DAZ aktuell

Tauziehen zwischen STIKO und Gesundheitsministerkonferenz

Für welche Altersgruppen sind die Corona-Impfstoffe von Johnson & Johnson und AstraZeneca?

cel/cm | Die Ständige Impfkommis­sion (STIKO) empfiehlt, den Vektorimpfstoff von Johnson & Johnson künftig in der Regel bei Menschen ab 60 Jahren einzusetzen. Die Gesundheitsminister von Bund und Ländern haben indes Anfang dieser Woche die Priorisierung für diesen COVID-19-Impfstoff aufgehoben. Impfwillige sollen sich darüber hinaus nach dem Willen von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) künftig ohne Rücksicht auf Priorisierungen auch mit dem Impfstoff von AstraZeneca impfen lassen können.

Anfang dieser Woche hat die Ständige Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut (RKI) eine neue Impfempfehlung für die Vektorvakzine von Johnson & Johnson (COVID-19-Impfstoff Janssen) veröffentlicht. Demnach soll es eine Altersbeschränkung für den Corona-Impfstoff geben: Wie auch die COVID-19-Vakzine von AstraZeneca, soll der Johnson & Johnson-Impfstoff künftig in der Regel für ab 60-Jährige empfohlen werden.

Indes einigten sich Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und seine Länderkollegen am selben Tag darauf, für den Impfstoff von Johnson & Johnson die Priorisierung aufzuheben. Erst am Donnerstag in der vergangenen Woche hatte die Gesundheitsministerkonferenz diese auch für den COVID-19-Impfstoff von AstraZeneca Vaxzevria® ausgesetzt. Die STIKO hatte sich gegen diesen Beschluss gestellt: Sie empfiehlt Ärzten, grundsätzlich weiterhin Risikogruppen zu bevorzugen. Der STIKO-Vorsitzende Professor Thomas Mertens kritisierte die Aufhebung der Priorisierung gegenüber der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (FAZ) deutlich. „Ich empfinde es als nicht gerecht und nicht sinnvoll, wenn es dazu käme, dass Menschen, die einem hohen Risiko für eine Erkrankung ausgesetzt sind und die bereits länger gewartet haben, jetzt noch länger als nötig auf ihre Impfung warten müssten“, sagte Mertens der FAZ.

Umgang mit Impfrisiken

Spahn bezog sich in seinem Pressestatement auch auf die neue Empfehlung der STIKO, in der Regel Menschen mit der Vakzine von Johnson & Johnson zu impfen, die älter sind als 60 Jahre. Diese beruhe auf Berichten aus den USA, denn hierzulande seien bisher zu wenige Dosen verimpft worden, um einen Zusammenhang zwischen der Applikation und sehr selten auftretenden Nebenwirkungen wie Hirnthrombosen feststellen zu können. Nach Angaben des Ministers sind hierzulande bereits etwa 60 Prozent der Menschen ab 60 Jahren gegen COVID-19 geimpft. Gehe man von einer Impfbereitschaft in dieser Altersgruppe von 80 bis 90 Prozent aus, sollten nach seinen Berechnungen bis spätestens Anfang Juni alle Impfwilligen unter ­ihnen zumindest eine erste Dosis er­halten haben. Der Löwenanteil der zehn Millionen Impfdosen von Johnson & Johnson, die für das zweite Quartal dieses Jahres erwartet werden, könne demnach aber erst im Juni und Juli zum Einsatz kommen. Daher sei es nötig, dass nach ärztlicher Aufklärung und auf individuellen Wunsch hin das Mittel auch bei Jüngeren verwendet werden kann, um „weiterhin pragmatisch arbeiten zu können“. Die Zulassung der AstraZeneca-Vakzine Vaxzevria® deckt den Einsatz bei Jüngeren durchaus ab – der Impfstoff darf laut bedingter Zulassung allen Menschen ab 18 Jahren geimpft werden. Auch der COVID-19-Impfstoff von Johnson & Johnson ist ab einem Alter von 18 Jahren zugelassen. Die Deutsche Gesellschaft für Neurologie dürfte diesen Schritt allerdings nicht begrüßen: Sie forderte eine erneute Nutzen-Risiko-Bewertung von Vaxzevria® und verwies auf ein Sicherheitssignal, dass nicht nur jüngere, sondern auch ältere Frauen ein erhöhtes Risiko für Sinus- und Hirnvenenthrombosen hätten.

Noch befinden sich der abgestimmte Beschlussentwurf und die wissenschaftliche Begründung dazu im Stellungnahmeverfahren mit den Bundesländern und den betroffenen Fachkreisen. Der Beschluss wird erst dann verabschiedet, wenn die Stellungnahmen die STIKO wieder erreicht haben und diese erneut darüber berät. Grundsätzlich besteht also noch die Möglichkeit, dass die STIKO ihre Empfehlung auch noch ändert.

Johnson & Johnson und die Impfkampagne in Deutschland

Grund für die Altersbeschränkungen der STIKO für die Vakzine von Johnson & Johnson dürften sehr seltene Fälle von schweren Blutgerinnseln sein, die auch im Zusammenhang mit dem Vektorimpfstoff von AstraZeneca aufgetreten sind und vor allem bei jüngeren Frauen beobachtet wurden.

Inwiefern sich die mögliche Einschränkung des COVID-19-Impfstoffs von Johnson & Johnson auf die Impfkampagne in Deutschland auswirkt, bleibt abzuwarten. Viele der älteren Menschen ab 60 Jahren sind bereits – zumindest einmal – geimpft. Der Janssen COVID-19-Impfstoff dürfte dann zur Komplettierung der Impfserie wohl nicht mehr infrage kommen – für einen vollständigen Impfschutz genügt hier bereits eine Dosis. |

Das könnte Sie auch interessieren

Empfehlung der STIKO vs. Beschluss der GMK

Johnson & Johnson nur für Ältere – Priorisierung aufgehoben

COVID-19-Impfstoff von Johnson & Johnson

EMA bestätigt positives Nutzen-Risiko-Verhältnis

Nach thromboembolischen Ereignissen

EMA prüft COVID-19-Impfstoff von Janssen

Jede COVID-19-Einmal-Impfung bietet nur suboptimalen Schutz

Halbe Sache

Vektorimpfstoffe von AstraZeneca und Johnson & Johnson

Hilft ASS zur Vorbeugung von Thrombosen nach COVID-19-Impfung?

BMG kündigt 3 Millionen Dosen für erste Maiwoche an: Biontech, AstraZeneca und J & J

Mehr Impfstoff für die Praxen

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.