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Könnte die Bundesnotbremse das Pharmaziestudium stoppen?

BPhD zu viertem Bevölkerungsschutzgesetz

mp | Seit dem 23. April gilt: Wenn die Sieben-Tage-Inzidenz drei Tage nacheinander den Wert 165 übersteigt, darf zwei Tage später der Unterricht nur noch online stattfinden. Das gilt auch für Hochschulen. Weil im Pharmaziestudium selbst in Kleingruppen unter Hygienemaßnahmen organisierte Laborpraktika platzen könnten, fordert der Bundesverband der Pharmaziestudierenden in Deutschland (BPhD) eine Ausnahmeregelung.

Am 23. April trat das vierte Bevölkerungsschutzgesetz in Kraft. Am prominentesten dürfte der frischge­backene § 28b im Infektionsschutz­gesetz sein, in dem der Gesetzgeber die Regelungen um die neue „Bundesnotbremse“ festlegt. Beträgt in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt die Sieben-Tage-Inzidenz – also die Zahl der Neuinfektionen innerhalb der letzten Woche pro 100.000 Einwohner – drei Tage in Folge mehr als 165, dürfen Schulen und Hochschulen ab dem übernächsten Tag keine Präsenz-Lehre anbieten.

Problemfall Laborpraktika

In diesem Fall könnten Universitäten auch keine Laborpraktika durchführen, doch die Approbationsordnung für Apotheker fordert eben diese. Die Abweichungsverordnung von den Approbationsordnungen ermöglicht zwar, Teilübungen der praktischen Labor­arbeit in digitaler Form umzusetzen. Aber komplett durch digitale Lehre ersetzt werden können die Laborpraktika nach dem Gesetz nicht. Daher veröffentlichte der Bundesverband der Pharmaziestudierenden in Deutschland (BPhD) am gestrigen Montag ein Positionspapier, das eine Lösung des Problems fordert.

Foto: BPhD

„Laborpraktika finden in Kleingruppen statt und werden durch einen größten Teil an online-Alternativen ergänzt, sodass die Präsenzveranstaltungen auf das absolut notwendige Minimum reduziert sind“, so der BPhD. In diesen Kleingruppen würden Abstands- und Hygienemaßnahmen beachtet werden. Daher fordern die Autoren den Gesetzgeber auf, für die praktischen Lehrveranstaltungen Ausnahmen nach § 2 Abs. 2 der Approbationsordnung für Apotheker zu erlassen. Der BPhD argumentiert, dass der Ausbildung der Heilberufe keine Steine in den Weg gelegt werden darf, da sie sonst unmöglich das Gesundheitssystem nachhaltig stützen könnten. |

