the Plague of Athens. International Journal of Infectious Diseases 2006;10(3):206-214

[4] Ewald W. Typhus. In: Soziale Medizin. 1911, Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-47460-6_16

[5] Marineli F. Mary Mallon (1869 – 1938) and the history of typhoid fever, Ann Gastroenterol 2013;26(2):132–134

[6] Moorhead R. William Budd and typhoid fever. J R Soc Med 2002; 95(11):561–564

[7] Ashurst JV et al. Salmonella Typhi. Stat Pearls 10. August 2020, www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK519002/

[8] Typhoid fever. Informationen der Weltgesundheitsorganisation (WHO), www.who.int/ith/diseases/typhoidfever/en/

[9] Typhoid Fever and Paratyphoid Fever. Centers for diseases control and prevention (CDC), www.cdc.gov/typhoid-fever/sources.html

[10] Infektionsepidemiologisches Jahrbuch meldepflichtiger Krankheiten 2018. Informationen des Robert Koch-Institut (RKI), www.rki.de/DE/Content/Infekt/Jahrbuch/Jahrbuch_2018.pdf?__blob=publicationFile

[11] Peyer Plaques. Pschyrembel Online, www.pschyrembel.de/Peyer-Plaques/K0GR5

[12] Bhutta ZA et al. Antimicrobial Resistance in Typhoid: implications for policy and immunization strategies. WHO Meetings, www.who.int/immunization/sage/meetings/2017/october/3_Bhutta_Typhoid_SAGE_16Oct2017.pdf

[13] Typhus-Impfstoffe. Informationen des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI), www.pei.de/DE/arzneimittel/impfstoffe/typhus/typhus-node.html

[14] Fachinformation Typhim Vi, Stand: November 2018

[15] Fachinformation Typhoral L, Stand: März 2019

[16] Fachinformation Viatim, Stand: November 2017

[17] Shakya M et al. Phase 3 Efficacy Analysis of a Typhoid Conjugate Vaccine Trial in Nepal. N Engl J Med 2019;381:2209-2218

[18] Geissel W. Großer Erfolg mit Typhus-Impfstoff. Ärzte Zeitung online vom 5. Dezember 2019, www.aerztezeitung.de/Medizin/Grosser-Erfolg-mit-Typhus-Impfstoff-404719.html

Apothekerin Sabine Fischer

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