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Wirtschaft
Kampf gegen die Datenkrake Amazon
Noventi-Chef Hermann Sommer erklärt, was Apotheken von „gesund.de“ erwarten dürfen
Wie viele andere Veranstaltungen fand dieses Jahr auch der vom Bundesverband der Apothekenkooperationen (BVDAK) veranstaltete Kooperationsgipfel digital statt. Am vergangenen Mittwoch war einer der Referenten der Vorstandsvorsitzende der Noventi SE, Hermann Sommer, der, so versprach es der Titel seines Vortrags, die Antwort des deutschen Gesundheitsmarkts auf DocMorris und Amazon vorstellen wollte. Allerdings musste sich Sommer schon gleich bei der Ankündigung die Frage gefallen lassen, ob es sich wieder nur um eine Ankündigung handele oder ob es diesmal etwas zu zeigen gebe. Schließlich ist Noventi einer der Partner beim Bündnis Pro AvO, und dessen seit Langem und mit großen Versprechungen angekündigte Plattform scheint bislang über einen Namen nicht hinausgekommen zu sein.
Bei der neuen Plattform „gesund.de“, die Noventi nicht mit den restlichen Pro-AvO-Partnern – Wort & Bild, Sanacorp, Gehe und Rowa – ins Leben gerufen hat, sondern mit Phoenix, soll es laut Sommer aber tatsächlich etwas zu zeigen geben – zumindest in absehbarer Zeit. Man wolle im zweiten Quartal pünktlich vor der Einführung des E-Rezepts, die zum 1. Juli geplant ist, starten und dementsprechend die Teilnehmer angebunden haben, so Sommer.
Wie Amazon sich anpirscht
Doch bevor er auf die Besonderheiten ebendieser Plattform einging und was sie von allen anderen bisherigen Ansätzen unterscheiden soll, erklärte er, warum es in seinen Augen so einer Plattform bedarf. Amazon stelle nämlich angesichts des Potenzials des deutschen Gesundheitsmarkts eine große Bedrohung dar. Die Apotheken vor Ort, die einen „großartigen Job“ machten, müssten fit gemacht werden für die Digitalisierung. Viel Zeit sei dafür nicht. Man stecke schon mitten drin in der disruptiven Veränderung. Nach Sommers Ansicht ist es nur eine Frage der Zeit, bis Amazon sich bei Shop Apotheke oder DocMorris einkauft, denn so sei man schneller im Markt. Dabei gehe es Amazon nicht nur um Gewinne, sondern vor allem um Daten, so Sommer weiter. Er bezeichnete den Konzern als „Datenkrake, die sich in die DNA der Verbraucher einnistet“. Das E-Rezept wird diesen Trend noch beschleunigen, davon ist Sommer überzeugt.
Die Antwort darauf muss seiner Ansicht nach aus dem deutschen Gesundheitswesen kommen, denn die Gesundheitsdaten der Bürger dürften nicht in falsche Hände gelangen. Die Noventi für ihren Teil verfüge über Daten von 60 Millionen Versicherten und beweise, dass man sorgsam damit umgehe.
Die Domain kommt vom Wort & Bild-Verlag
Und aus der Überzeugung, dass die Antwort aus Deutschland kommen muss, sei man dann Partnerschaften eingegangen mit Pro AvO und zuletzt Phoenix. Phoenix sei nämlich auch im Arztbereich tätig und bilde so die ganze Wertschöpfungskette im Gesundheitswesen ab. Das wolle man mit gesund.de auch. Das Ziel ist laut Sommer: ein vertrauenswürdiger Marktplatz unter Beachtung des Datenschutzes. Letzterer sei eine hohe Einstiegshürde. Das Ziel, das sich Noventi und Phoenix gesteckt haben, ist alles andere als bescheiden: „Gesund.de“ soll DIE Gesundheitsplattform in Deutschland werden. Die Domain hat übrigens Pro-AvO-Partner Wort & Bild beigesteuert. Inwiefern sich die Pro-AvO-Beteiligten sonst noch einbringen, ließ Sommer aber offen.
Anders als die von Pro AvO angekündigte Plattform soll gesund.de nun nicht nur Apotheken, sondern erstmalig alle Akteure im Gesundheitswesen vernetzen. Neu ist dabei laut Sommer, dass man vom Verbraucher aus denke und sich an dessen Bedürfnissen orientiere. Der solle ein Gesundheitskonto bekommen, könne eine Gesundheitsakte führen und alles von der Terminvereinbarung beim Arzt bis über die Rezepteinlösung über gesund.de abwickeln, erläutert Sommer. „Wir begleiten den Verbraucher durchs Leben“, so der Noventi-Chef.
Auf die Frage, ob es Mindestanforderungen an die teilnehmenden Apotheken wie bei anderen Plattformen gebe, bei deren Nichterfüllung man rausgeworfen wird, antwortete Sommer: „Als nicht börsennotierter Konzern gehen wir nicht so brachial mit den Leistungserbringern um wie Amazon. Wir verfolgen eher einen apothekereigenen Ansatz.“ Man wolle gemeinsam mit den Partnern diese Kriterien definieren, so Sommer. |
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