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1 Kommentar

Positionspapier des BPhD vom 26. April

von Astrid Nickel am 02.05.2021 um 21:04 Uhr

Ist das die Denkweise der zukünftigen Apotheker-innen?! Finden Sie momentan Ihre persönliche praktische Ausbildung wirklich wichtiger, als die Pandemie zu bekämpfen und durch Einschränkung der Kontakte auf das Wesentliche die Infektions- und Todeszahlen zu reduzieren?! Dazu mal ein Rechenbeispiel mit den Zahlen vom 27. - 30. April (Ihre Pressemitteilung ist vom Montag, den 26.04., welchen ich nicht miteinbezogen habe, wegen der bekanntlich geringeren Übermittlungszahl vom Wochenende): Die Zahl der Toten in Deutschland, die an oder mit COVID-19 in den betr. 4 Tagen gestorben sind, beträgt 344 (27.04.21), 312 (28.04.21), 264 (29.04.21) und 306 Tote am 30. April vergangene Woche. Das sind durchschnittlich 306,5 Tote pro Tag oder anders ausgedrückt: alle 5 min. ein Todesfall!
(Quelle: https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Daten/Inzidenzen.html)
Ich hätte von angehenden Apotheker-innen eine weniger selbstbezogene Denkweise, die nicht nur auf das eigene Weiterkommen („Karriere“) bedacht ist, erwartet. Ich hätte von zukünftigen Apotheker-innen erwartet, dass sie auch verantwortungsvoll im Sinne des Allgemeinwohls denken und dass ihnen als zukünftigen Heilberuflern daran gelegen ist, bei der Bekämpfung der Pandemie aktiv durch Kontaktreduktion mitzuhelfen. Sie machen sich in Ihrer Pressemitteilung vom 27.02.21 stark dafür, dass testendes Apothekenpersonal in der Impfpriorisierung aufrücken soll, verlieren aber kein Wort darüber, dass die Praktikumsbetreuer, von denen Sie eine Präsenzausbildung im Labor und damit einhergehend sehr viele Kontakte einfordern, bei der Impfpriorisierung berücksichtigt werden sollte. Sie fordern – trotz eines extra gerade für die derzeit unbedingt notwendige Pandemiebekämpfung erlassenen Gesetzes – die Praktikumsbetreuer zu vermehrten Kontakten auf, damit Sie keine Pause in Ihrer Ausbildung haben. Aber wie könnten die Interessen der Praktikumsbetreuer-innen aussehen? Vielleicht wollen die Praktikumsbetreuer-innen keine Kontakte, die über das absolut Notwendige hinausgehen, weil sie zu Hause alte Eltern haben oder eine-n Partner-in mit Vorerkrankung oder ein chronisch krankes Kind oder weil sie selbst organtransplantiert sein könnten? Eines können Sie sich auf jeden Fall schon mal für die Zukunft merken: Apotheker-innen haben eine gewisse Vorbildfunktion im Gesundheitswesen und die Leute hören sich die Meinungen und Aussagen der Apotheker an und orientieren sich daran. Wenn Sie ein Miteinander vorleben und die Interessen Ihrer Mitmenschen berücksichtigen, dann werden sich auch andere daran ein Beispiel nehmen und Rücksicht aufeinander nehmen. Übrigens sind alle Studenten in finanzieller Hinsicht bei der Unterstützung während der Pandemie berücksichtigt worden, falls Ihre Sorgen finanziell begründet sind:
https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/coronavirus/unterstuetzung-fuer-studenten-1749590 und
https://www.bmbf.de/de/wissenswertes-zur-ueberbrueckungshilfe-fuer-studierende-11509.html
Vielleicht können Sie zur Information und als Hilfestellung für Ihre Kommiliton-innen obenstehende Links auf Ihrer Internetseite veröffentlichen.
Sie sehen laut Ihrer Pressemitteilung die ununterbrochene Ausbildung der Apotheker-innen und der anderen Heilberufe als essenziell an, um eine umfassende und nachhaltige Unterstützung des Gesundheitssystems zu gewährleisten? Wirksame Impfstoffe sind da, ein Ende der Pandemie ist in Sicht, da ist die Dringlichkeit für die Fortsetzung Ihrer Ausbildung bei den o.g. Zahlen nicht so hoch, dass es die vielen Kontakte und Risiken rechtfertigen würde. Oder haben Sie Angst vor einer Lücke im Lebenslauf? Keine Sorge: Ich war unter anderem 3 Jahre lang in der Personalabteilung in der Pharmazeutischen Industrie bei einem Hersteller angegliedert. In erster Linie geht es immer um die Persönlichkeit und die Fachkenntnisse. In Bewerbungsverfahren fallen auch Entscheidungen für Bewerber, die nicht eine lupenreine Ausbildungslaufbahn hatten. Füllen Sie entstehende Lücken im Lebenslauf mit ehrenamtlichem Engagement: das beeindruckt! Helfen Sie z.B. mit beim Botendienst, damit unter Quarantäne stehende Leute, Alte und Kranke noch schneller mit ihren Medikamenten versorgt werden können. Ihnen wird später die Zulassung zur Prüfung nicht verwehrt, wenn Sie pandemiebedingt zur Zeit keine Laborpraktika machen können. In Deutschland gibt es eine Schulpflicht, aber keine Studienpflicht. Die „Verordnung über von den Approbationsordnungen für Ärzte, Zahnärzte und Apotheker abweichende Vorschriften bei Vorliegen einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite 2020“ sieht digitale Lehrformate - wenn geeignet - als Begleitung und Ersatz vor. Aber weder o.g. Verordnung noch die AAppO sehen vor, dass das Studium in der Regelstudienzeit absolviert werden muss. Wir leben nun mal z. Zt. in einer Pandemie und ich wundere mich noch immer darüber, auf welch hohem Niveau sich einige über Einschränkungen beklagen. Krieg, Unwetterkatastrophen und Pandemien gehören zu den absoluten Ausnahmezuständen, in denen alle Betroffenen - zum Wohl aller - auf einiges verzichten müssen. Zum Glück sind wir derzeit weder von Krieg noch von einer Unwetterkatastrophe betroffen, sonst hätten Sie womöglich ganz andere Sorgen als eine kleine Unterbrechung in der praktischen Ausbildung. Gerade wegen der zeitweise geltenden Einschränkungen, die je nach Infektionslage mal mehr oder mal weniger umfangreich sind, geht es uns doch im Vergleich zu anderen Ländern noch relativ gut, was die Behandlungskapazitäten und Bestattungskapazitäten angeht. Mit dem vorübergehenden Verzicht auf Ihr Laborpraktikum tragen Sie zur Senkung des Infektionsrisikos und der Fallzahlen bei, sodass die praktische Ausbildung bald wieder möglich sein wird. Das ist jetzt im Moment eine Herausforderung für Sie, aber denken Sie mal nicht nur an diesen Moment, sondern an die Zukunft, denken Sie auch mal langfristig, über den Tellerrand hinaus und an Ihre Mitmenschen.

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