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Höhere Löhne in der Pflege

Kommt ein Gesetz noch vor der Bundestagswahl?

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) und Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) wollen gesetzliche Vorgaben schaffen, um Pflegekräfte besser zu entlohnen. Doch ihre Vorstellungen gehen auseinander.

Bereits im Koalitionsvertrag hatten sich Union und Sozialdemokraten darauf verständigt, Tarifgehälter in der Pflege durchzusetzen. Ein geplanter flächendeckender Tarifvertrag für die Altenpflege scheiterte Ende Februar 2021 am Widerstand der Caritas. Heil wollte die Regelungen für allgemeinverbindlich erklären lassen. Jetzt gewinnt das Thema wieder an Fahrt.

SPD: Betreiber von Heimen müssen nach Tarif bezahlen

Zum Hintergrund: Laut Bundesarbeitsministerium sind 1,2 Millionen Menschen im Pflegebereich tätig; nur knapp die Hälfte von ihnen wird tariflich entlohnt. Schätzungsweise 600.000 Pflegekräfte würden von neuen Regelungen profitieren – mit Gehaltssteigerungen von über 300 Euro pro Monat bei Vollzeitkräften. Heils Idee: „Betreiber von Pflege­einrichtungen bekommen nur dann Geld aus der Pflegeversicherung, wenn sie ihren Beschäftigten Tariflöhne zahlen“, schreibt der Minister. Er plant, den Paragrafen 72 des Sozialgesetzbuchs XI entsprechend anpassen. Bis zum Sommer wollen die Sozialdemokraten ihr Werk auf den Weg bringen.

CDU/CSU: Deckelung für Pflegebedürftige, vage Formulierung zur Entlohnung

Eigentlich fallen solche Regelungen in Spahns Ressort. Der Gesundheitsminister reagierte prompt: „Ein Gesetzentwurf zur Pflegereform liegt längst vor.“ Und weiter: „Im Gegensatz zum Plan des Arbeitsministers werden dabei nicht nur die Interessen der Pflegekräfte berücksichtigt, sondern auch die der Pflegebedürftigen.“ Spahn bringt Deckelungen für Patienten in das Gespräch. Ihr Eigenanteil könnte im zweiten Jahr des Heimaufenthalts um 25 Prozent sinken, im dritten Jahr um 50 Prozent und ab dem vierten Jahr sogar um 75 Prozent.

Es geht aber auch um höhere Gehälter für Pflegekräfte. Demnach sollen nur Pflegedienste und Pflegeheime zugelassen werden, die nach Tarif oder tarifähnlich bezahlen. Doch der Entwurf lässt Ausnahmen zu: „Im Falle des Fehlens anwendbarer Tarifverträge oder soweit diese nicht auf alle Beschäftigten im Pflege- und Betreuungsbereich einer Pflegeeinrichtung anwendbar sind, ist eine ortsübliche Entlohnung zu zahlen.“ Regional ist das Gehaltsniveau teilweise so niedrig, dass für die Pflegekräfte kein Mehrwert zu erwarten ist.

Spahn will sein Modell unter anderem über höhere Beiträge für Kinderlose zur Pflegeversicherung refinanzieren. Derzeit läuft eine Ressortabstimmung. Auch sein Ziel ist, vor der Bundestagswahl eine Lösung zu präsentieren. |

Michael van den Heuvel

Endlich Verantwortung übernehmen

Kommentar von ADEXA-Vorstand Andreas May

Nur knapp jeder zweite Mitarbeiter im Pflegebereich bekommt ein Tarifgehalt. Das allein sind skandalöse Zahlen. Anstatt ressort- und parteiübergreifend an Lösungen zu arbeiten, haben Politiker bereits in den Wahlkampf-Modus geschaltet. Das geht auf Kosten der Pflegekräfte.

ADEXA fordert, gemeinsam Regelungen zu entwickeln, die existenzsichernde Gehälter für alle Pflegekräfte garantieren. Eine andere Möglichkeit wird es kaum geben. Denn das System der Sozialpartnerschaft hat in diesem Bereich offensichtlich versagt. Einigen sich Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände nicht auf Tarifverträge, bleiben nur gesetzliche Wege.

Und mit Blick auch auf die Apotheken gilt mein Rat: Fachkräfte werden im Gesundheitsbereich dringend gesucht – niemand sollte unter Tarif und damit unter Wert arbeiten.

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