Arzneimittel und Therapie

Antidepressiva als Co-Analgetika nicht immer sinnvoll

Kein klinischer Benefit bei Rückenschmerzen und Arthrose

Die Gabe von Antidepressiva bei Rücken- oder Arthroseschmerzen hat keine bis marginale Auswirkungen auf die Symptomlinderung. Bei Ischiasbeschwerden ist ein geringer Benefit nicht auszuschließen. So das Fazit einer aktuellen Metaanalyse.
Foto: vectorfusionart/AdobeStock

Antidepressiva werden mitunter als Co-Analgetika zur Behandlung von Rückenschmerzen und Schmerzen aufgrund einer Hüft- oder Kniearthrose eingesetzt, obwohl die Evidenz hierfür unsicher ist. Eine Metaanalyse befasste sich daher genauer mit dieser Thematik. Mithilfe eines systematischen Reviews wurden 33 randomisierte kontrollierte klinische Studien gefunden, in denen Wirksamkeit und Sicherheit einer Therapie mit Antidepressiva versus Placebo bei Patienten mit Rücken- oder Nackenschmerzen, Ischiasneuralgien oder Beschwerden aufgrund einer Hüft- oder Kniearthrose untersucht wurden. Primäre Studienendpunkte waren Schmerzen und körperliche Einschränkungen. Diese wurden anhand eines Scores von 0 (keine Schmerzen, keine Einschränkungen) bis 100 (stärkste Schmerzen, große Behinderung) beurteilt. Sekundäre Endpunkte waren die Therapie­sicherheit sowie Abbruchquoten aufgrund unerwünschter Wirkungen. Insgesamt konnten die Daten von 5318 Patienten ausgewertet werden. Die mediane Dauer der Therapie mit Antidepressiva bzw. Placebo lag bei acht Wochen. In den Studien wurden mehrheitlich Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahme-Hemmer (SNRI, hier hauptsächlich Duloxetin), trizyklische Antidepressiva (hauptsächlich Amitriptylin) oder selektive Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer (SSRI) eingesetzt.

Keine überzeugenden Ergebnisse

Nach der Einnahme von SNRI wurde ein Rückgang der Rückenschmerzen um 5,3 Punkte nach drei bis 13 Wochen verzeichnet. Die Wirksamkeit lag damit unterhalb der Schwelle für klinische Relevanz, und die Autoren stufen das Ergebnis als moderat evident ein. Die Abnahme der Osteoarthritis-bedingten Schmerzen um 9,72 Punkte nach drei bis 13 Wochen wird als gering evident eingestuft. Aufgrund der geringen Teilnehmerzahlen wird die in den Studien gezeigte Besserung einer Ischiasneuralgie (Rückgang um 18,6 Punkte nach zwei Wochen; Rückgang um 17,5 Punkte nach drei bis 13 Wochen) nur als sehr gering evident beschrieben.

Was sagt die deutsche Leitlinie?

Zum Einsatz von Antidepressiva finden sich folgende Statements in der Leitlinie zu nicht-spezifischem Kreuzschmerz:

  • Antidepressiva sollten nicht zur Behandlung nicht-spezifischer Kreuzschmerzen angewendet werden.
  • Antidepressiva können zur Behandlung chronischer nicht-spezifischer Kreuzschmerzen bei Vorliegen einer komorbiden Depression oder Schlafstörung angewendet werden.

Der Einfluss trizyklischer Antidepressiva auf die Besserung von Rückenschmerzen ist ebenfalls wenig ausgeprägt. Er wird je nach Therapiedauer zwischen gering und sehr gering eingestuft. Das gilt auch für die Besserung von Ischiasschmerzen: Ein geringer Benefit ist hier nicht auszuschließen, aber auch nicht bewiesen.

Der Benefit einer Einnahme von SSRI bei Rückenschmerzen wird mit geringer Evidenz eingestuft.

Was unerwünschte Wirkungen anbelangt, so wurden diese vornehmlich unter der Einnahme von SNRI verzeichnet; allerdings waren die Studien nicht darauf ausgelegt, Nebenwirkungen zu erfassen. Insgesamt attestieren die Autoren SNRI einen kleinen, klinisch nicht relevanten Nutzen bei der Behandlung von Rückenschmerzen und Osteoarthritis. SNRI und trizyklische Antidepressiva könnten bei der Therapie von Ischiasschmerzen einen klinischen Benefit aufweisen, die Evidenz hierfür wird allerdings als gering bis sehr gering eingestuft. |

Literatur

Ferreira GE et al. Efficacy and safety of antidepressants for the treatment of back pain and osteoarthritis: sstematic review and meta-analysis. BMJ. 2021 20;372:m4825. doi: 10.1136/bmj.m4825. PMID: 33472813.

Nicht-spezifischer Kreuzschmerz. Nationale Versorgungsleitlinie der Bundesärztekammer (BÄK), Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF), 2. Auflage. Version 1. 2017 AWMF-Register-Nr.: nvl-007

Apothekerin Dr. Petra Jungmayr

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