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Kooperation bei „Factoring plus“

Noventi bietet Einkaufsfinanzierung für Phoenix-Lieferungen

tmb | Der Pharmagroßhändler Phoenix und das Apothekenrechenzentrum Noventi – beide Partner bei gesund.de – wenden sich mit einer weiteren gemeinsamen Leistung an Apotheken. Noventi Health Care bietet eine Einkaufsfinanzierung für Warenkäufe bei Phoenix. Das Zahlungsziel kann damit bis zu 90 Tage gestreckt werden.

Phoenix und Noventi bewerben ihr gemeinsames Angebot als neue Möglichkeit zur Einkaufsfinanzierung, die den finanziellen Spielraum der Apotheken vergrößern soll. Grundlage ist das bestehende Konzept „Factoring plus“ der Noventi HealthCare GmbH. Diese bietet eine Einkaufsfinanzierung, bei der sie das Zahlungsziel für die Lieferantenrechnung auf bis zu drei Monate verlängert. Die Noventi HealthCare GmbH ist ein Factoringinstitut, das der Finanzaufsicht unterliegt. Sie bietet eine solche Finanzierung bereits seit 2019 für frei wählbare Verwendungen an. Neu ist die Zusammen­arbeit von Noventi mit Phoenix. Nach Angaben der Unternehmen hätten diese schon länger an einer solchen Partnerschaft gearbeitet und würden die Einkaufsfinanzierung für die von Phoenix bezogenen Waren seit Mai anbieten. Dabei kauft Noventi die Forderungen von Phoenix an und übernimmt das Factoring im Auftrag der Apotheke. Die Apotheke gibt also ihre Rechnung an Noventi weiter und muss nicht sofort an Phoenix zahlen, sondern später an Noventi.

Factoring statt Kredit

Nach gemeinsamen Angaben der Unternehmen entstehen der Apotheke dabei die im Factoring-Bereich üblichen Gebühren – eine Zahl wird nicht genannt. Die Kundenbetreuer von Noventi würden der Apotheke in umfangreichen Beratungsgesprächen das passende Konzept bereitstellen, heißt es. Für die Nutzung des Angebots sei als Standard eine Laufzeit von 48 Monaten vorgesehen. Da dies ein operatives Factoringgeschäft und kein Kredit sei, könne die Apotheke es jederzeit beenden, wenn kein Finanzierungsbedarf mehr bestehe. Als Vorteile für die Apotheke betonen die Unternehmen die Unabhängigkeit von der Hausbank, die Verbesserung der Bonität, den schnellen Start und die flexiblen Laufzeiten.

Voraussetzung für das Factoring­geschäft ist eine Geschäftsbeziehung der Apotheke zu Noventi für die Rezeptabrechnung. Dabei ist die Einkaufsfinanzierung ein eigenständiges Geschäft neben der Rezeptabrechnung. Beide müssen voneinander unterschieden werden. Doch auch bei der Rezeptabrechnung kann es ein Factoring geben, das sich jedoch auf die Forderungen der Apotheke gegen die Krankenkassen bezieht, und auch bei der Rezeptabrechnung gibt es Verträge mit verschiedenen Zahlungsterminen.

Vorteil der Flexibilität

Beide Anbieter – Phoenix und Noventi – betonen die Vorteile des neuen Angebots für die Apotheke durch zusätzliche Flexibilität. Ziel sei die Stärkung der inhabergeführten Apotheke. Florian Altenhof, Geschäfts­leitung Vertrieb Phoenix Deutschland, erklärt dazu: „Wir freuen uns, gemeinsam mit der Noventi, unseren Kunden eine weitere Möglichkeit der Einkaufsfinanzierung anbieten zu können. Finanzielle Freiheit und die daraus gewonnene Flexibilität ist gerade in diesen herausfordernden Zeiten besonders wertvoll.“

Von Noventi gab es ein solches Angebot schon im Herbst 2019 zur Finanzierung von Warenkäufen beim Pharmagroßhändler Gehe. Schon damals wurde es unter der Bezeichnung „Factoring plus“ angeboten. Auch damals wurde die Stärkung der Apotheken als Motivation herausgestellt (siehe DAZ.online vom 17.9.2019: „Factoring-Kooperation: Noventi finanziert Einkäufe bei Gehe“). Von der Zusammenarbeit mit Gehe ist derzeit jedoch keine Rede mehr. Mittlerweile arbeiten Noventi und Phoenix als Partner bei gesund.de zusammen. Dazu passt die zusätzliche Koopera­tion bei der Einkaufsfinanzierung. |

 

Nicht nur Lösungen, auch Probleme

Ein Kommentar

Dr. Thomas Müller-Bohn, DAZ-Redakteur

Ein wichtiger Vorteil des neuen Factoring-Angebots von Phoenix und Noventi für die Apotheken dürfte in der kurzfristigen Verfügbarkeit liegen, besonders wenn andere Finanzierungsmöglichkeiten bereits erschöpft sind, beispiels­weise aufgrund der Belastung durch die AvP-Insolvenz. Dabei erscheint die zunehmende Kooperation verschiedenartiger Anbieter rund um die Apotheke als bemerkenswert. Kritiker könnten darin nicht nur Lösungen für die Apotheke, sondern auch neue Probleme sehen. Denn wenn der Großhändler und das Rechenzentrum einer Apotheke zusammenarbeiten, kann die Apotheke sich schwerer von einem solchen Partner lösen, weil dies auch die Beziehung zum anderen tangiert. So könnte es für die Apotheke schwieriger werden, auf andere Angebote im Wettbewerb einzugehen, und dies könnte den Wettbewerb beeinträchtigen. Das auf kurze Fristen angelegte Konzept relativiert diese Kritik, aber die Grundidee kann durchaus als Gratwanderung erscheinen. Die enge Zusammenarbeit verschiedener Akteure, die die Apotheken stärken und ihnen freies Handeln ermöglichen möchten, könnte in manchen Fällen diese Freiheit auch einengen. Doch das größere Problem dürfte an einer anderen Stelle liegen: Es gilt als betriebswirtschaftliche Lehrbuchweisheit, dass langfristige Projekte auch langfristig finanziert werden sollten. Wenn eine Apotheke oder ein anderes Unternehmen also eine Einkaufs­finanzierung nutzen muss, um damit eine langfristige Investition zu finanzieren, gilt dieses Unternehmen als wirtschaftlich nicht mehr stabil. Doch das läge an der Apotheke und nicht an den Anbietern der Finanzierung.

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